Der Waadtländer Nationalrat Olivier Feller und sein Neuenburger Ratskollege Damien Cottier steigen ins Rennen um den Vorsitz der FDP-Bundeshausfraktion. Somit ist schon vor dem Wahltag am 18. Februar klar, dass ein Romand die Nachfolge von Beat Walti (ZH) antreten wird.
Die Anmeldefrist für die Kandidatur für das Präsidium der FDP-Bundeshausfraktion ist um Mitternacht abgelaufen. Seit Anfang Jahr hat sich weder eine weibliche noch eine Deutschschweizer Kandidatur für den Posten ergeben.
Lange Zeit waren der St. Galler Nationalrätin Susanne Vincenz-Stauffacher Ambitionen auf die FDP-Fraktionsführung nachgesagt worden. Sie entschied sich schliesslich gegen die Kandidatur, wie sie am Dienstag in den CH-Media-Zeitungen bekanntgab. Sie anerkenne den Westschweizer Anspruch auf das Amt, zudem wolle sie Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz bleiben, begründete Vincenz-Stauffacher ihren Entscheid.
Weil auch weitere Deutschschweizer FDP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier auf eine Kandidatur verzichteten, kommt es am 18. Februar zu einer Kampfwahl zwischen zwei Romands. In einer Sitzung der welschen FDP-Parlamentsmitglieder erhielten Feller und Cottier fast gleich viele Stimmen.
Verschiedene Kommentatoren sehen derweil Feller in der Favoritenrolle. Er war der Erste, der sein Interesse öffentlich bekanntmachte. Laut Politbeobachtern hebt sich der Sohn von Deutschschweizer Eltern insbesondere wegen seiner perfekten Zweisprachigkeit hervor. Auch politisiert der Jurist länger in Bundesbern als Cottier. Feller sitzt seit 2011 im Nationalrat und ist seit 2019 Vize-Fraktionspräsident.
Er kenne deshalb die Arbeit des Fraktionsvorsitzenden, sagte der 47-jährige in einem im Dezember veröffentlichten Interview mit den Zeitungen «24 heures» und «La Tribune de Genève». Das Amt interessiere ihn. Motivierend sei für ihn, einen inneren Zusammenhalt der Fraktion zu erreichen. In den vergangenen Jahren hatte die FDP stets die Vizechefs auf den Chefposten befördert. So verfuhr die Fraktion mit Gabi Huber, Ignazio Cassis und auch dem abtretenden Beat Walti.
Feller machte sich in den vergangenen Jahren vor allem als Finanzpolitiker einen Namen. Er ist aktuell Mitglied der Wirtschaftskommission; bis Ende November präsidierte er die Finanzkommission. Feller gilt als eingemitteter FDP-Politiker.
Dass Cottier gegenüber Feller im Nachteil ist, liegt laut den Kommentatoren vor allem daran, dass er erst seit 2019 im Nationalrat sitzt. Der 46-Jährige Neuenburger präsentiert aktuell die parlamentarische Delegation im Europarat und sitzt zudem in der Staatspolitischen Kommission.
Vor seiner Zeit im Nationalrat war Cottier ab 2009 Sprecher der FDP Schweiz und ab 2009 Berater des vormaligen FDP-Bundesrats Didier Burkhalter. Er kennt deshalb Partei und Betrieb ebenfalls seit längerem. Cottier politisiert wie der ehemalige Bundesrat eher am linken Flügel der Freisinnigen.
In einem im Januar veröffentlichten Interview mit der Zeitung «Le Temps» gab sich Cottier selbstbewusst. «Ich präsidierte schon die FDP-Fraktion im Neuenburger Kantonsparlament. Als Fraktionspräsident ist man ein Orchesterdirigent, der Solisten einen Platz geben, aber auch dafür sorgen muss, dass alles harmonisch klingt», sagte er.
Walti hatte sein Amt als FDP-Fraktionschef nach viereinhalb Jahren auf März zur Verfügung gestellt. Nach etwas mehr als einer Legislatur und knapp zwei Jahre vor den Wahlen sei der richtige Zeitpunkt dafür gekommen, so Walti.
Der 53-Jährige will sich künftig wieder vermehrt auf die Rats- und Kommissionsarbeit sowie auf seine beruflichen Tätigkeiten konzentrieren.
Nach dem Abgang von Petra Gössi an der Parteispitze müssen die Freisinnigen innert kurzer Zeit eine zweite Schlüsselposition neu besetzen. Der Aargauer Ständerat Thierry Burkart hatte das Parteipräsidium Anfang Oktober übernommen. (aeg/sda)