Schweiz
Medizin

Long Covid: Darum scheiterte eine Schweizer Studie mit Patienten

Schweizer Studie über Long Covid gescheitert – das sind die Gründe

Unerwarteter Abbruch der Basler Studie um Neurologe Dominique de Quervain: Das Medikament Fampridin konnte nicht an genügend Long-Covid-Patienten getestet werden.
03.10.2024, 12:4804.10.2024, 06:51
Sabine Kuster / ch media
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Long-Covid-Patienten weltweit warten verzweifelt auf Medikamente, die nicht nur ihre Symptome lindern, sondern die Krankheit hoffentlich bald ganz heilen. Vier hoffnungsvolle Medikamentenstudien laufen in der Schweiz.

Doch bisher gibt es keine guten Nachrichten: Im Juli meldete die Genfer Firme GeNeuro, dass ihr getestetes Medikament Temelimab bei 200 Patienten gegenüber der Placebogruppe keine Verbesserung bei der Fatigue hatte – also jenem häufigen Long-Covid-Symptom, das die Betroffenen teilweise oder ganz arbeitsunfähig macht.

Frau liegt krank im Bett.
Enttäuschendes Studienresultat: Noch keine medikamentöse Heilung in Sicht.Bild: shutterstock.com

Das Medikament neutralisiert Überreste von Retroviren, von denen vermutet wurde, dass sie Autoimmunprozesse anstossen und das Nervensystem schädigen können.

Eine andere Piste verfolgten die Forscher der Universität Basel um den Neurologen Dominique de Quervain: Sie wollten das Medikament Fampridin bei Long-Covid-Patienten testen. Fampridin blockiert den Kaliumkanal und verstärkt so neurologische Funktionen bei Patienten mit Multipler Sklerose.

Im Juli noch sagte de Quervain, die Zwischenergebnisse der Studie würden demnächst erwartet. Doch auf erneute Anfrage schreibt der Neurologe nun: «Leider mussten wir die Studie aufgrund von Rekrutierungsschwierigkeiten abbrechen.»

Der Aufwand war für viele Long-Covid-Patientinnen und -Patienten zu gross: Um teilnehmen zu können, mussten die Personen fünf mal nach Basel reisen und an ausführlichen kognitiven Tests mitmachen. «Das stellte für viele Patientinnen und Patienten, die oft unter starker Erschöpfung leiden, einen zu grossen Aufwand dar», sagt de Quervain.

Schlussendlich haben statt der 44 geplanten Versuchspersonen nur sieben die Studie durchlaufen. Daraus liessen sich leider keine belastbaren Aussagen zur Wirksamkeit von Fampridin treffen, so de Quervain.

Zwei weitere Resultate bis Ende Jahr erwartet

Nun liegt die Hoffnung umso mehr auf den zwei verbleibenden Schweizer Medikamentenstudien: Das Medikament BC 007 soll funktionelle Antikörper neutralisieren und die Patienten so heilen.

Für die Studie der Firma Berlin Cures konnten in verschiedenen europäischen Ländern genügend Teilnehmende gefunden werden, insgesamt sind es über hundert. Ein Drittel erhielt ein Placebo, zwei Drittel, 76 Personen, haben das Medikament erhalten, aufgeteilt in zwei unterschiedliche Dosierungen.

Teilnehmen konnten zuerst nur Patientinnen und Patienten, deren Infektion nicht mehr als zwölf Monate zurücklag, da dann die Wirkungschancen als besser eingeschätzt wurden. Dieses Kriterium wurde später fallen gelassen, um genügend Teilnehmende zu finden: Denn auch bei dieser Studie waren vier Spitalbesuche mit verschiedenen Tests nötig. Die Resultate werden bis Ende Jahr erwartet.

Ebenfalls bis dann sollte klar sein, ob hoch dosiertes Pycnogenol die Beschwerden von Long Covid zumindest lindert. Das ist ein Pflanzenextrakt der französischen Meereskiefer und kann in niedriger Dosierung rezeptfrei bei Venenleiden und der Behandlung von Krampfadern gekauft werden. Die Studie führt die Universität Zürich durch.

(aargauerzeitung.ch)

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61 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Linus Luchs
03.10.2024 13:06registriert Juli 2014
Sehr schade, dass die Basler Studie abgebrochen werden musste. Ich frage mich, ob es nicht möglich gewesen wäre, 44 Patient*innen je 5 Mal zuhause zu besuchen, um die kognitiven Tests durchzuführen. 220 Besuche durch junge Forscher*innen, die sich an der Studie beteiligen, das hätte vielleicht 110'000 Franken gekostet, wenn man 500 Franken pro Besuch rechnet. Mir scheint, bei einer Studie von dieser Wichtigkeit sollte dieser Betrag durch Sponsoren oder vom Nationalfonds gestemmt werden können. Für die Long-Covid-Betroffenen ist der Studienabbruch ein herber Schlag.
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Bücherwurm92
03.10.2024 14:58registriert Juni 2022
Man hätte den Betroffenen ja auch eine Fahrt mit dem roten Kreuz oder sonst was organisieren können. Es ist doch furchtbar, dass von 44 Leuten nur 7 in der Lage waren, den Studienort aufzusuchen und zeigt einmal mehr, wie dramatisch die Situation der Erkrankten ist!
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Unicron
03.10.2024 14:44registriert November 2016
Sehr schade. Ich kenne selber jemanden der an Long Covid erkrankt ist. Eine junge Frau welche vorher gerne gereist ist und sportlich war, heute ist sie arbeitsunfähig und geht am Rollator.
Eine Erkrankung ist absolut lebensverändernd, und da man es den Leuten von aussen leider nicht ansieht, trifft man auf nicht sehr viel Verständnis. Auch die Krankenkassen tun sich im Umgang damit sehr schwer.
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