Anfang dieses Jahres zitterte der FC Basel um den Klassenerhalt, zwölf Monate später ist er ein Meisterkandidat. Jetzt kommt für Präsident David Degen die Zeit der Besinnung.
Was wünschen Sie sich zu Weihnachten?
David Degen: Früher als Kind hatte ich Weihnachtswünsche, aber heute nicht mehr.
Was haben Sie sich als Kind gewünscht?
Spielzeug wie Lego. Wir haben nie so viel bekommen, wie wir uns gewünscht haben. Mein Vater war Handwerker, meine Mutter Gärtnerin, sie mussten drei Kinder durchbringen. Der Franken wurde bei uns zweimal umgedreht, ehe er ausgegeben wurde. Es ist zwar eine Floskel: Aber ich wünsche mir heute nur Gesundheit.
Was war das beste Geschenk, das Sie je bekommen haben?
Ich weiss es nicht.
Das erste Handy?
Das haben mein Zwillingsbruder Philipp und ich uns zusammen selbst gekauft – mit 16. Ein Handy mit Prepaid-Karte. Die Minute hat vermutlich um die 50 Rappen gekostet.
Wie verbringen Sie Weihnachten?
Wie immer in den letzten Jahren, gemeinsam mit der Familie. Den einen Abend bei der Schwester, den anderen bei den Eltern.
Wir hätten für Sie drei Vorschläge für einen Wunsch: Meistertitel, renoviertes Stadion oder neuer Hauptsponsor?
Meistertitel.
Echt? Die anderen beiden Dinge wären nachhaltiger.
Aber der Meistertitel ist das, was die Leute und auch ich unbedingt wollen. Die Meisterschaft kann ich nur bedingt beeinflussen, alles andere kann ich regeln. Der Klub braucht früher oder später den Meistertitel. Die Menschen hier sehnen sich danach.
Wie sicher sind Sie, dass es mit dem Titelgewinn klappt?
Ich rede nicht vom Meistertitel, sondern halte an unserer Zielsetzung fest: Top 6, Meisterrunde, und danach schauen wir weiter.
Warum so defensiv?
Natürlich will ich, dass wir in den nächsten zwei, drei Jahren den Titel wieder nach Basel holen. Aber wir wissen, woher wir kommen – und halten deshalb für den Moment am Ziel Top 6 fest.
Aber ist die Chance in dieser Saison nicht aussergewöhnlich? YB wird kaum nochmals derart katastrophal in die Saison starten.
Wir werden auch konstanter und besser. Und YB wird immer eine gute Mannschaft haben. Als FCB muss es stets unser Anspruch sein, oben mitzuspielen.
Bevor der FCB den nächsten Meistertitel holt, werden Sie als Präsident nicht zurücktreten.
Ich mache es nicht am Meistertitel, sondern an der Freude und der Energie fest, die ich verspüre. Mein oberstes Ziel ist es, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen vom Verwaltungsrat, den Klub nachhaltig auf wirtschaftlich gesunde Beine zu stellen. Und beim FCB soll die Leistungskultur zuoberst stehen. Ich habe den Anspruch, dass wir über alle Stufen die fittesten Teams haben. Fitness ist keine Frage von Talent, sondern von Fleiss, Disziplin und Wille. Ich werde immer dafür sorgen, dass wir bei uns keine Komfortzonen haben.
Das ist kein Alleinstellungsmerkmal, diesen Ansatz verfolgen auch andere Klubs.
Viele reden davon, aber machen es nicht. Die wichtigste Eigenschaft, um im Fussball Erfolg zu haben, ist, kompromisslos zu sein. Zu viele Menschen gehen mit sich selbst zu viele Kompromisse ein.
Sind Sie immer und überall kompromisslos?
Nein, das geht nicht. Aber ich bin zu 96 Prozent kompromisslos.
Leiden die Menschen um Sie herum darunter?
Ja, das könnte schon vorkommen.
Wenn Ihre Begleitung italienisch essen will, Sie aber thailändisch, muss es dann immer nach Ihrem Kopf gehen?
