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Achtung! Spielwaren von Wish und Aliexpress enthalten giftige Substanzen

Beliebte Spielwaren wie Surprise Dolls (Puppen) und Squishy-Figuren enthalten für Menschen gefährliche Substanzen.
Beliebte Spielwaren wie Surprise Dolls (Puppen) und Squishy-Figuren enthalten für Menschen gefährliche Substanzen.Bild: Spielwaren Verband Schweiz (SVS)

Giftige Substanzen in Spielwaren von Wish und Aliexpress: Das solltest du wissen

Der Spielwaren Verband Schweiz hat bei Aliexpress und Wish beliebte Spielsachen bestellt und testen lassen. Sieben von zehn Produkten enthielten Schadstoffe – einige der Substanzen sind bedenklich.
24.10.2019, 08:4824.10.2019, 21:01
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Der Spielwaren Verband Schweiz (SVS) warnt: «Wer über das Internet direkt in China Spielwaren einkauft, läuft Gefahr, Kinder zu vergiften.» Das Sprachrohr der Schweizer Spielwarenbranche hat populäre Produkte für Kinder über die aufstrebenden Online-Marktplätze Aliexpress und Wish bestellt und von einem unabhängigen Labor auf Schadstoffe prüfen lassen. Das Resultat: Von den zehn untersuchten Spielsachen enthielten sieben Schadstoffe, wovon bei sechs die Grenzwerte weit übertroffen wurden.

Gefunden haben die Schweizer Chemiker Lösemittel, Blei, Nickel (stark allergen), DEHP (Weichmacher) und Bor. Letztere Substanzen können in das Hormonsystem von Kindern eingreifen.

Auch allergisch machende und reizende Substanzen wie zum Beispiel Cyclohexanon wurden gefunden. Selbst Stoffe, die als krebs­erzeugend gelten und zum Teil das Erbgut verändern oder die Fort­pflan­zung gefährden, wurden nachgewiesen.

Ein Produkt enthielt demnach derart viel Lösemittel, dass die Chemiker im Labor unter Übelkeit und Kopfschmerzen litten – schlicht durch die Kontamination der Luft.

Schweizer Labor findet gefährliche Chemikalien in Trendspielzeug

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Gefährliche Chemikalien in Trendspielzeug
Beliebt bei Kindern: Squishy-Figuren lassen sich zusammendrücken und riechen nach Früchten. Sie enthalten aber gefährliche Chemikalien ...
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Gefährliche Substanzen, keine Warnhinweise

«Die Resultate sind beunruhigend, da ein hoher Anteil der untersuchten Produkte die in der Schweiz geltenden gesetzlichen Anforderungen an Spielzeug nicht erfüllt», sagt das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV).

Auf gefährliche Substanzen getestet wurden die Spielsachen vom Schweizer Prüflabor der Swiss Quality Testing Services (SQTS) in Dietikon. «Wir haben Substanzen nachgewiesen, die in der Spielzeugverordnung (zu Recht) reglementiert sind. Einige der Substanzen sind bedenklich», sagt das Labor auf Anfrage.

«Selbst wir Erwachsenen haben hiervon Kopfschmerzen und Übelkeit bekommen.»

Im Prüfbericht, der watson vorliegt, schreibt das Labor: In einer «Surprise Doll» (Puppe in einer Überraschungskugel) «haben wir sehr hohe Mengen an Lösemitteln gefunden. Selbst wir Erwachsenen haben hiervon Kopfschmerzen und Übelkeit bekommen.»

Getestet wurden auch die bei Kindern beliebten Squishies:
Kleine Schaumstofffiguren, die sich wie ein Antistressball zusammendrücken lassen und süsslich nach Früchten, Caramel oder Kokos riechen. Zu den Spiel- und Sammelfiguren schreibt das SQTS: «Bei allen wurde ein erhöhter Wert an Cyclohexanon festgestellt.»

Bereits bei normaler Raumtemperatur von 20 Grad kann es im Kinderzimmer langsam zu einer toxischen Kontamination der Luft kommen. Cyclohexanon ist besonders beim Einatmen gesundheitsschädlich und kann Schwindelanfälle und Kopfschmerzen hervorrufen. Es kann aber auch oral oder über die Haut (Kontaktgift) aufgenommen werden. Die farblose Substanz reizt die Haut, die Augen und die Atemwege. Länger andauernder Kontakt kann eine Dermatitis (Ekzem) auslösen.

Den Testern ist zudem aufgefallen, dass bei den untersuchten Spielwaren Angaben zur Alterseinstufung und die Warnhinweise für verschluckbare Kleinteile fehlen. Angaben zum Importeur fehlen ebenso. Wenn etwas passiert, kann niemand zur Verantwortung gezogen werden.

Das Ergebnis sei «alarmierend», schreibt der Spielwaren Verband Schweiz (SVS). Kein einziges der getesteten Spielzeuge würde in der Schweiz zugelassen – allein schon aufgrund der fehlenden Kennzeichnungen. «Eine Mutter weiss bei diesen Spielwaren nicht einmal, für welche Alterskategorie es geeignet ist», sagt SVS-Präsident Rolf Burri.

Wish und Co. unterliegen «überhaupt keiner Kontrolle»

Direkt im Netz aus China bestellte Spielwaren sind teils spottbillig, die verlockenden Angebote haben aber aus Sicht des Spielwaren Verbands Schweiz einen gefährlichen Haken: Anders als im Schweizer Spielwarenhandel kontrolliere bei Wish und Co. niemand kritische Spielwaren auf ihre Gefährlichkeit.

