Dem SVP-Bundesratskandidaten Albert Rösti haben die dutzenden bezahlten Mandate bislang kaum geschadet. Obschon er etwa Verbindungen zur Erdöl- und zur Autoindustrie im Portfolio hatte oder nach wie vor hat, wird er sogar von grünen Politikerinnen und Politikern (bislang) mit Samthandschuhen angefasst.
Und Rösti selbst? Er erklärte in den vergangenen Wochen mehrmals, dass er ein «klassischer Milizpolitiker» sei, der alle Jobs seriös ausüben und zeitlich gut bewältigen könne und «alle Verbindungen detailliert» ausweise.
Nur stimmt das nicht. Eines der wichtigeren Mandate scheint Rösti beinahe verstecken zu wollen: Geht man zurzeit auf die Webseite von Albert Rösti, so vermisst man einen Eintrag zu seiner Zeit beim Dachverband der Brennstoffhändler in der Schweiz – kurz Swissoil. Rösti war von 2015 bis 2022, also wenige Monate vor seiner Bundesratskandidatur, Präsident des Lobby- und Interessenverbandes. In dieser Zeit setzte sich Rösti unter anderem erfolgreich gegen das CO₂-Gesetz ein.
Auf dieses Mandat war Rösti noch Wochen nach seinem Rücktritt im Mai dieses Jahres stolz: Das Mandat «Präsident Swissoil» war bis im August 2022 auf seiner Webseite aufgeführt, wie das Internetarchiv-Projekt «Wayback Machine» verrät.
Auch an anderen Orten bleibt Röstis langjähriges Mandat unerwähnt. So erwähnte seine Kantonalpartei bei den Eckpunkten seines Berufslebens Röstis sechsjährige Amtszeit als Swissmilk-Direktor. Die SVP Schweiz nennt in Röstis Kurzbiografie etwa den Job als «Landwirtschaftslehrer an der Bergbauernschule Hondrich» – die Lobbymandate wurden aber in einem einzigen Satz zusammengefasst: «Seit 2013 führt er ein eigenes Beratungs-Unternehmen.»
Rösti liess eine Anfrage von watson vom Freitagmorgen unbeantwortet. Die Biografie auf seiner eigenen Webseite wurde seither nicht korrigiert.
Albert Rösti machte während seiner Amtszeit als SVP-Parteipräsident kein Geheimnis um seine Haltung zur Klimakrise: 2019 rief er während einer Parteiversammlung in Orbe VD die Menschen dazu auf, sich «über das schöne Wetter» zu freuen. Umweltschutzmassnahmen bezeichnete er im gleichen Atemzug als «kontraproduktiv und teuflisch». 2019 ging als zweitwärmster Sommer in der Geschichte der Schweizer Klimatologie ein. Es kam in den Sommermonaten zu einer erhöhten Sterblichkeit, Kernkraftwerke mussten zeitweise heruntergefahren werden, weil zu wenig Kühlwasser vorhanden war.
Röstis Engagement für die Brennstoffhändler sorgte vergangene Woche für Kritik aus Umweltschutzkreisen. Die Organisation Umverkehr lancierte einen Aufruf mit der Forderung, die Wahl des «Öl- und Autolobbyisten» Rösti in die Landesregierung zu verhindern. Zu den Erstunterzeichnenden gehören der Physik-Nobelpreisträger Jacques Dubouchet oder die ETH-Klimaforscherin Sonia Seneviratne. Mehrere Hundert Bürgerinnen und Aktivisten haben sich der Petition angeschlossen.
Glaubt man einer kürzlich publizierten «Sonntagsblick»-Umfrage, so scheint die Skepsis gegenüber Rösti tief im links-grünen Milieu zu sitzen: Eine Mehrheit der SP-, Grünen- und GLP-Anhängerschäft lehnt Rösti als möglichen künftigen Chef des Umwelt- und Verkehrsdepartement (Uvek) ab. Der Politgeograf Michael Hermann sagte im Bericht dazu: «Seine Lobbytätigkeit für die Öl- und Autobranche dürften ihn im links-grünen Lager Sympathien gekostet haben.»
Nur dürfte das irrelevant für die kommenden Bundesratswahlen sein, die bekanntlich vom Parlament und nicht vom Volk entschieden wird. Diese Woche werden sich Rösti und sein Kontrahent Hans-Ueli Vogt den Hearings der anderen Fraktionen stellen müssen. Ersten Stimmen zufolge dürfte Rösti die besseren Chancen haben – selbst im links-grünen Lager, weil er als berechenbarer gilt.
Korrektur: In einer ersten Version hiess es, dass sich Rösti erfolgreich gegen die Energiestrategie 2050 engagiert hat. Das ist nicht ganz präzise: Die Vorlage wurde in der Referendumsabstimmung angenommen.
Warum Rösti auch auf watson soviele Freunde hat, ist mir schleierhaft.
Ich mag Köppel nicht und er mag damit seine (oder die von Blocher) Interessen verfolgen, doch recht hat er…