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Herzog, Baume-Schneider, Rösti, Vogt: Die Bundesratskandidaten-Steckbriefe

Wer wird es? Alle vier Bundesratskandidaten im Steckbrief

27.11.2022, 01:5028.11.2022, 07:48
Lara Knuchel
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Am 7. Dezember werden gleich zwei neue Bundesräte gewählt. Wir als Stimmbevölkerung müssen uns ja zum Glück nicht entscheiden, gewählt werden sie von der Bundesversammlung. Trotzdem schadet es nicht, die vier Kandidierenden einmal genauer kennenzulernen – im Steckbrief ohne Umschweife, dafür mit acht knackigen Punkten.

Die Kandidaten der SVP

Die SVP gab die Besetzung ihres Zweiertickets bereits am 18. November bekannt: Albert Rösti aus Bern und Hans-Ueli Vogt aus Zürich.

Albert Rösti, Nationalrat

SVP Nationalrat Albert Roesti spricht mit einem Journalisten, am Donnerstag, 20. Oktober 2022, in Kirchberg. Der Vorstand der SVP Kanton Bern nominiert fuer die Findungskommission Nationalrat Albert R ...
Bild: keystone

Alter
55 Jahre (geboren am 7. August 1967)

Privates
Rösti ist als Bauernsohn in Kandersteg im Berner Oberland auf einem Milchwirtschaftsbetrieb aufgewachsen. Heute lebt er in Uetendorf, ist verheiratet und hat einen Sohn und eine Tochter.

Ausbildung und beruflicher Werdegang
Albert Rösti studierte und doktorierte an der ETH Zürich, Letzteres am Institut für Agrarwirtschaft. 2002 erwarb er ausserdem einen Master of Business Administration (MBA) an der Universität Rochester in New York.
Mitte der 90er-Jahre begann Albert Rösti, als Landwirtschaftslehrer an der Bergbauernschule Hondrich tätig zu sein. Es folgte eine Karriere im Amt für Landwirtschaft des Kantons Bern, wo er später Generalsekretär der übergeordneten Volkswirtschaftsdirektion wurde. Zwischen 2007 und 2013 war Rösti Direktor der Schweizer Milchproduzenten. 2013 gründete er eine eigene Beratungsfirma, Büro Dr. Rösti GmbH.

Politischer Werdegang
Trotz seiner beachtlichen beruflichen Karriere und der langen Ausbildung meint Rösti: «Politik ist meine Berufung.» Er habe schon mit 18 Jahren gewusst, dass er in die Politik wolle. Seine politische Karriere lancierte er als Präsident der SVP Uetendorf und als Mitglied des Gemeinderates, 2014 wurde er dort zum Gemeindepräsidenten gewählt.

Seit 2011 sitzt Albert Rösti im Nationalrat. Im April 2016 löste er Toni Brunner als Präsidenten der SVP Schweiz ab. Nach dem schlechten Abschneiden der SVP bei den nationalen Parlamentswahlen 2019 tritt Rösti im darauffolgenden Jahr vom Amt des SVP-Präsidenten zurück.

Nebenämtli
Im Laufe der Jahre bekleidete Albert Rösti diverse Präsidentschafts- und Verwaltungsratsämter, unter anderen beim Landwirtschaftlichen Informationsdienst, bei Auto Schweiz, beim Schweizerischen Wasserwirtschaftsverband (SWV), beim Verband Stahl-, Metall- und Papier-Recycling Schweiz und bei Senesuisse (Verband wirtschaftlich unabhängiger Alters- und Pflegeeinrichtungen). Zwischen 2015 und 2022 bekleidete Rösti das Amt als Direktor bei Swiss Oil (dieser Posten ist allerdings auf seiner Webseite nicht aufgeführt).

Politische Schwerpunkte und Positionen
Im Nationalrat war Rösti Mitglied der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) und der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Seit 2021 präsidiert er die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit. Gegenüber der NZZ meinte Rösti kürzlich, als Bundesrat würde er sich auf jedes Departement freuen.

Gemäss seines Smartspiders, das Wertehaltungen und politische Einstellungen widerspiegelt, liegen Albert Rösti die Themen «Law and Order» und «Restriktive Migrationspolitik» am stärksten am Herzen (ersteres zum Beispiel mehr als Gegenkandidat Hans-Ueli Vogt), ein ausgebauter Umweltschutz sowie eine liberale Gesellschaft hingegen am wenigsten.

Stärken
Albert Röstis grösster Vorteil ist, dass er bei den anderen Parteien als «berechenbar» gilt. In seinen über zehn Jahren im Bundeshaus konnte er klarmachen, wo er politisch steht und vor allem, über welche Themen man mit ihm nicht diskutieren muss.

Schwächen
Der SVP-Nationalrat und ehemalige Parteipräsident stand jahrelang auf der Lohnliste von Swiss Oil. Diese Abhängigkeit macht ihn in Umweltschutz-bewussten Lagern unwählbar.

