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Lawinengefahr: So gefährlich sind Lawinen in der Schweiz

An avalanche is rumbling down a steep mountain slope
Lawinen können eine Geschwindigkeit von 300 km/h erreichen. Bild: Shutterstock

So viele Lawinenunfälle gibt es in der Schweiz – und 4 weitere Fakten zum Weissen Tod

In der kalten Jahreszeit sorgen Lawinenunfälle jedes Jahr für Schlagzeilen. Denn im Bergparadies der Schweiz kommt es immer wieder zu solch wuchtigen Naturgewalten. Hier bekommst du einen Überblick, wie gefährlich Lawinen wirklich sind.
03.03.2024, 10:3003.03.2024, 10:30
Julia Neukomm
Julia Neukomm
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Beim Skifahren oder Snowboarden sagen Eltern ihren Kindern häufig: «Geht ja nicht weg von der Piste. Sonst kommt ihr noch unter eine Lawine!» Ihre Angst ist nicht unberechtigt, denn jedes Jahr werden in der Schweiz Menschen von Lawinen erfasst. Nicht selten enden solche Unfälle tödlich.

Wie Lawinen entstehen und was für Sicherheitsmassnahmen es gibt – eine Übersicht zur Lawinensituation der Schweiz.

Schon gewusst?
Das Wort «Lawine» kommt vom lateinischen Wort «labina» und bedeutet Rutschen oder Gleiten. Im Berner Dialekt gibt es auch das Wort «Louänä» für Lawine. Der Ortsname Lauenen kommt übrigens auch von da. Die Ortschaft ist südlich von Gstaad für ihre Lawinengefahr bekannt.

Lawinenarten

Nicht jede Lawinenart ist gleich gefährlich und nicht jede Lawine entsteht aus demselben Grund. Einflussfaktoren wie Regen, Sonne und Trockenheit spielen dabei eine wichtige Rolle. Folgendes passiert jedoch bei jeder Lawine: Der Schnee wird an einem Hang so schwer, dass er nicht mehr am Boden oder an der unteren Schneeschicht haftet, abrutscht und in die Tiefe stürzt. Hier sind die wichtigsten Lawinenarten dargestellt:

Die Lawinengefahr in der Schweiz

Das Institut für Schnee- und Lawinenforschung in Davos veröffentlicht zweimal täglich (8 und 17 Uhr), wie es um die Lawinensituation in der Schweiz steht. Die aktuelle Lawinengefahr (Stand 03.03.23) siehst du hier:

Quelle: slf
Quelle: slf

Bevor du auf eine Skitour gehst, solltest du dich vorher über die momentane Lage informieren. Die Lawinengefahr wird mit fünf Gefahrenstufen eingeschätzt: geringe Gefahr, mässige Gefahr, erhebliche Gefahr, grosse Gefahr und sehr grosse Gefahr. 50 Prozent aller Lawinentodesopfer sind bei Gefahrenstufe 3 ums Leben gekommen, 30 Prozent sind es bei Gefahrenstufe 2. Das liegt daran, dass bei Gefahrenstufe 1 die Gefahr wirklich sehr klein ist und bei Gefahrenstufe 4 und 5 kaum Schneesportler unterwegs sind.

Quelle: whiterisk.ch
Quelle: whiterisk.ch

Die Gefahrenstufen dienen als Anhaltspunkte. Da sich die Situation im Verlaufe des Tages ändern kann, ist auch in einer niedrigen Gefahrenstufe Vorsicht wichtig.

Lawinenunfälle

Lawinen fordern in der Schweiz jährlich mehrere Tote. Auch in dieser Saison gab es seit Oktober 2023 bereits 76 Lawinenunfälle (Stand 26.02.2024). Dabei wurden 102 Personen von einer Lawine erfasst und fünf Personen sind aufgrund einer Lawine ums Leben gekommen. In den letzten 20 Jahren wurden in der Schweiz 3000 Lawinenunfälle registriert.

Die meisten Lawinenunfälle geschehen jedoch meist erst Ende Februar und im März, da besonders die gefährliche Fliesslawine (oder Frühlingslawine) in dieser Zeit häufig ist. Durch die wieder wärmere Jahreszeit schmilzt der Schnee langsam und die oberste Schneeschicht besteht dann aus nassem, schwerem Schnee. Da diese Schicht nur schlechten Halt auf dem darunter liegenden weichen Schnee findet, besteht hohe Lawinengefahr und es kann zu einer Frühlingslawine kommen.

Bei den Lawinenopfern handelt es sich am häufigsten um Skitourenfahrer. Seit 2004 sind in der Schweiz rund 2825 Tourengänger von einer Lawine erfasst worden und davon sind 290 Menschen gestorben. Bei den Variantenfahrern (Snowboarder und Skifahrer, die abseits der Skipiste unterwegs sind) sind im selben Zeitraum 1223 Personen von einer Lawine erfasst worden und 122 Menschen sind dabei ums Leben gekommen. Am seltensten verunglücken Personen auf Verkehrswegen (158 Lawinenunfälle, davon 7 Tote) oder in Gebäuden (5 Lawinenunfälle, 0 Tote).

Da in den Kantonen Wallis und Graubünden am meisten Menschen in die Berge gehen, passieren dort auch am häufigsten Lawinenunfälle. In den beiden Kantonen sind seit 2004 rund drei Viertel aller Lawinentoten verunglückt.

In 90 Prozent der Fälle, lösen die Lawinenopfer die Lawine selbst aus. Die meisten Unfälle passieren in kleinen Gruppen und ohne Bergführer oder Tourenleiter. Zudem nehmen die Lawinenunfälle ab 1500 Meter deutlich zu. Die meisten schweren Unfälle passieren ab einer Höhe von 2000 Meter.

Bessere Überlebenschancen

Die Lawinenunfälle stiegen in den letzten Jahren, obwohl es immer mehr Skitourenfahrer und allgemein Menschen in den Bergen gibt, nicht an. Das liegt unter anderem an der besseren Ausrüstung und an der guten Ausbildung der Wintersportler und Rettungskräfte.

Auch die Überlebenschancen sind heutzutage besser als früher. Rund 60 Prozent überleben heute eine komplette Verschüttung. Am häufigsten sterben die Verunglückten an einer Erstickung. Rettungskräfte müssen deshalb schnell handeln, denn bereits nach 15 Minuten unter dem Schnee sind die Überlebenschancen nicht mehr hoch. Doch auch Menschen, die über 30 Minuten unter dem Schnee lagen, haben schon in einer Lawine überlebt.

Das solltest du in den Bergen dabeihaben

Eine gute Ausrüstung kann zwar keine Lawine verhindern, jedoch kann sie die Überlebenschancen im Extremfall deutlich erhöhen. Zur Standard-Lawinenausrüstung gehören ein LVS-Gerät (Lawinen-Verschütteten-Suchgerät), eine Schaufel (nicht aus Plastik) und eine Lawinensonde (mind. 2,40 m lang).

quelle: whiterisk.ch
quelle: whiterisk.chBild: watson

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