Das Lieblingsfach ist es für die wenigsten, nun zeigen die Resultate einer neuen Studie: In Sachen Mathematik brauchen viele Schweizer Schülerinnen und Schüler Nachhilfeunterricht. Nur 62 Prozent erreichen am Ende der obligatorischen Schulzeit die Grundkompetenzen.
«Wer die Geometrie begreift, vermag in dieser Welt alles zu verstehen.» Schenkt man dem Zitat des grossen Universalgelehrten Galileo Galilei Glauben, dann ist es schlecht bestellt um das Wissen von Schulabgängerinnen und Schulabgängern in der Schweiz.
Die Schweizerische Konferenz der kantonalen Erziehungsdirektoren (EDK) untersuchte bei den Schülerinnen und Schülern zum ersten Mal die Grundkompetenzen bei den Sprachen und der Mathematik, welche im Jahr 2011 in den Bildungszielen festgelegt wurden. Getestet wurde das Können bei der Schulsprache und ersten Fremdsprache am Ende der Primarstufe (2017) und bei der Mathematik am Ende der obligatorischen Schule (2016).
Im Gegensatz zur Pisa-Studie für das Jahr 2015, wo Schweizer Schülerinnen und Schüler im Fach Mathematik in Europa den Spitzenplatz einnahmen, gibt es dieses Mal wenig Lob. Nur drei von fünf Jugendlichen erreichen die Grundkompetenzen, wie die am Freitag publizierten Ergebnisse zeigen. Die Unterschiede zwischen den Kantonen sind beträchtlich. Teilweise erreichen weniger als die Hälfte der Schulabgänger die Ziele im Fach Mathematik.
Am schlechtesten schneiden die Schülerinnen und Schüler im Kanton Basel-Stadt ab, wo nur 43 Prozent die Mathe-Ziele erreichen. Ebenfalls unterdurchschnittlich gut rechnen können demnach Jugendliche in den Kantonen Baselland, Solothurn, Luzern und im deutschsprachigen Bern. Schülerinnen und Schüler im französischsprachigen Teil des Kantons Freiburg sind dagegen Spitze.
Anders ist die Situation bei den Sprachen. Neun von zehn Schülerinnen und Schülern können gemäss der Studie gut in der Schulsprache lesen. Auch hier belegen französischsprachige Freiburger den ersten Platz. Im hintersten Teil der Rangliste befinden sich Glarner und Basler Schülerinnen und Schüler.
Die Rechtschreibung beherrschen – je nach Sprachregionen – zwischen 80 und 89 Prozent der Jugendlichen. Beim Hörverstehen sind die Werte ähnlich hoch. Etwas weniger gut schneiden die Jugendlichen beim Leseverstehen in der ersten Fremdsprache ab. Hier erreichen 65 Prozent (Französisch), 72 Prozent (Deutsch) respektive 86 Prozent (Englisch) die verlangten Grundkompetenzen.
Die Unterschiede in den Ergebnissen zwischen Mathematik und Sprachen erklären sich die Erziehungsdirektoren mit der weit beziehungsweise weniger weit fortgeschrittenen Harmonisierung der kantonalen Lehrpläne. Die Sprachenfächer seien besser harmonisiert, schreibt die EDK in einer Mitteilung.
Noch nicht abschliessend geklärt sei derweil die Frage des Anspruchsniveaus in der Mathematik. «Eine Einschätzung von Fachpersonen hat ergeben, dass ein Teil der Grundkompetenzen Mathematik beziehungsweise der daraus abgeleiteten Aufgaben recht anspruchsvoll zu sein scheint», heisst es in der Studie.
Das könnte auch erklären, weshalb die Schweizer Schüler seit Jahren im europäischen Vergleich Spitze in Mathe sind, während sie das in der Schweiz verlangte Niveau nur teilweise zufriedenstellend erreichen. Eine Kommission der EDK wurde beauftragt, dieser Fragestellung weiter nachzugehen.
Die Studienergebnisse zeigen weiter, dass individuelle Merkmale der Schülerinnen und Schüler wie Geschlecht, soziale Herkunft, Migrationsstatus und zu Hause gesprochene Sprache einen Effekt darauf haben, wie gut die Jugendlichen die Grundkompetenzen erreichen. Ob diese Unterschiede statistisch signifikant sind oder nicht, kann je nach Kanton und Fach unterschiedlich sein.
Die Daten der Untersuchung werden ins nationale Bildungsmonitoring einfliessen und in diesem Rahmen weiter ausgewertet. Die Kantone werden zudem die Ergebnisse im Rahmen der kantonalen Qualitätsentwicklungsprozesse nutzen können. Die nächsten Schülertests werden im Jahr 2020 bei den Sprachen und im Jahr 2022 in einem noch nicht bestimmten Fachbereich stattfinden. (viw/sda)