Nein. Sie verstehen mich falsch. Kompromisslos bin ich in Sachen Leistung. Der Beste spielt. Der Fitteste spielt. Heute ziehen wir die Laufeinheit durch, auch wenn die Spieler müde sind. Punkt. Das meine ich mit kompromisslos. Wissen Sie, was mich komplett nervt?
Nein.
Immer wieder die Diskussion um den roten Bereich. Kannten wir das früher? Nein. Interessierte auch keinen. Die meisten Trainer, vor allem in der Schweiz, stoppen das Training, wenn die Spieler gemäss den aktuellen Leistungsdaten im roten Bereich sind. Wissen Sie, was ich machen würde?
Nein.
Weiterspielen lassen, um die Leistungsgrenze nach oben zu verschieben. Wir legen noch einen drauf. Das meine ich mit kompromisslos. Kompromisslos bei Entscheidungen, kompromisslos in der Leistung. Und für mich bedeutet das: den knallharten Weg des Leistungsprinzips vorzuleben.
Ist Ihre Kompromisslosigkeit eine Erklärung für die hohe Fluktuation während Ihrer ersten zwei Jahre als FCB-Präsident? Waren die Menschen, die den FCB verlassen mussten, in Ihren Augen zu faul?
Es ist nicht so, dass wir im Vergleich zu anderen Klubs eine besonders hohe Fluktuation hatten. Wir waren gezwungen, aus Kostengründen den Apparat schlanker zu machen. Als ich übernommen habe, war das Konstrukt FCB sehr schief. Nehmen wir die Mannschaft: Wir hatten zu viele erfahrene und zu wenig junge Spieler. Aber das kann nicht der Weg eines Schweizer Klubs sein, der selbsttragend sein möchte. Wir nehmen nicht 50 Millionen pro Klub an TV-Geldern ein. Wir müssen einen Grossteil durch Transfers generieren. Und das gelingt selten mit älteren Spielern.
Hätte der David Degen aus dem Jahr 2021 den aktuellen Trainer Fabio Celestini im vergangenen September, als es nicht gut lief, entlassen?
Ich glaube nicht, nein.
Sind Sie gelassener geworden?
Ja, und viel klarer. Mein Ziel ist es, die richtigen Menschen an den richtigen Positionen zu haben. Wenn mir das gelingt, habe ich einen guten Job gemacht. Mit Sportchef Daniel Stucki habe ich einen gefunden, der die Werte des FC Basel konsequent lebt.
Warum nennen Sie den Trainer nicht in diesem Zusammenhang?
Weil ich nicht sein direkter Vorgesetzter bin. Stucki ist in jedem Training dabei. Ich habe in dieser Saison höchstens fünf gesehen. Deshalb verlasse ich mich punkto Trainer vollumfänglich auf das Urteil von Stucki. Mein Fokus liegt derzeit auf anderen Dingen: zum Beispiel auf dem Thema Hauptsponsor. Das hat eine sehr hohe Priorität.
Stucki ist derzeit Ihr Mann. Aber was ist mit Valentin Stocker, den man als Sportchef aufbauen will?
Stocker ist Mitglied der Sportkommission, und ich schätze seine Kompetenz sehr. Ich glaube, ihm ist aktuell wohl in seiner Rolle. Und falls er irgendwann mal Sportchef werden will, muss er das zeigen. Er bestimmt zum grossen Teil, wohin sein Weg führen wird.
Hat Stucki Sie geerdet?
Vielleicht. Was ich aber weiss: Er ist für uns der richtige Mann als Sportchef. Er macht einen Top-Job, hat alles im Griff, und das, ohne dass ich stets dahinter sein muss. Genau so, wie ich mir das vorstelle. Und er ist ein wichtiger Sparringpartner für mich.
Laut neuem Organigramm haben Sie nicht den Männer-, sondern den Frauenfussball unter sich. Werden Sie jetzt zum Frauenfussball-Experten?
Das ist ein vorübergehendes Thema.
Es ist löblich, dass die Frauen im FC Basel integriert sind.
Aber?
Sie gelten als einer, der stehts ans Business denkt, Geld verdienen will.
Ja, aber der Frauenfussball kostet uns aktuell noch viel.
Siebenstellig?
Ja.
Also ist es aus wirtschaftlicher Sicht ein Fehler, ein Frauen-Team zu haben?
