Fussball-Romantikern ist die Partie ein Graus. RB Leipzig empfängt im Achtelfinal der Champions League Manchester City. Zwei neureiche Klubs, die nur dank des Geldes so erfolgreich sind. So lautet das Vorurteil, welches bestimmt auch etwas Wahrheit beinhaltet, aber nur die finanziellen Vorteile als Grund für den sportlichen Erfolg anzuführen, ist nicht ausreichend. Aber wie haben die beiden Klubs innert kürzester Zeit so erfolgreiche Teams aufgebaut – und was können andere Vereine von ihnen lernen?
Der Klub aus Manchester wurde bereits 1880 gegründet und nannte sich 14 Jahre später erstmals Manchester City FC. Das Team mit den hellblauen Leibchen gewann 1937 und 1968 die englische Meisterschaft, viermal den FA Cup und in der Saison 1969/70 sogar den Europacup der Cupsieger. Danach hatte ManCity aber grosse Probleme, stieg 1998 gar einmal in die dritte Liga ab und war auch 2001/02 noch einmal in der zweithöchsten Klasse. In den Saisons vor der Übernahme durch die Abu Dhabi United Group im Jahr 2008 dümpelten die «Citizens» im Tabellenmittelfeld herum und befanden sich regelmässig im Abstiegskampf.
Bei Leipzig war dies nicht der Fall. Red Bull wollte zwar zuerst einen höherklassigen Verein kaufen, so seien die Zweitligisten St. Pauli, Düsseldorf und 1860 München mögliche Kandidaten gewesen. Doch aufgrund von Widerstand und Protesten von Vertretern der Klubs und den Fans wurde der Plan verworfen. Und so wurde in Leipzig im Jahr 2009 ein eigener Klub gegründet, das Startrecht des Fünftligisten SSV Markranstädt gekauft und RB Leipzig der vierte Klub in Red-Bull-Hand.
Der Klub, dessen Ausgaberekord zuvor bei etwas über 44 Millionen Euro lag, investierte bereits in der Saison 2007/08 unter einem thailändischen Investor knapp 80 Millionen Euro. Dann nach der Übernahme aus den Emiraten wurden gleich über 150 Millionen Euro in Neuzugänge wie Robinho gepumpt, doch am Ende der ersten Saison resultierte daraus dennoch nur der 10. Platz. In den drei Jahren danach wurden erneut insgesamt 420 Millionen Euro für neue Spieler ausgegeben, während nur knapp 110 Millionen Euro eingenommen wurden.
Am Ende der Saison 2011/12 wurden die «Skyblues» dann erstmals nach über 40 Jahren englischer Meister. Die Grossinvestitionen gingen weiter, regelmässig überstiegen die Ausgaben die Einnahmen um dreistellige Millionenzahlen. So konnten fünf weitere Meistertitel sowie acht nationale Pokalsiege eingefahren werden.
Bei den Deutschen sah dies selbstverständlich etwas anders aus. Der als Fünftligist gestartete Klub hatte zwar stets ein höheres Budget als die Konkurrenten, doch ging es bis zum Aufstieg in die 2. Bundesliga fünf Jahre nach Gründung, bis erstmals wirklich in Neuzugänge investiert werden konnte. Während der beiden Zweitligasaisons gab Leipzig jeweils rund 25 Millionen Euro aus. Nach dem Aufstieg klotzte der Klub des österreichischen Energy-Drink-Produzenten dann richtig und erreichte fast eine dreistellige Millionenzahl an Transferausgaben.
Dies resultierte dann schon in der Premierensaison in der Vize-Meisterschaft. Die Leipziger investierten zwar kräftig weiter, wurden aber aufgrund der strengeren Regeln im deutschen Fussball auch etwas ausgebremst. Durch Verkäufe von beispielsweise Naby Keita (60 Millionen Euro), Timo Werner (53 Mio.) oder Dayot Upamecano (42,5 Mio.) wurden auch immer wieder grosse Einnahmen generiert. In der Bundesliga kam Leipzig in Sachen Ausgaben und Marktwert des Kaders zwar fast an Borussia Dortmund heran, mit Krösus Bayern können es die Leipziger aber nicht aufnehmen. So dauerte es auch bis zum Cupsieg in der Saison 2021/22, dass der erste Titel gewonnen werden konnte.
Sowohl Leipzig als auch City werden von vielen Fussballfans seit der Gründung beziehungsweise der Übernahme durch die Investoren offen kritisiert und immer wieder mit Hass konfrontiert. Dies liegt auch daran, dass es beide Klubs mit den Regeln nicht so ernst nehmen. Manchester City wurden erst vor einigen Wochen von der englischen Liga Verstösse gegen die finanziellen Regularien vorgeworfen. Bereits im Jahr 2020 wollte die UEFA den Klub wegen des mangelnden «Financial Fair Play» für europäische Wettbewerbe sperren, doch das Urteil wurde am Internationalen Sportgerichtshof CAS abgeschmettert. Dass der Premier-League-Klub bei seinen Finanzen getrickst haben könnte, ist für viele wenig überraschend.
