Schimmel an der Pizzastation, überschrittene Bakterien-Richtwerte und Gewürze, deren Mindesthaltbarkeitsdatum seit Jahren überschritten ist.
Das sind die Zustände (zumindest bis vor einigen Monaten) in einem italienischen Restaurant in Aarau, wie die «Aargauer Zeitung» (AZ) letzte Woche publik machte. Der Chef wurde für die Verstösse gegen das Lebensmittelgesetz nun von der Staatsanwaltschaft gebüsst. Das Restaurant ist jedoch nach wie vor geöffnet und um welchen Betrieb es sich genau handelt, hat der Kanton nicht offengelegt.
Seit dem Wochenende wird nun wild spekuliert, welches Aarauer Restaurant es mit der Lebensmittelhygiene nicht so genau nimmt und warum es vom Kanton geschützt wird.
Bereits am 21. März stellte das Amt für Verbraucherschutz bei einer Inspektion mehrere Verstösse in besagtem Restaurant in Aarau fest.
Neben der Überschreitung der Richtwerte für Enterobacteriaceae (Bakteriengruppe) in drei von vier Proben bei vorgekochtem Reis und Nudeln stellten die Inspektoren verschimmelte Dichtungen bei der Pizzastation fest. Zudem war das Mindesthaltbarkeitsdatum bei einigen Gewürzen seit mehreren Monaten bis Jahren überschritten. Eine Wareneingangskontrolle führte der Betrieb nicht durch und nach einem Reinigungsplan suchten die Inspektoren in der Küche vergeblich.
Das Amt für Verbraucherschutz kritisierte zudem die fehlende Datierung einiger Lebensmittel in den Kühl- und Tiefkühllagern. Es sei so nicht nachvollziehbar, «wann einige Produkte eingefroren beziehungsweise wieder aufgetaut wurden», heisst es im Strafbefehl.
Auch eine Schummelei des Restaurants wurde aufgedeckt: Statt dem in der Speisekarte angepriesenen Parmesan, servierte das Restaurant seinen Gästen den günstigeren Grana Padano.
Am 15. Mai, rund zwei Monate später, wurde das italienische Restaurant erneut einer Inspektion durch das Amt für Verbraucherschutz unterzogen. Noch immer blieben die Befunde hinter den Erwartungen zurück: Eine dokumentierte Wareneingangskontrolle und die Datierung aller eingefrorenen Lebensmittel fehlten und erneut wurden Richtwertüberschreitungen in den Gerichten festgestellt.
Nach einer dritten Inspektion am 10. August und Richtwertüberschreitungen bei vorgekochtem Mischgemüse und Vorderschinken wurde schliesslich ein Vorkochverbot verhängt.
Für die mehrfache Übertretung des Lebensmittelgesetzes wird der Chef des Restaurants nun gebüsst: 1000 Franken und die Strafbefehlsgebühren von etwa 600 Franken muss er bezahlen.
Für viele Aarauer reicht das aber nicht: «Wieso schützt man Grüselbeizer? Die haben komplett den Beruf verfehlt», schreibt ein AZ-Leser. «Konsumentenschutz geht anders», heisst es in einem anderen Leserkommentar.
Auch der Konsumentenschutz, der sich seit Jahren für eine stärkere Transparenz einsetzt, fordert eine Offenlegung des Restaurant-Namens: «Wir finden es nach wie vor nicht nachvollziehbar, weshalb die Ergebnisse der Kontrollen der Öffentlichkeit nicht bekannt gegeben werden», sagt Josianne Walpen gegenüber der AZ. Werden die Resultate nicht geheim gehalten, seien die Betriebe viel motivierter, sich zu verbessern und gute Kontrollergebnisse zu erzielen. «Für all die Betriebe, welche gut arbeiten, ist eine solche Bewertung auch eine ‹amtliche› Werbung.»
Das eidgenössische Lebensmittelgesetz erlaubt es dem Amt für Verbraucherschutz (AVS) allerdings nicht, die Namen der Betriebe mit schlechten Inspektions- oder Untersuchungsergebnissen bekannt zu geben. Ausgenommen, es besteht ein gesundheitliches Risiko für die Bevölkerung. Und auch eine Schliessung stand offenbar nicht zur Debatte: «Für eine Schliessung eines Restaurants muss die Gesundheit der Gäste unmittelbar und in erheblichem Masse gefährdet sein.» Das ist gemäss AVS-Amtsleiterin Alda Breitenmoser aber nicht der Fall. Alle gerügten Mängel seien nun weitgehend behoben.
Der Präsident von Gastro Aargau, Bruno Lustenberger, spricht sich gegen vollständige Transparenz aus. Man tue den Wirten «manchmal ein bisschen Unrecht», wie er gegenüber der AZ sagt.
Weiter betont er, eine Kontrolle sei immer nur eine Momentaufnahme. Trotzdem sieht er die Busse gegenüber dem Restaurant in Aarau als gerechtfertigt, während ein «Wirtepranger» unverhältnismässig sei. So könne nämlich der Ruf eines Restaurants über viele Jahre geschädigt werden, auch wenn längst andere Leute am Ruder seien.
Den Kundinnen und Kunden empfiehlt er, vor einem Restaurantbesuch die Bewertungen anzuschauen. Auch bei der Ankunft sehe man schnell, wie es um das Restaurant stehe: «Ist es gewischt, ist es sauber, macht es eine gute Falle?» Als weiteren Tipp empfiehlt Lustenberger, sich die Speisekarte anzusehen.
Bei 1250 gastronomischen Betrieben im Aargau gebe es pro Jahr bloss ungefähr 20 Strafanzeigen wegen Widerhandlungen gegen die Lebensmittelvorschriften. So seien es wenige schwarze Schafe, die die gesamte Gastronomie in Verruf brächten, so Konsumentenschützerin Josianne Walpen.
(rbu/lst)
Für die anderen Pizzerien ist das natürlich unfair, aber sie kriegen zwar mein Geld nicht, aber mein Mitgefühl.