Skandale, Aufreger und Überraschungen: Der Schweizer Nationalsport hat immer mal wieder für Furore gesorgt. Über die wildesten Anekdoten des Schwingsports wird noch heute gesprochen – auch über jene, die mehr als 100 Jahre zurückliegen.
Das erste Eidgenössische Schwing- und Älplerfest fand 1895 in Biel statt. Das zweite folgte zwei Jahre später – und sorgte bereits für den ersten Skandal. Ein Franzose setzte sich gegen alle Schweizer durch und wurde Schwingerkönig.
Ein Franzose? Das passte dem Verband nicht. Obwohl sie dem Gastarbeiter aus dem Elsass erlaubten, am Wettkampf teilzunehmen, überreichten sie ihm die Krone nicht. 30 Jahre später hat man dem französischen Schwinger Thurneysen Alfons dann doch noch den Königstitel zugesprochen.
1950 kam es beim Schlussgang zu einem Skandal: Über eine halbe Stunde lang duellierten sich Peter Vogt und Walter Flach im Jahr 1950, bis der Unparteiische den ereignisarmen Kampf beendete.
Die beiden jahrelangen Erzrivalen mussten sich mit dem Titel «Erstgekrönte» zufriedengeben. Die Siegerehrung lief aber alles andere als friedlich: Vogt war derart wütend, dass er seinen Kranz zerriss. Mit dieser Aktion verärgerte er den Verband, der ihn für ein Jahr lang für sämtliche Schwingfeste sperrte.
Der bislang grösste Skandal der Schwinggeschichte ereignete sich 1976 während der «Nacht des Schweizer Sports». Zehntausende Zuschauer strömten ins Zürcher Hallenstadion, um sich unter anderem den Kampf zwischen dem damals stärksten Mann des Landes und einer Frau anzuschauen – der «Frau Yogi Bär».
Für den Showkampf wurde dem Zirkustier ein Maulkorb übergezogen, die Tatzen in Boxhandschuhe gesteckt. Im Sägemehl versuchte der ehemalige Schwingerkönig Rudolf Hunsperger, die 150 Kilogramm schwere Bärin auf den Rücken zu legen – das gelang ihm auch. Das Publikum jubelte.
Doch die tierquälerische Aktion hatte Folgen. Nicht nur Tierschützer stiegen Hunsperger aufs Dach. Sondern auch der Verband, der den Showkampf als «unter jeder Würde eines Schwingerkönigs» bezeichnete und ihm deswegen die Schwinger-Lizenz entzog.
Viele Hürden mussten überwunden werden, bis 1980 das erste Frauenschwinget stattfinden konnte. Der Verband wie auch die Männer wehrten sich lange gegen die Gleichberechtigung im Schweizer Sport.
Die Ablehnung bekam die Organisatorin Dora Hari selbst einen Tag vor dem ersten Frauenkampf zu spüren: «Als ich anfing, das Fest zu organisieren, haben mich viele im Dorf nicht mehr gegrüsst oder kamen mir frech», erzählte Hari 2020 dem Blick.
Trotzdem ging der Tag als Meilenstein in die Geschichte ein: Rund 12'000 Zuschauerinnen und Zuschauer pilgerten nach Spiez, um sich die Kämpfe anzuschauen. Bis heute haben die Frauen allerdings einen schweren Stand: Frauen können noch immer nicht professionell schwingen, es fehle an Sponsoringverträgen, sagt der Sportgeschichte-Historiker Michael Jucker gegenüber SRF.
Schwingergeschichte schrieb auch Andreas Werren. Mit nur einem gesunden Arm (und einem «Stummel») qualifizierte Werren sich gleich dreimal für das eidgenössische Schwingfest. Für eidgenössisches Eichenlaub reichte es zwar nie, trotzdem ging Werren in die Schwing-Geschichtsbücher ein, als er 2000 bei kantonalen Kämpfen den späteren Schwingerkönig Christian Stucki besiegte – der auch bei diesen Eidgenössischen zu den Favoriten zählt.
(cst)
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