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Carlos Alcaraz vor Basel-Start: «Habe eine Zielscheibe auf dem Rücken»

epa10191975 Spain's Carlos Alcaraz reacts during a match against South Korean tennis player Soonwoo Kwon during their men's single Davis Cup qualifying stage tennis match between Spain and S ...
Carlos Alcaraz ist die Attraktion bei den Swiss Indoors Basel.Bild: keystone
Interview

Carlos Alcaraz über Druck und Federer: «Habe eine Zielscheibe auf dem Rücken»

Weshalb Carlos Alcaraz sich vor dem Fernseher dafür entschied, in Basel zu spielen, wie die Nummer 1 der Welt mit den Erwartungen umgeht - und weshalb Alcaraz' Trainer wie ein Vater für ihn ist.
24.10.2022, 08:5924.10.2022, 12:33
Jakob Weber & Simon Häring / ch media
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Nach dem Rücktritt von Rekordsieger Roger Federer ist er die Attraktion der Swiss Indoors Basel: Carlos Alcaraz, 19-jähriger Spanier, US-Open-Sieger, jüngste Nummer 1 in der Geschichte, Gegenwart und Zukunft des Männertennis. In der Schweiz spielt er zum ersten Mal, auch als Junior war er nie hier. «Deshalb bin ich sehr aufgeregt», sagt Alcaraz am Samstag im Bauch der Basler St.Jakobshalle im Interview. «Ich freue mich sehr.»

Sie spielen erstmals in der Schweiz. Weshalb haben Sie sich für Basel und nicht etwa wie im Vorjahr für Wien entschieden?
Carlos Alcaraz: Ich wollte etwas Neues ausprobieren. Ganz ehrlich? Ich habe dieses Turnier schon oft im Fernsehen gesehen. Auf mich wirkte es wie ein wunderbarer Ort, an dem ich spielen will. Deswegen bin ich hier.

Dann haben Sie auch Roger Federer hier spielen sehen, der mit zehn Erfolgen Rekordsieger ist. War das mit ein Grund für Ihre Teilnahme?
Roger war eines meiner Vorbilder und eine grosse Inspiration. Ich hätte gerne gegen ihn gespielt. Und wie alle habe ich gehofft, dass ich Roger hier noch spielen sehe, vielleicht sogar noch gegen ihn antreten kann. Aber dass ich jetzt hier bin, hat nichts mit ihm zu tun (lacht). Ich wollte mit meinem Team in die Schweiz und dieses Turnier spielen.

Roger Federer und Carlos Alcaraz
Trainiert haben Roger Federer und Carlos Alcaraz zusammen. Zu einer Begegnung bei einem Turnier kam es hingegen nie.Bild: twitter

Nach Federers Karriereende sind Sie nun die grösste Attraktion des Turniers. Wie gehen Sie mit dieser Erwartungshaltung um?
Für mich hat sich seit dem US-Open-Sieg gar nichts verändert. Als Nummer 1 habe ich eine grosse Zielscheibe auf dem Rücken. Ich bin derjenige, den man schlagen will. Bei jedem Turnier. Für mich bleibt aber das Ziel: Ich will gut spielen und mein Bestes geben.

Empfinden Sie es als Bürde, dass von Ihnen der Sieg erwartet wird?
Gegen mich haben alle eine Portion Extramotivation. Das macht es zwar schwierig für mich, aber ich sehe es auch als Kompliment. Als Bürde würde ich es aber nicht betrachten. Und ja: Natürlich ist es mein Ziel, dieses Turnier zu gewinnen. Wie überall, wo ich antrete.

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Vier Tage vor Federers Rücktritt gewann Alcaraz das US Open.Bild: keystone

Und dann spendieren Sie den Ballkindern Pizza, wie Roger Federer das jeweils getan hat, wenn er gewonnen hat?
(Lacht). Nun, ich kenne die Traditionen hier nicht. Zuerst werde ich versuchen, das Turnier zu gewinnen. Und dann schaue ich weiter.

Sie haben im September die US Open gewonnen und wurden dadurch zur jüngsten Nummer 1 der Welt in der Geschichte des Männertennis. Können Sie beschreiben, wie sich Ihr Leben seither verändert hat?
Weil ich nach den US Open gleich im Davis Cup spielt, hatte ich keine Gelegenheit, richtig zu realisieren, was passiert war. Ich bin immer noch der gleiche Typ, der gleiche Carlos. Nichts hat sich verändert. Ich trainiere weiter, will mich verbessern. Das Einzige, was sich vielleicht verändert hat, ist mein Ziel: Ich will die Nummer 1 der Welt bleiben.

«Die Situation hat sich verändert. Aber nicht mein Leben.»

Spätestens seit Ihrem US-Open-Sieg ist der Hype um Sie riesig. Sie sind erst 19-jährig, stehen aber schon ganz oben. Wie gehen Sie damit um?
Ich versuche, mich davon nicht zu sehr in Beschlag nehmen zu lassen, und nicht zu sehr darüber nachzudenken. Ich sehe mich als sehr bodenständige Person, das ist mir wichtig. Ich liebe es einfach, Tennis zu spielen. Ich will das Tennis geniessen und Turniere gewinnen.

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Wo Carlos Alcaraz auftaucht, steht er im Mittelpunkt des Interesses.Bild: keystone

Und der Hype um Sie herum? Wie nehmen Sie diesen wahr?
Die Situation hat sich verändert. Aber nicht mein Leben. Ich habe immer noch die gleiche Familie, die gleichen Freunde, das gleiche Team. Deshalb bin ich auch immer noch der gleiche Mensch und der gleiche Spieler, der sich ständig verbessern will und hart trainiert.