Wir haben den Entscheid vor zwei Jahren getroffen und stehen weiterhin voll dahinter. Wir haben jetzt eine Juniorinnen-Abteilung, die es vorher in dieser Form nicht gab. Wir sehen den Frauenfussball als Teil des Klubs. Und viele Firmen und Institutionen reden nur von Frauenförderung im Fussball, machen aber nichts oder wenig. Aktuell haben wir zu wenige Sponsoren für die Frauen, der Case ist noch nicht dort, wo wir geplant haben.
Also engagiert man sich beim FCB nur aus Imagegründen im Frauenfussball?
Im Gegenteil. Wir machen das ernsthaft. Aber – und das ist ein Fakt: Wenn ich bei den Männern ein Defizit habe, weiss ich, wie wir dieses ausgleichen können
Mit Transfererlösen?
Genau. Aber bei den Frauen ist das Stand heute nicht möglich.
Kann der Frauenfussball in Basel irgendwann selbsttragend werden?
Das ist das Ziel. Gelingen kann es aber nur, wenn wir Business- oder Gönnerklubs konstituieren können und gute Sponsoren finden. Dass auch im Frauenfussball derart hohe Transfersummen bezahlt werden, wird wohl noch ein paar Jahre dauern.
Was erhoffen Sie sich von der Frauen-EM?
Beim FC Basel spüre ich nichts von einem Hype. Anders gesagt: Nur weil die Frauen-EM in rund sechs Monaten stattfindet, rennen uns die Sponsoren nicht die Türe ein.
Sie haben vorhin gesagt, die Suche nach dem Hauptsponsor hat bei Ihnen hohe Priorität?
Im Juni 2023 teilte uns Novartis mit, dass sie den 2025 auslaufenden Vertrag nicht verlängern werden. Seitdem war die Devise klar: Jetzt müssen wir Vollgas geben.
Wem haben Sie das gesagt?
Uns allen intern. Einen Hauptsponsor für einen Fussballklub zu finden, ist sehr schwierig geworden. Nicht für globale Marken wie Real Madrid oder Bayern München. Sondern für Klubs im Mittelsegment, wie den FC Basel.
Wie viel ist die Trikotbrust des FCB wert?
Das verrate ich Ihnen nicht.
Beim FC Aarau redet man von knapp 500'000 Franken pro Saison.
Also, um welchen Faktor ist der FCB grösser?
Sechs?
Okay, dann wären wir höher als das, was wir jetzt bekommen. Unabhängig dieser Zahlenspielerei müssen wir jetzt liefern.
Nehmen Sie wie einst der FC Zürich mit der dubiosen Firma Ante Pay jeden als Hauptsponsor?
Nein. Ich habe mich für einen seriösen Weg entschieden. Ich habe weder geschäftlich noch privat irgendwelche Leichen im Keller. Und das soll auch so bleiben. Es kommen nur gute, saubere Firmen auf unsere Brust.
Aber wann?
Ab der nächsten Saison. Aber – und da rede ich stellvertretend für alle Schweizer Klubs: Eine Migros, ein Coop, die kommen nicht zu uns. Die werden wohl nie einen einzelnen Klub sponsern, weil sie im ganzen Land tätig sind. Ähnlich verhält es sich mit vielen anderen Unternehmen auch. Das macht das Ganze in der Schweiz zusätzlich schwierig.
In welcher Branche sehen Sie dann mögliche Hauptsponsoren?
Beispielsweise für Versicherungen ist Publicity wichtig, sie müssen Bekanntheit schaffen. Weil für die Menschen bei der Wahl ihrer Versicherung der Wohlfühlfaktor mindestens genauso wichtig ist wie das Finanzielle.
Banken?
In der Schweiz gibt's noch eine Grossbank – und die ist schon bei der Nationalmannschaft.
Kommen wir zum Stadion: Ein neues, wie Sie es auf einer grünen Wiese gerne hätten, ist illusorisch. Aber Miete und Unterhalt für den St. Jakob-Park zerren. Zeichnet sich eine Lösung ab?
