Murat Yakin ist ein Sieger. Er hat bei seiner Aufstellung alles richtig gemacht.
Michel Aebischer ist ein Sieger. Er stand gegen Ungarn in der Startelf, gab ein traumhaftes Zuspiel zum 1:0 und schoss das 2:0 mit einem herrlichen Schlenzer.
Und Xherdan Shaqiri? Er ist auch ein Sieger, weil er ein Mitglied des Schweizer Kaders ist. Aber beim 3:1-Erfolg in Köln war er auf dem Rasen kein Faktor. Shaqiris Platz in der Startelf ging an Aebischer und «XS» kam auch im Verlauf der Partie nicht auf den Platz.
Seine Meriten sind unbestritten. Gerade an Welt- und Europameisterschaften war auf Shaqiri immer Verlass. Je grösser die Bühne, desto grösser seine Spiellust.
An der WM 2014 schoss er Honduras mit einem Hattrick ab. An der EM 2016 brillierte er mit einem fantastischen Seitfallzieher. 2018 schoss er an der WM das Siegtor gegen Serbien, an der EM 2021 erzielte er drei Treffer und beim nächsten Schweizer Sieg gegen Serbien, an der WM 2022, trug er sich ein weiteres Mal in die Torschützenliste ein.
Doch wie viel hat der Xherdan Shaqiri des Sommers 2024 noch mit diesem Spieler zu tun? Der Basler ist zwar erst 32 Jahre alt. Aber er spielt mittlerweile schon seit zweieinhalb Jahren nicht mehr in einer Top-Liga. Und bei Chicago Fire in der Major League Soccer erhält Shaqiri, der in den USA mehr als sieben Millionen Dollar pro Saison verdient, mässige Zensuren.
Diskussionen über seine Fitness wischte er am Donnerstag weg. «Es ist mir ein bisschen peinlich, auf diese Debatte zu antworten», sagte Shaqiri vor den Medien. «Wir sind alle Profis, wir kommen hierher, um durchzuspielen. Keiner von uns will nur Teilzeit arbeiten. Ein Spiel geht 90, 95 Minuten, jeder kann 90, 95 Minuten spielen, ich sehe da keine Probleme und bin bereit.»
Gegen Ungarn spielte Xherdan Shaqiri keine Sekunde. Trainer Murat Yakin zog es vor, andere Spieler für die Startelf zu nominieren und als Einwechselspieler auf den Platz zu schicken. In die Partie kamen nach 68 Minuten Verteidiger Leonidas Stergiou und Stürmer Zeki Amdouni, sie ersetzten positionsgetreu Silvan Widmer und 1:0-Torschütze Kwadwo Duah.
Sechs Minuten später entschied Yakin sich gegen Shaqiri und für den späteren 3:1-Torschützen Breel Embolo, als er Ruben Vargas ersetzte. Und als es in der Schlussphase darum ging, die Führung über die Ziellinie zu retten, brachte der Coach zum einen Vincent Sierro für Remo Freuler und zum anderen Fabian Rieder für Dan Ndoye.
Gerade dies erstaunte womöglich manchen Betrachter, bringt der 123-fache Nationalspieler Shaqiri doch für solche heiklen Momente viel mehr Erfahrung mit als der 22-jährige Rieder. «Es war einfach nicht der Zeitpunkt, Shaq zu bringen, weil wir unter Druck standen», erklärte Yakin.
Wie Shaqiri mit der Nichtberücksichtigung umgeht, ist offen. Als Stinkstiefel ist er nicht bekannt, doch sein grosses Selbstbewusstein wird dem ehemaligen Bayern- und Liverpool-Spieler bisweilen als Arroganz ausgelegt. Und er fiel auch schon als beleidigte Leberwurst auf.
Nachdem Stephan Lichtsteiner 2019 nicht mehr für die Nati aufgeboten wurde, spielte neu Granit Xhaka als Captain. Das brachte Shaqiri dem Vernehmen nach so auf die Palme, dass Xhaka danach meinte: «Wenn er damit wirklich ein Problem hat, darf er das Captain-Bändeli gerne haben. Mir spielt es keine Rolle, ob ich es habe. Ich will alles für das Team geben, egal, ob mit Bändeli oder ohne.»
Hat Shaqiris Absenz gegen Ungarn nun einen Einfluss auf die Stimmung im Nationalteam? «Am Schluss entscheidet der Trainer, jeder muss das akzeptieren, auch ich», sagte Shaqiri zwei Tage vor dem EM-Startspiel. Klar, was soll er in der Öffentlichkeit auch anderes sagen.
«Shaq ist wichtig, man spürt, dass er Verantwortung übernimmt und für diese Mannschaft lebt», betonte Murat Yakin nach dem Erfolg gegen Ungarn. «Wir werden jeden brauchen, auch ihn.»
Yakin hat sich gegen Ungarn als Taktikfuchs erwiesen. Der passionierte Schachspieler hat vielleicht schon den nächsten Zug vorbereitet. Und der könnte lauten: Xherdan Shaqiri, mit einer gewissen Portion Wut im Bauch, erhält im nächsten Spiel gegen Schottland Zeit, um der Schweiz zu zeigen, dass er noch da ist.
Shaqiri, der Spezialist für grosse Turniere. Denn wie sagte er vor dem EM-Start? «Eine Mannschaft braucht einen solchen Spieler. Einer, der aus dem Nichts Tore schiessen kann. Oder mit einem guten Freistoss. (…) Das ist ein Talent, das Spieler haben können. Und ich bin froh, dass ich es habe.»
sie haben es ohne ihn geschafft!
über gregor kobel oder die anderen die nicht spielten, verliert man kein wort. schade dass der fokus so auf ihn gelenkt wird. schreibt über ihn, wenn er gespielt hat...