Alles begann damit, dass auf der Redaktion heute Morgen über Shiitake-Pilze abgelästert, ja regelrecht gehatet wurde. Dabei oute ich mich hier gerne als Shiitake-Fan – sein Umami-Geschmack wird einfach nie langweilig.
Als Kind hasste ich Pilze, doch inzwischen gibt es die eine oder andere Sorte, die auch mir schmeckt. Ein Vegiburger, bei dem ein Portobello-Pilz mit geschmolzenem Käse gefüllt wird? Immer her damit!
Doch genug von mir, widmen wir uns lieber den Pilzen.
Du dachtest, Pilze gehören zum Pflanzenreich? Falsch gedacht. Obwohl sie lang als Pflanzen betrachtet wurden, bilden Pilze ein eigenes Reich innerhalb der eukaryotischen Lebewesen. Sie stehen den Tieren sogar näher als den Pflanzen. Grund dafür ist, dass sie keine Fotosynthese betreiben können. Sie müssen ihre Nahrung wie Tiere aus ihrer Umgebung aufnehmen. Im Gegensatz zu den Tieren nehmen sie diese aber in gelöster Form über ihre Oberfläche auf.
Schätzungsweise gibt es 2,2 bis 3,8 Millionen Pilzarten weltweit. Zu diesem Schluss kam 2017 ein Forschungsteam aus Berlin und London. Einzig die Tierwelt kann eine noch grössere Artenvielfalt aufweisen. Übertroffen hingegen wird das Organismenreich der Pflanzen. In Sachen Vielfalt wird es von den Pilzen um das 6- bis 10-Fache übertroffen. Auch interessant: Bisher sind erst 120'000 Pilzarten bekannt und wissenschaftlich dokumentiert. Zwischen 92 und 97 Prozent aller existierenden Pilzarten warten also noch darauf, entdeckt zu werden.
Das grösste Lebewesen der Schweiz – ja, ein Pilz – wurde 2004 beim Ofenpass entdeckt: Es handelt sich um einen Dunklen Hallimasch, der einen Durchmesser von 500 bis 800 Meter und eine Fläche von 35 Hektar aufweist – was einer Fläche von etwa 50 Fussballfeldern entspricht. Ausserdem ist er ca. 1000 Jahre alt. Er dürfte sogar der grösste Pilz Europas sein.
Armillaria hill. #GemeinerHallimasch #DunklerHallimasch #ArmillariaSolidipes #Pilze #Mushroom #Fungi #MushroomMonday pic.twitter.com/tAtboN2BD2
— ALuX (@LX8111) November 14, 2022
Ein noch grösseres Exemplar wurde im Jahr 2000 in Oregon entdeckt. Er ist etwa 30-mal so gross wie der Hallimasch beim Ofenpass – sein Alter wird auf 2400 Jahre geschätzt. Bei seiner Geburtsstunde herrschten die persischen Achämeniden noch über eines der grössten Reiche der Geschichte. Das Gewicht des Pilzes wird auf ca. 600 Tonnen geschätzt.
Pilze nehmen Wasser auf, wodurch sich ihre Zellen vergrössern. Dadurch können sie viel schneller wachsen als nur durch Zellteilung. Je mehr Wasser sie aufnehmen, desto grösser werden sie. Gewisse Pilze verdoppeln ihre Grösse in nur gerade 24 Stunden.
Besonders schnell wachsen Austernseitlinge. Sie sind in der Regel bereits eine Woche nach der Fruchtbildung erntereif. Du kannst sie auch selber züchten – sie sind ein beliebter Speisepilz.
Der Dunkle Ölbaumtrichterling ist vor allem im Mittelmeerraum verbreitet und für seine Biolumineszenz bekannt: Er leuchtet im Dunkeln. Für dieses Leuchten verantwortlich ist das Enzym Luziferase.
Mushroom Time✨️🌿🍄
— 𝕷𝖎𝖑𝕲𝖗𝖊𝖊𝖓 🌿 ʳᵒᵃᵈʳᵃᵗ ᵇʳᵃᶦⁿʳᵒᵗ (@the_goblinkiing) June 27, 2022
"Omphalotus Olearius" or Jack-o-lantern Mushroom 🧡
Toxicity: Poisonous! ✨️
This bright orange mushroom grows in large bunches and is known for its bioluminescent properties 🎃 pic.twitter.com/MWCjpTkvuq
Aber Achtung, Hände weg: Der Pilz ist hochgiftig!
Ophiocordyceps unilateralis – der Pilz mit dem komplizierten Namen kommt vor allem in tropischen Regenwäldern vor und ist bekannt dafür, dass er als Parasit auf Ameisen wächst und deren Verhalten manipuliert, diese quasi zu willenlosen «Zombies» macht. Die infizierte Ameise klettert dann auf eine Pflanze, beisst sich fest und stirbt, woraufhin der Pilz aus ihrem Kopf wächst. Es werden neue Sporen gebildet, die dann weitere Ameisen infizieren.
When the zombie-ant fungus infects a carpenter ant, it grows through the insect’s body, draining it of nutrients and hijacking its mind. Over the course of a week, it compels the ant to leave the safety of its nest to release the fungus's spores.#nature pic.twitter.com/AZObFnDsnF
— Robb Stark (@robbrockets) September 27, 2023
Im radioaktiv verseuchten Gebiet von Tschernobyl in der Ukraine wurden Pilze gefunden, die als radiotroph bezeichnet werden. Diese nutzen Melanin, ein Pigment, das auch in unserer Haut vorkommt, um damit aus radioaktiver Strahlung Energie zu gewinnen.
Weil sie Strahlung absorbieren, gibt es Überlegungen, solche Pilze als Schutz vor Strahlung im All einzusetzen – etwa auf zukünftigen Marsmissionen.
Tatsächlich lebt auf der Haut des Menschen eine grosse Anzahl an Bakterien und Pilzen. Kein Grund zur Panik: In der Regel sind diese nicht schädlich. Leidest du aber unter Stress oder einem geschwächten Immunsystem, können die sonst harmlosen Pilze Krankheiten auslösen. So etwa auch auf der Kopfhaut oder den Nägeln.
Na, hat es dich schon erwischt? Es gibt tatsächlich eine Phobie im Zusammenhang mit Pilzen, die als Mycophobie bezeichnet wird. Personen, die darunter leiden, haben eine irrationale Angst vor Pilzen, sei es in Bezug auf deren Aussehen, Geruch, Textur oder sogar nur die Idee von ihnen. Diese Angst kann so stark sein, dass sie das tägliche Leben beeinflusst.
Im Extremfall kann diese Phobie sogar Panikattacken auslösen. Es ist nicht bekannt, was sie auslöst, aber sie kann wie Phobien generell auch durch Konfrontationstherapie behandelt werden.
Die Pilze, die man sieht sind eigentlich nur ein kleiner Teil des Pilzes und dienen der Verbreitung durch Sporen.
Der grösste Teil ist das Myzel, mikroskopisch dünne Fäden, die im Boden verlaufen.
So sind auch die riesen Hallimasche zu erklären.