Hans-Ueli Vogt, ehem. Nationalrat

Bundesratskandidat Hans-Ueli Vogt posiert an der kantonalen Delegiertenversammlung der SVP Zuerich fuer ein Portrait, aufgenommen am Dienstag, 25. Oktober 2022 in Langnau am Albis. Vogt kandidiert bei ...
Bild: keystone

Alter
52 Jahre (geboren am 5. Dezember 1969)

Privates
Hans-Ueli Vogt ist in Illnau (Kanton Zürich) als Sohn eines Notars und Enkel von Bauern aufgewachsen und wohnt heute in der Stadt Zürich. Mit Deutsch, Englisch, Französisch und Italienisch spricht er vier Sprachen.

Beruflicher Werdegang
Vogt studierte und promovierte an der Universität Zürich und an der New York University School of Law in Rechtswissenschaften, später folgten Forschungsaufenthalte an der Harvard Law School, in Florenz, Peking und London. In New York erlangte er ausserdem das dortige Anwaltspatent. Seit 2007 ist Vogt ausserordentlicher (vollamtlicher) Professor für Handels-, Wirtschafts- und Immaterialgüterrecht an der Universität Zürich. Wie Rösti erlangte auch Vogt einen Master of Business Administration (MBA), 2008 an der Universität St.Gallen.

Politischer Werdegang
Zwischen 2011 und 2015 war Hans-Ueli Vogt Mitglied des Kantonsrates. 2015 kandidierte er für den Stände- und den Nationalrat. Im Ständerat scheiterte Vogt im zweiten Wahlgang, dafür wurde er in die grosse Kammer gewählt. Ende 2021 trat Hans-Ueli Vogt als Nationalrat zurück.

Nebenämtli
Vogt ist Mitherausgeber der Zeitschrift für Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht (GesKR) sowie Herausgeber der Buchreihe njus.ch. Ausserdem ist er Präsident der Sanktionskommission der BX Swiss AG, einer Börse in Zürich, und Vorstandsmitglied im Verein Pro Flughafen.

Politische Schwerpunkte und Positionen
Im Nationalrat gehörte Vogt lediglich der Kommission für Rechtsfragen an. Er gilt als «geistiger Vater» der Selbstbestimmungsinitiative der SVP, die verlangte, dass die Bundesverfassung künftig über dem Völkerrecht steht. Sie wurde im November 2018 von der Stimmbevölkerung abgelehnt.

Vogt steht im Vergleich zu anderen SVP-Exponenten stärker für eine liberale Gesellschaft und weniger für «Law and Order» ein. Das Thema «restriktive Gesellschaft» erhält aber auch in Vogts Smartspider knapp die volle Punktzahl.

Stärken
Hans-Ueli Vogt gilt als untypischer SVP-Politiker. Er galt nicht als grosser Provokateur und scheute den Konflikt mit seiner Partei nicht. Der Zürcher holte sich wegen seiner engagierten Arbeit in den parlamentarischen Kommissionen grossen Respekt bis weit ins linke Lager.

Schwächen
Vogt wird nicht nur von seinen politischen Gegnerinnen und Gegnern als «unberechenbar» bezeichnet: Ihm wird nachgesagt, dass er zwar analytisch stark sei und sich gerne überzeugen lasse – er aber gleichzeitig auch in einzelnen Punkten contre cœur die Parteilinie verfolge, um die Parteibasis nicht zu verärgern.

Die Kandidatinnen der SP

Am 26. November gab die SP die Kandidatinnen auf ihrem Zweierticket bekannt: Eva Herzog und Élisabeth Baume-Schneider.

Eva Herzog, Ständerätin

Eva Herzog, SP Staenderaetin des Kantons Basel-Stadt und Kandidatin fuer den Bundesrat, in Basel, am Donnerstag, 17. November 2022. (KEYSTONE/Georgios Kefalas)
Bild: keystone

Alter
61 Jahre (geboren am 25. Dezember 1961)

Privates
Herzog ist in Pratteln im Kanton Basel-Landschaft aufgewachsen. Heute lebt sie mit ihrem Partner in Basel. Sie ist Mutter von zwei Söhnen.

Beruflicher Werdegang
Eva Herzog studierte Geschichte, Wirtschaftswissenschaften und Spanisch an den Universitäten Basel und Santiago de Compostela. 1994 schloss sie ihre Dissertation in Geschichte ab. Später war Herzog Mitglied des Leitungsteams und der Geschäftsleitung der Kulturwerkstatt Kaserne in Basel, danach arbeitete sie als freiberufliche Kulturveranstalterin. Von 2001 bis 2004 war Herzog als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Vizerektorat Forschung der Universität Basel tätig.

Politischer Werdegang
Ihre politische Karriere begann Eva Herzog als Mitglied des Verfassungsrates von Basel-Stadt. 2004 und 2005 war sie Präsidentin der Grossratsfraktion der SP Basel-Stadt und ab 2005 sass sie für 15 Jahre als Vorsteherin des Finanzdepartements von Basel-Stadt im Regierungsrat. Ende 2019 wurde sie für ihren Kanton als Ständerätin gewählt.

Nebenämtli
Neben dem Amt als Ständerätin geht Eva Herzog insgesamt zwei bezahlten Mandaten nach: einerseits als Verwaltungsratspräsidentin bei einer Betreiberfirma eines Wasserwerkes im Wallis und andererseits als Vorstandspräsidentin bei dem Verband Wohnbaugenossenschaften Schweiz. Herzog ist zudem ehrenamtliches Mitglied in weiteren Stiftungen und Vereinen.

Politische Schwerpunkte und Positionen
Als Ständerätin nahm Eva Herzog bislang Einsitz in der Finanzkommission, in der Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK) und der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur (WBK). Da sie während 15 Jahren das entsprechende Departement in ihrem Kanton leitete, gilt Herzog als besonders bewandert in finanzpolitischen Fragen.

Wie ihre Konkurrentin Baume-Schneider vertritt Herzog gemäss ihres Smartspiders durch und durch linke Positionen: Ein ausgebauter Sozialstaat, eine liberale Gesellschaft und ein ausgebauter Umweltschutz liegen der Baslerin am meisten am Herzen. Im Vergleich zur Jurassierin gewichtet Herzog allerdings eine liberale Wirtschaftspolitik etwas stärker – auf der Skala aber immer noch «lediglich» 25 von 100 möglichen Punkten.

Stärken
Eva Herzog hat sich wegen ihrer langjährigen Regierungsarbeit im Kanton Basel-Stadt einen guten Stand als pragmatische SP-Politikerin aufbauen können. Bürgerliche betrachten sie als sozialliberale Finanzpolitikerin – ein Bild, das Herzog selbst aufrechterhält, um ihre eigenen dezidiert linken Positionen zu kaschieren.

Schwächen

Das Image der «nicht so radikalen SP-Frau» brachte Herzog zwar grosse Sympathien in bürgerlichen und rechtskonservativen Kreisen. Die Beliebtheit bei der eigenen Parteibasis litt aber deshalb: Sie wird dort teilweise als Lobbyistin der Basler Pharmalobby betrachtet.

Élisabeth Baume-Schneider

Elisabeth Baume-Schneider, senatrice jurasienne, candidate au Conseil federal pour le parti socialiste pose le dimanche 13 novembre 2022 aux Breuleux, village des Franches-Montagnes, du canton du Jura ...
Bild: keystone

Alter
59 Jahre (geboren am 24. Dezember 1963)

Privates
Élisabeth Baume-Schneider ist als Tochter von Bauern in St. Imier im Berner Jura geboren. Ihr Vater war Gemeinderat und Mitglied der FDP. Heute lebt sie mit ihrem Mann in Les Breuleux, Jura. Sie hat zwei Kinder.

Beruflicher Werdegang
Die Jurassierin studierte Wirtschafts- und Sozialwissenschaften an der Universität Neuchâtel. Ab 1988 arbeitete Élisabeth Baume-Schneider während zwölf Jahren als Sozialarbeiterin. Sie übernahm dabei unter anderem Mandate als Beiständin. Nach ihren Mandaten in der jurassischen Regierung übernahm Baume-Schneider das Amt der Direktorin der Haute École de travail social et de la santé (HETSL), einer Hochschule in Lausanne.

Politischer Werdegang
Ihre politische Laufbahn begann Baume-Schneider in der Revolutionären Marxistischen Liga. 1995 wurde sie, jetzt als SP-Mitglied, in das jurassische Parlament gewählt. 2002 wechselte sie in die Exekutive und stand als Regierungsrätin dem Erziehungs-, Sport- und Kulturdepartement vor. Während zwei Jahren präsidierte sie den Regierungsrat. 2019 wurde Baume-Schneider für den Kanton Jura in den Ständerat gewählt.

Politische Schwerpunkte und Positionen
Im Ständerat ist Élisabeth Baume-Schneider Teil der Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur und der Geschäftsprüfungskommission und Präsidentin der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK).

Das Smartspider von Baume-Schneider unterscheidet sich kaum von demjenigen von Eva Herzog – oder von demjenigen einer typischen SP-Position. Einzig von liberaler Wirtschaftspolitik will die Jurassierin etwas weniger wissen als Herzog.

Stärken
Baume-Schneider punktet mit zahlreichen Besonderheiten: Sie ist beinahe perfekt zweisprachig und wäre die erste Bundesrätin aus dem Kanton Jura. Mit ihrem fast 17 Jahre andauernden Exekutivamt hat sie mit Abstand die grösste Regierungserfahrung.

Schwächen
Die Jurassierin ist erst seit drei Jahren in der Bundespolitik aktiv und hat sich noch kein grosses Netzwerk aufbauen können. Ihr fehlt zudem das rhetorische Gespür, ihre teils radikal linken Positionen den bürgerlichen Bevölkerungsschichten ausserhalb der Romandie zu vermitteln.

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27 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Pebbles F.
26.11.2022 23:20registriert Mai 2021
Also ich bin dafür, dass Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider gewählt werden 😀. Vielleicht bemerkt ja keiner was.
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