Im Unternehmen Calçada, einer Zulieferfirma der Uhrenindustrie in Le Locle NE, sind am Donnerstag vier Menschen Opfer einer Geiselnahme geworden. Die zwei mutmasslichen Täter wurden nach ihrer Flucht in Pontarlier (F) festgenommen. Beute konnten die Ganoven nicht mitgehen lassen.
Die beiden Verdächtigen flüchteten in einem gestohlenen Auto ins benachbarte Frankreich. Sie wurden von der französischen Polizei, die von den Schweizer Behörden nach der Tat benachrichtigt worden war, entdeckt und verfolgt.
Die «kurze» Verfolgungsjagd endete in einer Sackgasse in der grenznahen Stadt Pontarlier, rund 40 Kilometer vom Tatort entfernt. Die Ganoven rasten daraufhin auf das Fahrzeug der Polizisten zu, die «mehrere Dutzend Mal» das Feuer eröffneten, ohne jemanden zu verletzen, wie die Polizei der französischen Nachrichtenagentur AFP bestätigte. Die Täter hätten eine Waffe «zur Schau gestellt», aber nicht geschossen.
Die Neuenburger Polizei schilderte den Tathergang in einer Mitteilung vom Freitag so: Um 17.30 Uhr wird ein Angestellter der Firma zusammen mit seiner Lebensgefährtin in seinem Haus in La Chaux-de-Fonds NE von zwei mit einer Pistole bewaffneten Personen als Geisel genommen.
Das Paar wird unter Drohungen gezwungen, sich zu der Fabrik im knapp zehn Kilometer entfernten Le Locle zu begeben. Vor Ort werden zwei Angestellte, die soeben ihre Arbeit beenden wollen, ebenfalls als Geiseln genommen.
Die Täter lassen sich mehrere Tresore des Unternehmens öffnen, in denen sich Edelmetalle befanden. Ein stiller Alarm erreicht die Neuenburger Polizei, die eine gross angelegte Operation auslöst.
Die Ankunft eines Sicherheitsbeamten löst eine überstürzte Flucht aus – wahrscheinlich wurde er von externen Komplizen gemeldet. Die Beute lassen die Entführer liegen, wie die Neuenburger Polizei schreibt.
Kurz nach dem Verlassen des Unternehmens Calçadader stehlen die Täter ein Fahrzeug. Die Fahrerin wird dabei mit Gewalt aus dem Auto gezerrt. Die Täter flüchteten mit dem Auto und werden später von der französischen Polizei gestellt.
Die vier Geiseln und die Fahrerin des gestohlenen Fahrzeugs standen unter Schock und wurden von einer Spezialeinheit betreut. Die Neuenburger Staatsanwaltschaft leitete eine Strafuntersuchung ein.
Zu ähnlichen Überfällen ist es im Jurabogen in jüngster Vergangenheit immer wieder gekommen. Meist war der Uhrensektor, der mit Edelmetallen arbeitet, im Visier der Kriminellen.
Im letzten November hatten sechs Gangster in Bassecourt JU einen Firmenchef und seine gesamte Familie als Geiseln genommen und anschliessend grosse Mengen an Gold gestohlen. Das Edelmetall war in den Räumlichkeiten gelagert.
Eine ähnliche Geiselnahme ereignete sich im Januar 2018 in La Chaux-de-Fonds. Damals wurde der Direktor der Firma Cendror von sechs Entführern gezwungen, ihnen eine Menge Gold zu übergeben, bevor sie ihn und seine ganze Familie in den Bergen von Biaufond NE aussetzten und in Richtung Frankreich flüchteten.
(yam/sda)