Sie setzen auf ein grosses Team, auch Ihre Eltern sind oft bei Turnieren dabei. Wer begleitet Sie in dieser Woche nach Basel?
Mein Trainer, Juan Carlos (Ferrero, d. Red.) dazu Juanjo Moreno, mein Physiotherapeut. Dazu habe ich das Glück, dass mein Vater Carlos und mein Onkel dabei sind. Die Familie ist eine grosse Unterstützung für mich und es ist mir wichtig, sie um mich zu haben. Ich vertraue jedem von ihnen blind, weil ich sie schon um mich herum habe, seit ich ein Kind war, als ich in Murcia mit dem Tennis begonnen habe.

Eine besonders enge Beziehung haben Sie zu Ihrem Trainer, Juan Carlos Ferrero. Welche Rolle spielt er in Ihrem Leben?
Wir arbeiten seit vier Jahren zusammen. Natürlich wächst man da zusammen. Er ist wie ein zweiter Vater für mich, den ich alles fragen kann. Persönlich oder sportliche Themen betreffend. Er bedeutet mir alles. Ich versuche, möglichst viel Zeit mit ihm zu verbringen. Auch deshalb, weil er als ehemalige Nummer 1 der Welt vieles erlebt hat.

epa10183592 Spanish tennis player Carlos Alcaraz (L) next to his coach Juan Carlos Ferrero (R) take part in a training session ahead of the Davis Cup tennis match between Spain and Serbia, in Valencia ...
Für Carlos Alcaraz ist Juan Carlos Ferrero mehr als ein Trainer.Bild: keystone

Ferrero sagte nach Ihrem US-Open-Sieg, dass Sie erst 65 Prozent Ihres Potenzials ausgeschöpft haben. Das sind keine guten Nachrichten für Ihre Konkurrenz. Wo sehen Sie das grösste Verbesserungspotenzial?
Überall. Ich kann mich überall verbessern. Nur, wenn du jeden Tag an dir arbeitest, gehörst du vielleicht irgendwann zu den ganz Grossen. Ich glaube, das haben Rafael Nadal oder Novak Djokovic gezeigt. Bei mir ist das nicht anders. Ich trainiere jeden Tag, um besser zu werden. Mental, physisch, aber auch technisch. Ich bin erst 19 Jahre alt und habe noch jede Menge Arbeit vor mir.

Casper Ruud, die Nummer 3 der Welt und Ihr Gegner im US-Open-Final, ist auch hier in Basel. Denken Sie, dass es mit ihm eine ähnliche Rivalität geben kann, wie sie Federer, Nadal und Djokovic hatten?
(Überlegt) Casper ist jung und kämpft mit den Topspielern um Titel und die Nummer 1. Ich bin sicher, dass ich noch oft auf ihn treffen werde und wir in grossen Stadien um Titel spielen. Aber ob es eine so grosse Rivalität wie die zwischen Roger, Rafa und Djokovic werden wird? Es wird vermutlich schwierig, das zu wiederholen. (lacht)

epa10179087 Carlos Alcaraz of Spain (L) and Casper Ruud of Norway at the net after the men's final match at the US Open Tennis Championships at the USTA National Tennis Center in Flushing Meadows ...
Gegner im Final des US Open: Carlos Alcaraz und Casper Ruud.Bild: keystone

Ihr Sieg bei den US Open und der Rücktritt von Roger Federer steht für einen Generationenwechsel. Wen erwarten Sie künftig an der Spitze?
Es gibt viele gute junge Spieler. Wer die dominierenden Spieler der nächsten Jahre werden, ist schwierig zu sagen. Natürlich habe ich Jannik Sinner und Alexander Zverev im Kopf, gegen die ich schon unglaubliche Matches gespielt habe. Aber auch Daniil Medwedew, Stefanos Tsitsipas und Casper Ruud, auch wenn sie nicht mehr ganz so jung sind. Es gibt wirklich viele Spieler mit grossem Potenzial.

Bei Ihnen scheint sich fast alles ums Tennis zu drehen: Was machen Sie, wenn Sie daneben doch einmal etwas Zeit für sich haben?
Ich liebe es, Golf gegen Juan Carlos zu spielen (lacht). Manchmal auch an einem freien Tag während Turnieren. Ich geniesse es auch, mich mit Freunden oder der Familie zu erholen, in ein Restaurant zu gehen oder ein bisschen durch die Stadt zu spazieren. Das werde ich auch in Basel so handhaben. Irgendetwas gibt es jeden Tag zu tun. (lacht)

Sie sprechen gut Englisch. Überraschen Sie das Publikum in Basel vielleicht sogar mit ein paar Sätzen auf Deutsch?
Ich versuche, mich auch beim Englisch ständig zu verbessern. Bei den vielen Reisten benötige ich es oft. Deshalb nehme ich in Spanien auch hin und wieder Unterricht. Ich liebe Sprachen sehr und hoffe, dass ich irgendwann noch mehr beherrschen werde als Spanisch und Englisch. Und vielleicht werde ich schon diese Woche auf dem Center Court versuchen, ein paar Worte auf Deutsch ans Publikum zu richten.

Wer so erfolgreich Tennis spielt wie Sie und in der Öffentlichkeit steht, ist auch sehr interessant für Sponsoren. Jüngst zierten Sie die Titelseite der Modezeitschrift «Vanity Fair». Ist das etwas, das Sie auch geniessen?
Das ist Teil meines Jobs. Natürlich habe ich es genossen (lacht). (aargauerzeitung.ch)

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