«Anbieter wie Wish und Aliexpress aus China unterliegen überhaupt keiner Kontrolle», sagt Sandro Küng vom SVS. Die Spielwarenbranche hingegen müsse hohe Standards einhalten und nehme ihre soziale Verantwortung wahr. Küng fordert gleich lange Spiesse für alle. Konkret sollen ausländische Online-Plattformen wie Wish und Aliexpress zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie beispielsweise schadfstoffhaltige Spielwaren anbieten.

«Das ist ein Missstand, der auch uns beschäftigt, denn hier fehlen schlicht die gesetzlichen Grundlagen», wird Peter Brodmann, Leiter des Kantonslabors Baselland, zitiert. Das Labor ist in der Deutschschweiz auf die Kontrolle von Spielwaren spezialisiert.

Beim Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) heisst es hierzu: «Import von Spielzeug für den privaten Eigengebrauch fallen nicht in den Geltungsbereich des Lebensmittelrechts. Solche Produkte werden daher nicht kontrolliert und erfüllen nicht unbedingt die gesetzlichen Anforderungen in der Schweiz. Für derart erworbene Produkte können mögliche gesundheitliche Risiken somit nicht ausgeschlossen werden.»

Soll so China-Konkurrenz ausgeschaltet werden?

Aliexpress und Wish werden in diesem Jahr voraussichtlich für mehr als eine Milliarde Franken Waren in die Schweiz liefern. Laut einer aktuellen Umfrage im Auftrag der Post sollen 41 Prozent der Schweizer in den letzten zwölf Monaten Waren aus China bestellt haben. Geht es der Schweizer Spielwarenbranche darum unliebsame Konkurrenz zurückzubinden?

Küng dementiert: Man wolle Einkäufe über Aliexpress oder Wish nicht verbieten, sondern vielmehr die Konsumenten für die Gefahren sensibilisieren. Schadstoffhaltige Billig-Spielwaren aus China könnten die ganze Branche in Verruf bringen, glaubt man beim SVS. «Wir sind besorgt um den Ruf der Branche und um alle Kinder, die mit gefährlichen Spielwaren in Kontakt kommen», sagt Küng.

Für Kinder und Jugendliche sei es sehr verlockend, mit ihrem Taschengeld Billig-Produkte auf Wish oder Aliexpress zu kaufen. «Diese Spielwaren landen im Kinderzimmer und insbesondere Kinder sind sich des Risikos oft nicht bewusst», sagt Küng. Eltern, aber auch Jugendliche und Kinder sollten daher ein Bewusstsein für das Risiko entwickeln. «Das Mindeste, was der Bund tun kann, ist Aufklärungsarbeit zu leisten», fordert der SVS. Das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) sagt auf Anfrage, man werde «auf der Webseite nächstens Informationen betreffend Risiken beim Einkauf für den privaten Eigengebrauch auf Internetplattformen im Ausland aufzuschalten».

EU geht gegen illegale Produkte vor

In der EU ist 2019 eine neue Marktaufsichtsverordnung erlassen worden, welche die Problematik aufgreift. Online-Plattformen wie Wish und Aliexpress sollen belangt werden, wenn ihre Produkte nicht EU-konform sind. Der Spielwaren Verband Schweiz hofft, dass die Schweiz die Verordnung übernimmt.

Länder wie Dänemark, Norwegen, Schweden oder Finnland warnten schon 2018 vor billigem China-Spielzeug wie Squishies, weil sie gesundheitsgefährdende Chemikalien enthalten. Und was ist mit der Schweiz? Für das BLV «braucht es keine weiteren rechtlichen Bestimmungen». Bestellungen von Produkten auf ausländischen Internetplattformen «liegen in der Selbstverantwortung der Konsumentinnen und Konsumenten», teilt die Mediensprecherin mit. Einig geht man mit dem Spielwaren Verband Schweiz darin, dass man «mehr informieren und sensibilisieren» könne.

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So sehen die Produkte von Aliexpress aus
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So sehen die Produkte von Aliexpress aus
So sehen die Kabel aus. Sie wurden getestet und funktionieren alle. Bild: watson
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80 Rappen inklusiv Versand für ein Ladekabel aus China
Video: watson
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50 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Munchkin
24.10.2019 09:00registriert Januar 2019
China, Indien, Amerika und Co sind die grössten Umweltverschmutzer, desswegen sollte man vor Ort da was machen...."Uh ein Einhornshirt für 1.90 Franken auf Wish. Dass muss ich haben"
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Charlie Runkle
24.10.2019 08:58registriert August 2016
Nein wirklich? Ali verkauft fraglichen schrott?
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Scaros_2
24.10.2019 09:01registriert Juni 2015
Ou nai. Wer hätte auch denken können, dass sowas Gefährliche Substanzen hat die auch noch wirklcih schädlich sind.

Ich hätte schwören können bei Produkten von Wish und Aliexpress die nur 1 Fr. Kosten wäre Sicherheit GROSS geschrieben.

Einfach als Relation. In der Lebensmittelindustrie gibt es Prüfverfahren die man auch bei SQTS macht für Materialien die mit lebensmittel in Kontakt kommen.

Diese Test kosten schnell mal einen mittleren 4-stelligen Bereich "Pro Material" und Lebensmittelkategorie (gibt total 6 davon). Auch die Dauer auf dem Material sowie Temp. erhöhen die Anzahl Tests.
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