Er war noch minderjährig: Erst 17 Jahre alt war der Lehrling, der am Montag bei einem Arbeitsunfall in Laax verstarb. Gemeinsam mit einem Arbeitskollegen war er auf einer Stütze der Luftseilbahn Laax – Crap Sogn Gion mit Unterhaltsarbeiten beschäftigt.
Dabei wurde er um 14.30 Uhr vom Laufwerk der bergwärts fahrenden Kabine erfasst und von der Arbeitsplattform gerissen, wie die Kantonspolizei Graubünden mitteilt. Nach einem Aufprall auf die Kabine stürzte er rund vierzig Meter ab. Einsatzkräfte konnten nur noch den Tod des Verunfallten feststellen.
«Wir sind unsagbar traurig und tief betroffen über den Tod unseres Lernenden», schreibt die Medienstelle der Weissen Arena Laax auf Anfrage von watson.
Der Vorfall ist schweizweit nicht der einzige dieser Art in den vergangenen Jahren. Laut der Schweizerischen Sicherheitsuntersuchungsstelle (SUST) gab es seit 2015 insgesamt 15 Untersuchungen von Unfällen im Zusammenhang mit Seilbahnen. «Das waren aber nicht nur Arbeitsunfälle, sondern auch technische Fälle», wie die SUST auf Anfrage mitteilt. Dass Seilbahn-Mitarbeiter von einer fahrenden Kabine erfasst wurden, gab es seit 2005 insgesamt sieben Mal.
Ob die Arbeiter dabei immer richtig gesichert waren, ist nicht klar. «Der persönliche Schutz ist ein eiserner Grundsatz, von dem nicht abgewichen werden darf», sagte Reto Canale, der ehemalige Direktor der Sicherheitsaufsicht für kantonal bewilligte Seilbahnen, zum Tagesanzeiger.
Canale habe selbst oft erlebt, dass das Seilbahnpersonal vorübergehend auf die Sicherung verzichtete. Zum Vorfall in Laax sagt er der Zeitung: «Ich kenne den genauen Hergang nicht. Theoretisch wäre es auch möglich, dass der junge Mann gesichert war. Aber ich halte das für unwahrscheinlich.»
Kritisch betrachtet den Unfall auch ein ehemaliger Mitarbeiter des Bahnunternehmens, der zum Blick sagte: «Ich habe immer wieder meine Sicherheitsbedenken geäussert, wurde aber nicht ernst genommen!» Aus seiner Sicht hätten bei den Arbeiten ausgebildete Fachpersonen dabei sein müssen. «Zwei Lehrlinge allein auf die Stütze zu schicken, ist grobfahrlässig», schildert er der Zeitung. Laut «Blick» hat die Staatsanwaltschaft nun ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung eröffnet. Dieses richtet sich gegen zwei Mitarbeiter der Weisse Arena Gruppe.
Die Unfälle auf den Schweizer Bergbahnen sind in den letzten Jahren angestiegen. 2017 gab es fünf Unfälle, 2021 waren es sogar elf, wie das Bundesamt für Verkehr im aktuellsten Sicherheitsbericht festhält.
Im vergangenen Jahr verstarben zwei Personen bei Seilbahnunfällen. In einen war ein Seilbahnmitarbeiter involviert. Er verunfallte im August 2021 im Kanton Wallis tödlich.
Zwei Monate zuvor, im Juni, stürzte in Pontresina ein Seilbahnmitarbeiter bei einem ähnlichen Unfall 50 Meter in die Tiefe. Dabei wurde er schwer verletzt. Der Mann überlebte den Sturz nur dank einer zwei Meter hohen Schneedecke.
So viel Glück haben nicht alle, wie die Tragödien in Laax und im Wallis zeigen. Aber auch nicht so viel Pech, wie man aus der Branche vernimmt. Die meisten hätten noch nie eine brenzlige Situation erlebt.
Man werde darauf vorbereitet, speziell in der vierjährigen Lehre. Aber auch Suva-Schulungen gehören zum Pflichtprogramm. Den grössten Teil des Arbeitsalltages verbringen Seilbahn-Mechatroniker mit Kontrollen. Täglich, wöchentlich und monatlich sind gewisse Dinge zu überprüfen, wie die Stützen, Bremsen oder Seile.
Seit 2017 haben im Ausbildungszentrum in Meiringen, der einzigen Berufsschule für Seilbahn-Mechatroniker im Land, 150 Lernende ihre Lehre abgeschlossen. «Das Thema Sicherheit hat im Unterricht oberste Priorität», schreibt der Verband Seilbahnen Schweiz auf Anfrage von watson. Bereits in den ersten drei Wochen nach Lehrbeginn würden Auszubildende instruiert, gefährliche Situationen zu erkennen.
«Im Verlauf der Ausbildung wird das Thema Sicherheit immer wieder behandelt», so Seilbahnen Schweiz. Die Jugendlichen würden neben der Theorie auch in die Praxis eingeführt und entsprechende Situationen würden geübt. «Der Beruf Seilbahn-Mechatroniker ist nicht gefährlicher als die Arbeit in anderen handwerklichen Jobs, bei denen im Freien und in der Höhe gearbeitet wird», betont der Verband.
Doch die Lehre sei nicht für alle die beste Wahl. Wer sich für die Ausbildung entscheide, müsse schwindelfrei sein, einen Sinn für praktische Arbeiten und ein technisches Verständnis haben. (mak)