Der Bundesrat plant die Covid-Zertifikatspflicht XXL. Wer ins Restaurant, Kino, Fitnesscenter oder ins Schwimmbad will, soll am Eingang eines der drei «G»'s (Genesen, Getestet, Geimpft) vorweisen müssen.
Man wolle mit allen Mitteln verhindern, dass das Gesundheitssystem an seine Grenzen kommt, so Gesundheitsminister Alain Berset an der Medienkonferenz vom Mittwoch. Ob die Zertifikatspflicht tatsächlich kommt, wird sich zeigen. Dennoch herrscht Unruhe in den verschiedenen Branchen.
«Eine Zertifikatspflicht wäre für viele Fitnesszentren existenzbedrohend», so Claude Ammann, Präsident des Schweizerischen Fitness- und Gesundheits-Center Verbandes (SFGV). Ammann befürchtet, dass viele Kundinnen und Kunden wegen der Zertifikatspflicht nicht mehr zum Training erscheinen würden. «Was soll ich tun, wenn dieser Teil der Kundschaft dann ihr Geld zurückverlangt?»
Auch der Zeitpunkt einer allfälligen Ausweitung der Zertifikatspflicht sei heikel: «Herbst und Winter ist die wichtigste Umsatzzeit für Fitnesszentren.» Der Branchenvertreter hält andere Schutzmassnahmen für zielführender, um Ansteckungen zu verhindern. «Wir haben beispielsweise seit Monaten Luftsensoren installiert, die die Sauerstoff-Qualität messen.»
Ebenfalls nicht hell begeistert von einer Zertifikatspflicht ist Bruno Della Torre. In Kerns im Kanton Obwalden führt er das Restaurant Rose. Die Impfquote im Kanton ist eine der Tiefsten: Erst 42,5 Prozent der Obwaldnerinnen und Obwaldner entschieden sich für den Pieks.
«Müssen wir das Covid-Zertifikat überprüfen, reisst es uns mehr als 50 Prozent der Gäste weg», befürchtet Della Torre. Bei grösseren Anlässen wie Banketten sei eine Überprüfung sinnvoller. «Für ein Bier oder einen Kaffee ist der Aufwand aber zu gross». Trotz der Kritik: Della Torre zieht eine Ausweitung der Zertifikatspflicht einer erneuten Schliessung vor. Er möchte aber vor allem eins: «Kochen und ein guter Gastgeber sein. Und nicht Polizist spielen müssen.»
Ähnlich klingt es auch aus dem Kanton Zürich: «Das Zertifikat würde für uns einen weiteren Zusatzaufwand bedeuten, nebst den Schutzkonzepten, die wir ohnehin bereits umsetzten», sagt Gastrounternehmer Rudi Bindella Junior. Er betreibt 44 Restaurants mit 1300 Angestellten.
Sorgen macht sich Bindella vor allem bei der jüngeren Kundschaft. Der ältere Teil der Bevölkerung sei bereits grösstenteils geimpft. Deshalb mache man sich bei den gehobenerem Konzepten, wie etwa im Bianchi oder im Ristorante Bindella weniger Sorgen um die Gästefrequenz. «Anders bei den jüngeren Konzepten wie Trattoria Sempre, Più oder Bank. Dort könnte die Zertifikatspflicht merkliche Umsatzeinbussen zur Folge haben», befürchtet der Gastronom.
Man sei nach wie vor der Meinung, dass die Krise nicht auf dem Rücken der Gastronomie ausgetragen werden dürfe, so Bindella weiter. «Wenn eine Zertifikatspflicht kommt, dann müsste man sie konsequenterweise auch für Bereiche wie beispielsweise im ÖV diskutieren.»
Beim Branchenverband HotellerieSuisse spricht man sich verhalten für eine Ausweitung der Zertifikatspflicht aus. Man könne den Schritt nachvollziehen, da Schliessungen um jeden Preis verhindert werden sollen, teilt der Verband in einer Medienmitteilung mit. «Die Ausdehnung muss aber unter allen Umständen befristet sein und nur eingeführt werden, wenn es absolut notwendig ist», heisst es im Schreiben weiter.