Yannick Weber (35) ist ein weitgereister Haudegen aus dem Bernbiet. Erfahren aus 14 Jahren Nordamerika, mehr als 500 NHL-Spielen und Auftritten auf der ganz grossen Bühne: 2017 verliert er an der Seite von Roman Josi mit Nashville den Stanley Cup-Final.
Auf Erkundigungen nach einem Spiel antwortet er also mit der freundlichen und unerschütterlichen Professionalität, die aussergewöhnlichen Spielern eigen ist. Und doch irritiert ihn nach dem ersten Final ganz kurz die Frage einer Chronistin: Ob die Gefahr einer gewissen Überheblichkeit bestehe, weil bisher in diesen Playoffs alles so einfach und leicht sei.
Da muss der ehemalige SCB-Junior doch ganz kurz innehalten und insistieren. Er sagt, so einfach wie es scheine, sei die Sache denn doch nicht. Diese Episode erklärt uns die DNA der ZSC Lions und mit ziemlicher Sicherheit auch das Schicksal von Lausanne.
Statistisch scheint für die ZSC Lions in der Tat alles einfach und leicht zu sein: Inzwischen haben sie in den Playoffs 2024 neun (!) Siege aneinandergereiht. Nur einmal (im 3. Viertelfinal gegen Biel) mussten sie in die Verlängerung. In Rückstand geraten sind sie im Laufe eines Spiels auch nur zweimal gegen Biel, einmal gegen Zug und nun zum Finalauftakt gegen Lausanne.
Eine Statistik, die vermuten lässt, dass der Weg zum Titel für die ZSC Lions schon fast ein Spaziergang durch den Park wird. Aber so einfach ist es nicht. Die gute Bilanz verdanken die Zürcher einer ganz besonderen Qualität: Sie finden immer eine Lösung und sie haben mehr Spieler in ihren Reihen als ihre Gegner, die eine Lösung finden können. Zum Beispiel Yannick Weber.
Deshalb kann Lausanne zum Finalauftakt eine optimale Ausgangslage so wenig nützen wie Zug beim Auftakt zum Halbfinal. Die Parallelen sind nicht zu übersehen. Sie verheissen wenig Gutes für Lausanne.
Zug dominiert beim Halbfinal-Auftakt am 1. April die Zürcher im ersten Drittel nicht nur statistisch (9:8 Torschüsse) und führt dank einem Powerplay-Treffer von Niklas Hansson (14:39 Min.) bis zur «Halbzeit» 1:0. Aber dann geht es schnell: Rudolfs Balcers gleicht zum 1:1 aus (31:27 Min.) und Derek Grant trifft zum 2:1 (34:16 Min.). Am Ende gewinnen die ZSC Lions 5:2. Für die Zuger gilt: Dem Sieg so nah und doch so fern.
Lausanne dominiert beim Final-Auftakt die Zürcher im ersten Drittel nicht nur statistisch (12:11 Torschüsse) und führt dank einem Powerplay-Treffer von Damien Riat (14:39 Min.) fast bis zur «Halbzeit» 1:0. Aber dann geht es schnell: Yannick Weber gleicht zum 1:1 aus (28:34 Min.) und Derek Grant trifft zum 2:1 (31:27 Min.). Wieder folgt auf den ersten gleich der zweite Treffer mit der gleichen zwingenden Logik wie bei einem Gewitter auf den Blitzeinschlag ein Donnergrollen folgt. Dabei bleibt es. Weil Lausanne im Quadrat robuster ist als die Zuger fallen keine weiteren Tore. Aber auch für Lausanne gilt: Dem Sieg so nah und doch so fern.
Gegen Zug hat mit Rudolfs Balcers Lettlands Antwort auf Denis Malgin die Wende herbeigeführt. Das hat seine Logik. Seine Aufgabe ist es Tore zu erzielen. Gegen Lausanne findet Yannick Weber die Lösung. Das hat keine Logik. Seine Aufgabe ist es, Tore zu verhindern. Auf die Frage, ob es sein bisher wichtigster Treffer gewesen sei, sagt er bescheiden, wie es seine Art ist, es sei ein wichtiges Tor gewesen. «Wir hatten bis zu diesem Zeitpunkt Mühe. Das 1:1 hat unsere Verkrampfung gelöst.»
Yannick Webers Treffer hat nicht nur die DNA des ersten Finalspiels verändert. Dieses 1:1 hat womöglich die DNA dieses Finals programmiert. Eine Entscheidung ist der erste Sieg zwar noch lange nicht. Aber es ist der 9. Playoff-Sieg in Serie für die Zürcher. Es ist ein weiteres Erfolgserlebnis, das sie benötigen, um die Sicherheit und Ruhe zu bewahren, die sie noch brauchen werden, um drei weitere Siege einfahren zu können.
Vor zwei Jahren führten die ZSC Lions im Final gegen Zug 3:0 und am Ende holte doch Zug den Titel. Aber diese Geschichte wird sich nicht wiederholen. Die Zürcher haben jetzt mehr Spieler, die eine Lösung finden können. Yannick Weber war zwar 2022 auch schon dabei. Aber er ist jetzt noch besser. Vielleicht sogar so gut wie noch nie. Er hat in 9 Playoff-Partien nicht nur 2 Tore und 4 Assists beigesteuert. Er macht auch seine defensiven Hausaufgaben tipptopp und hat von allen Zürchern die beste Plus/Minus-Bilanz (+11).
2022 musste er sich in 18 Playoff-Spielen noch mit drei Assist und einer +2-Bilanz begnügen. Lausanne mag tapferer, mutiger, robuster und schlauer sein als zuvor Biel und Zug und dazu in der Lage, die ZSC Lions im Final zu besiegen. Im besten Fall zweimal. Aber nicht viermal.