Das da drüben ist eine schwierige Sache. (Degen zeigt mit dem Finger durchs Fenster auf das Stadion.) Das Konstrukt aus Fussballstadion, Einkaufsflächen und Wohnraum ist nicht sauber auseinanderdividiert, viel zu kompliziert. Aber okay, ist nun mal so, akzeptieren wir.
Sie haben den Wunsch geäussert, dass Stadt oder Kanton das Stadion übernehmen und vom FCB Miete erhalten. Warum sollte die öffentliche Hand das tun?
Noch besser: Wir machen es wie Union Berlin, gründen eine Genossenschaft, an der die Fans Anteilscheine kaufen können. Und wir als FCB zahlen Miete. Sehen Sie: Wir Verwaltungsräte wollen aus dem FCB ein modernes und sauberes Konstrukt schaffen. Dabei ist das Stadion ein essenzieller Bestandteil.
Also: Welche realistischen Ideen schweben Ihnen vor?Den maximalen kommerziellen Nutzen des Gebäudes hinkriegen. Das Stadion muss sieben Tage die Woche Geld verdienen, nicht nur an Spieltagen.
Welches Potenzial für Mehreinnahmen sehen Sie?
Indem wir zusätzliche Flächen schaffen. Für Wohnraum, Büros, Einkaufsläden und so weiter.
Wie soll das gehen?
Es ist noch längst nicht alles ausgereizt. Für meine Idee wäre es von Vorteil, wenn es für den ganzen Komplex, St. Jakob-Stadion und -Turm, einen Besitzer gäbe. Heute sind es vier. Ziel für einen einzelnen Besitzer müsste dann sein, dass der Komplex so viel Geld abwirft, dass die Mieteinnahmen für den Fussballbetrieb «nice to have» sind, aber sicher nicht mehr überlebenswichtig.
Sie denken eigennützig: Die Mietkosten für den FCB würden massiv sinken.
Natürlich. Aber gleichzeitig würde alles Drumherum viel mehr abwerfen. Ich garantiere, das Stadion birgt viel mehr Einnahmequellen als nur den FCB – man muss sie nur anzapfen. Dafür kommt man um einen Umbau nicht herum.
Auf Kosten der heutigen Zuschauerkapazität von 36'000?
Weniger Plätze ja, aber kein Rückbau, sondern Sitzplätze mit mehr Komfort. Das Joggeli wird das grösste Stadion im Land bleiben. Diesen Titel geben wir nicht her. (Lacht.)
Apropos Stadion: Der FCB muss im Mai für den ESC und im Juni/Juli für die Frauen-EM Platz machen. Von den ESC-Veranstaltern gibt's nach dem Event einen neuen Rasen, oder?
Vom kantonalen Swisslos-Fonds gab es, wie schon für viele Projekte in der Vergangenheit, auf Antrag einen Zustupf. Aber den Grossteil der Ausgaben im letzten Sommer für besseres Licht und den neuen Rasen-Unterbau haben wir getragen. Trotzdem ist der Rasen Stand heute in einem miserablen Zustand.
Warum?
Nächste Frage!
Ist es für den FCB lukrativ, das Stadion der Uefa für die EM zur Verfügung zu stellen?
Nein, es ist ein Nullsummenspiel. Wir erhalten pro Spiel einen Betrag. Dafür müssen wir ab Mitte Juni bis am Tag nach dem Final komplett ausziehen.
Was, wenn der FCB in dieser Zeit in der Europacup-Qualifikation ranmuss?
Die Uefa erlaubt dem FCB ein Quali-Spiel während der Frauen-EM im St. Jakob-Park. Alles andere wäre absurd, es sind ja beides Uefa-Wettbewerbe.
Und am ESC – wird man David Degen beim Public Viewing im St. Jakob-Park tanzen sehen?
Nein – nur schon weil ich nicht tanzen kann. Aber dabei sein werde ich vielleicht trotzdem. Conradin Cramer (Regierungspräsident Basel-Stadt; d. Red.) hat uns angefragt, und wir haben ohne Zögern erwidert: «ESC in Basel – im Joggeli? Müssen wir machen!» Ein solcher Mega-Event kommt einmal in 200 Jahren nach Basel. Für uns ist es alles andere als ein Geschäft, wir tun der Stadt einen Gefallen.