Bei RB Leipzig drehen sich die Kontroversen vor allem um die «50+1»-Regel, nach welcher der Verein die Stimmenmehrheit behalten muss. Die Leipziger umgehen die Regel aber, indem die Stimmenmehrheit beim eingetragenen Verein RasenBallsport Leipzig liegt, obwohl dieser nur ein Prozent am Klub hält. Damit hält der Verein die Regelung offiziell ein. Wie der «Kicker» schreibt, gilt es allerdings als quasi unmöglich, Mitglied des Vereins zu werden, «ausser für eng mit dem Getränkehersteller Red Bull, der die weiteren 99 Prozent der GmbH hält, verbandelte Personen». Auch Wolfsburg, Bayer Leverkusen und Hoffenheim entsprechen der Regel nicht. Sie haben jedoch Ausnahmegenehmigungen von der Deutschen Fussballliga. Wie Leipzig werden auch diese Klubs aus diesen Gründen von Fans der Traditionsvereine kritisiert.
Wenig beliebt sind auch die vielen Partnerklubs, welche sowohl City als auch Leipzig haben. So gehören auch Teams aus New York, Melbourne, Girona oder Troyes zur «City Football Group», der insgesamt elf Klubs unterstehen. Red Bull investierte vor Leipzig bereits in Salzburg, New York und Brasilien in einen Klub. So können Spieler hin- und hergeschoben werden, wobei dies bei Leipzig – vor allem im Zusammenspiel mit Salzburg – deutlich häufiger vorkommt als bei Manchester City.
Trotz der berechtigten Kritik an beiden Klubs gibt der Erfolg ihnen recht. Manchester City gehört auch ohne Champions-League-Titel zu den besten und erfolgreichsten Vereinen der Welt. So müssen sie also vieles richtig machen in der drittgrössten Stadt Englands. Nur können sich vor allem Teams wie Newcastle, die von saudischen Investoren übernommen wurden, daran orientieren, da der Weg mit sehr hohen Ausgaben verbunden ist.
Was jedoch positiv herausgestrichen werden muss, ist, dass Manchester City das Geld nicht einfach blind für die grössten Stars ausgibt, wie das manch andere Topklubs getan haben oder immer noch tun. Die «Citizens» verfügen spätestens seit der Ankunft vom zweifachen Welttrainer Pep Guardiola im Sommer 2016 über ein klares Konzept, in welches die Neuzugänge passen müssen. So soll um das Gerüst aus Superstars wie Kevin De Bruyne, Ruben Dias, Sergio Agüero oder nun Erling Haaland ein Team zusammengestellt werden, das perfekt zusammenpasst und den Vorstellungen des katalanischen Coaches entspricht. Guardiola holt mit seinem System dann aus jedem Spieler das Bestmögliche heraus.
Anders ist dies bei Leipzig. Oder besser gesagt bei den Red-Bull-Klubs als Ganzes. Vor allem Salzburg zieht immer wieder junge Talente an, welche ausgebildet und dann teuer verkauft werden können. So gingen beispielsweise Erling Haaland, Sadio Mané oder auch Karim Adeyemi durch die Salzburger Schule. Leipzig kann sich damit auch auf ein hervorragendes Scouting-Netzwerk verlassen. So befinden sich auch im aktuellen Kader der Leipziger Spieler wie Christopher Nkunku und Josko Gvardiol, welche verhältnismässig günstig verpflichtet werden konnten und ihren Wert beim Bundesligisten vervielfacht haben. Dass dies auch bei anderen Klubs funktionieren kann, zeigen in der Bundesliga beispielsweise Klubs wie der SC Freiburg oder Urs Fischers Union Berlin.
Ausserdem wird bei allen Klubs dasselbe Konzept und eine ähnliche Spielweise verfolgt. Diese wurde ursprünglich von Ralf Rangnick implementiert und beruht auf modernem Spiel mit Fokus auf hohem Pressing, schnellem Angriffsspiel und dem Spiel mit dem Ball.
Trainer, welche bei den Red-Bull-Teams ausgebildet wurden oder dort tätig waren, sind selbst bei Premier-League- oder anderen Bundesliga-Klubs beliebt. Damit wollen Klubs wie Southampton (Ralph Hasenhüttl, 2018 bis 2022), Leeds (Jesse Marsch, 2022 bis 2023) oder auch Mönchengladbach (Marco Rose, 2019 bis 2021) auch die erfolgreiche Red-Bull-Spielweise in ihren Klub bringen. So ist vor allem RB Leipzig trotz aller Kritik auch ein Vorbild für viele Klubs.
Ich glaube, dieses Konzept haben auch die anderen Clubs.
Aber trotzdem schön, wieder mal den Werdegang dieser 2 Clubs präsentiert zu bekommen.
Ich muss es zugeben, wenn Oligarchen- und Araberclubs in der Champions League ausscheiden, habe ich eine Scheissfreude.
Bezüglich Scouting, Ausbildung und Verkauf gibt es auch andere Clubs. Freiburg und Dortmund sind z.B die besten Beispiele.
Außerdem darf man nicht vergessen, dass es ausgerechnet diese Clubs sind, die den Transfermarkt sprengen. Seit dem Neymar-Transfer zu PSG ist der Transfermarkt nur noch pervers geworden und der war schon vorher kaputt.