Schweiz
Gesundheit

Krankenkassen: Ruth Dreifuss ist enttäuscht über Entwicklung des KVG

Alt Bundesrätin Dreifuss ist über «Bastelarbeit» am KVG enttäuscht

03.09.2023, 07:32
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Alt Bundesrätin Ruth Dreifuss ist enttäuscht über die Entwicklung des KVG, das sie 1994 eingeführt hat (Archivbild).Bild: keystone

Die ehemalige SP-Bundesrätin Ruth Dreifuss hat sich über die Entwicklung des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG) enttäuscht gezeigt. «Seit 30 Jahren wird daran gebastelt», sagte sie der Westschweizer Zeitung «Le Matin Dimanche».

Das Bundesgesetz, welches sie 1994 als Innenministerin eingeführt hatte, beschrieb sie metaphorisch als Flugzeug. «Es gibt keinen Piloten im Flugzug. Oder besser gesagt, es gibt zu viele, und alle ziehen in verschiedene Richtungen», sagte sie im am Sonntag publizierten Interview. Das Flugzeug werde zwar nicht abstürzen. Die Passagiere würden aber durchgeschüttelt.

Von Beginn an sei es klar gewesen, dass das Gesetz Anpassungen benötige, sagte Dreifuss. Zu Revisionen sei es aber nie gekommen.

Die ehemalige Bundesrätin verwies auf ein weiteres gebrochenes Versprechen: Die finanziellen Beiträge sollten sich nach der Entwicklung der Gesundheitskosten richten und die Kosten unter Bund und Kantonen aufgeteilt werden. «Der Bund hält sein Versprechen, aber viele Kantone haben sich nicht daran gehalten», sagte Dreifuss.

Das zeigte auch eine jüngste Auswertung. 21 Kantone hätten Versicherten 2022 mehr Mittel zur Verfügung stellen können, wie Tamedia letzten Dienstag anhand einer Analyse des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes schrieb.

«Durchaus sinnvolle Vorschläge»

Trotz der Kritik zeigte sich Dreifuss optimistisch. Die Krise der KVG könne auch eine Chance darstellen, sagte sie. Schliesslich sei das System 1994 ebenfalls in einer Zeit grosser Schwierigkeiten eingeführt worden.

«Ich bin keineswegs verzweifelt: Einige der Vorschläge, die jetzt gemacht werden, sind durchaus sinnvoll», sagte sie. Eine öffentliche Krankenkasse, wie sie die SP anstrebt, kann ihrer Meinung nach eine bessere Betreuung der Menschen und mehr Solidarität bringen – wenn sie alle einbezieht.

Die Anmerkung der SVP-Politikerin Natalie Rickli, das Versicherungsobligatorium abzuschaffen, lehnte die Sozialdemokratin hingegen ab. Er sei unter anderem ein Angriff auf das Solidaritätsprinzip. «Man muss sich daran erinnern, dass es vor dem KVG keine Solidarität zwischen Kranken und Gesunden oder zwischen Jung und Alt gab», sagte sie. (sda)

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71 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Fairness
03.09.2023 07:58registriert Dezember 2018
Kein Föderalismus und einheitliche Prämien sowie Prämienverbilligung schweizweit. Schwere Fälle kommen sowieso in die grossen Spitäler. Wieso sollen da im Appenzell oder wo auch immer tiefe Prämien bezahlt werden? Der Kantönligeist ist in unserer schnelllebgen Zeit sowieso überholt. Vier, fünf Regionen wären mehr als genug und die Demokratie könnte besser überleben. Reformbedarf gibt es leider nicht nur im Gesundheitswesen. Die Steuerungerechtigkeit ist langsam auch unerträglich, das Ständeratsmehr hat mit Demokratie nichts zu tun, die Bildung gehört vereinheitlicht und noch so vieles mehr.
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Rethinking
03.09.2023 08:10registriert Oktober 2018
Der Witz ist ja, dass wir Jahr für Jahr hohe und noch höhere KK Beiträge abdrücken…

Selbst wenn dann irgendwann mal endlich was besseres eingeführt wird, hat jeder von uns schon Zehntausende in das alte System verlocht…

Die kommen nicht mehr zurück…
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Hardy18
03.09.2023 10:19registriert Oktober 2015
Das Flugzeug werde zwar nicht abstürzen. Die Passagiere würden aber durchgeschüttelt.

Was vergessen gegangen ist, die Flugbegleiter kommen jährlich mit ihrem Verpflegungswagen vorbei und geben jedem eine Ohrfeige, statt nen Kaffee.
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