Ganz Europa schaut während der ESC-Woche auf Basel: Gibt es gar keine Möglichkeit für den FCB, daraus Profit zu schlagen?
Ich bin Unternehmer, ich nehme jeden Franken noch so gerne. Jetzt kommt das Aber: Für den ESC geben Stadt und Kanton 37,5 Millionen aus – davon sehen wir als FCB nichts.
Der FCB legt also drauf?
Im Optimalfall kommen wir mit einer schwarzen Null raus. Wir erhalten eine Miete, aber längst nicht den Betrag, der einem solchen Event angemessen wäre. Sie müssen sehen: Wir geben das Stadion sieben Tage lang ab.
Kommen Sie sich also mit Blick auf den ESC und die Frauen-EM als Gönner vor?
Ein bisschen, ja. In Basel herrscht immer noch bei vielen die Meinung, der FC Basel nimmt Millionen ein, die haben ja das Geld. Letzten Sommer haben wir viele Millionen auf dem Transfermarkt eingenommen, aber die sind der Lohn für unsere tägliche Arbeit, und der Club braucht das Geld, um zu überleben. Jeden Franken Gewinn müssen wir zur Seite legen für schwierigere Zeiten.
Wenn wir schon dabei sind: Ist der FCB mittlerweile gesund?
Es geht ihm wesentlich besser als vor drei Jahren, als wir ihn übernommen haben. Da, wo wir hinwollen, sind wir noch nicht. An ein paar Stellschrauben haben wir noch nicht gedreht.
Nämlich?
Bei der Organisation der Heimspiele sparen wir mittlerweile einige Millionen ein, aber noch nicht genug. Vor allem aber müssen wir die Einnahmen steigern.
Im Bereich «Transfers» wurde dieses Jahr mit rund 60 Millionen Franken der Peak erreicht – einverstanden?Transfereinnahmen zählen nicht, die sind volatil. Ziel muss es sein, das strukturelle Defizit auf maximal 5 Millionen zu reduzieren – und dieses muss mit Transfereinnahmen gedeckt werden. Im Bereich «Hospitality» sehe ich riesiges Potenzial. Wir haben soeben die 20'000er-Marke an verkauften Trikots geknackt und damit schon vor Weihnachten einen Allzeit-Rekord erreicht.
Dank Xherdan Shaqiri.
Auch. Aber es bedeutet den Menschen generell wieder etwas, im FCB-Trikot durch die Stadt zu laufen. Das macht Freude, das bestätigt uns in unserer täglichen Arbeit! Und jedes verkaufte Trikot macht es für potenzielle Sponsoren interessanter, bei uns einzusteigen.
2023 hat der FCB knapp 7 Millionen Franken Gewinn geschrieben. Wie sieht es für 2024 aus?
Es wird wieder einen Gewinn geben.
Fliesst dieser Gewinn an Sie und Ihre Verwaltungsrats-Kollegen? Dieses und vergangenes Jahr mussten sie kurzfristig Geld einschiessen.
Zur kurzfristigen Wahrung der Liquidität. Es hätte andere Möglichkeiten gegeben, aber den Klub in Abhängigkeiten zu bringen und Zinsschulden zu generieren, das wollten wir nicht. Zu Ihrer Frage: Nein, bis auf weiteres sind keine Rückzahlungen an die Besitzer vorgesehen.
Haben Sie auch Geld eingeschossen?
Ja. Wie viel, bleibt geheim.
Sind Sie eigentlich beim FC Basel angestellt?
Nein. Ich reiche jedes Jahr eine Rechnung für meine Dienste für den Klub ein.
… und nicken diese Rechnung als Präsident ab.
Die Rechnung basiert auf marktüblichen Dimensionen.
Also ein siebenstelliger Betrag?
Wo denken Sie hin? Bei weitem nicht! Aber ich wage zu behaupten: Der Betrag erreicht längst nicht die Mittel, die ich durch meine Arbeit dem FCB beschafft habe.
Nochmals zur Frage von vorhin: Sie und die anderen Verwaltungsräte haben anfangs nicht verhehlt, dass das Engagement beim FCB Gewinn abwerfen soll.
Das mag vor drei Jahren noch so gewesen sein. