Seine Karriere in der Schweizer Nationalmannschaft ist eigentlich längst zu Ende. Fünf Jahre ist Georges Bregy nicht mehr für die Nati aufgeboten worden, als 1992 das Aufgebot von Roy Hodgson für die Qualifikation für die WM 1994 in den USA ins Haus flattert.
Der offensive Mittelfeldspieler war mit Sion 1980 und 1982 Schweizer Cupsieger und führte die Young Boys 1986 zum Meistertitel. 1984 wurde der Freistossspezialist gar Torschützenkönig. Trotzdem verzichteten Daniel Jeandupeux und Uli Stielike Ende der 80er-Jahre auf Bregys Dienste.
Hodgsons Reaktivierung des Routiniers erweist sich schon in der WM-Quali als Glücksfall. Auch dank seinem Penalty-Ausgleich beim 1:1 in Schottland qualifiziert sich die Nati erstmals seit 28 Jahren wieder für eine WM-Endrunde. Und dort gehört Bregy zu den Teamstützen.
Günter Netzer, damals Co-Kommentator beim Schweizer Fernsehen, schwärmt in den höchsten Tönen. «Georges Bregy ist der wichtigste Mann im Team. Er läuft viel, denkt, lenkt, ist taktisch stark, hält den Jungen den Rücken frei. Und: Er ist der Mann der stehenden Bälle. Seine Freistösse sind tödlich, gehören zur absoluten Weltspitze», so der Weltmeister von 1974.
Zum Auftakt trifft die Schweiz im ersten WM-Spiel, das unter geschlossenem Dach gespielt wird, im mittlerweile gesprengeten Pontiac Silverdome auf die USA. Das Stadion ist mit 73'425 Zuschauern restlos ausverkauft, die Temperaturen liegen jenseits der 40-Grad-Marke. Es ist wie in einer Sauna.
Die Schweizer tun sich schwer, haben aber mehr vom Spiel. Gefährlich wird es trotzdem fast nur bei Standardsituationen. So auch in der 39. Minute, als Alain Sutter nach einem schönen Dribbling kurz vor dem Strafraum in halblinker Position von US-Abwehrchef Tom Dooley von den Beinen geholt wird.
TV-Kommentator Beni Thurnheer frohlockt schon. «Wieder lauert Bregy, das ist jetzt die Idealdistanz für ihn», weiss der «Schnurri der Nation». «Rechts oben», kündigt Thurnheer an. Und er behält Recht. Der damals 36-jährige Bregy schnibbelt den Ball mit viel Gefühl zur 1:0-Führung für die Schweiz in die rechte hohe Torecke. US-Keeper Tony Meola schaut nur zu, grenzenloser Jubel bei Thurnheer, Netzer und der ganzen Fussball-Schweiz.
«Während des Spiels realisierte ich nicht richtig, dass ich an einer WM ein Tor erzielt hatte, zu hoch war die Konzentration auf das Spiel», wird Bregy später über seinen Geniestreich sagen. «Erst später kam die Freude auf. Wenn ich mein Tor heute sehe, kriege ich noch immer Hühnerhaut.»
Doch nur fünf Minuten später folgt die Ernüchterung: Nach einem Foul von Ciriaco Sforza gibt's Freistoss für die USA aus rund 25 Metern. Netzer ist besorgt: «Hoffentlich haben die nicht so einen guten Schützen wie Bregy.» Thurnheer wimmelt ab: «Es gibt keinen Zweiten wie Bregy». Acht Sekunden später zappelt der Ball im Netz. US-Superstar Eric Wynalda trifft genau ins Lattenkreuz, Marco Pascolo ist absolut chancenlos.
Die Partie gegen die USA endet 1:1. Nach einem 4:1 gegen Rumänien und einem 0:2 gegen Kolumbien qualifiziert sich die Nati für den Achtelfinal, wo Spanien (0:3) eine Nummer zu gross ist. Bregy beendet nach der WM seine Karriere nach 54 Länderspielen und 12 Treffern.
Vor allem sein Freistoss gegen die USA ist in Erinnerung geblieben. Auch wegen des fatalen Irrtums von Thurnheer. «Mein berühmtester Satz ist eine Falschaussage», ist sich «Beni national» bewusst. Nach der WM 2014 hängte Thurnheer mit 65 Jahren das Live-Mikrofon an den Nagel.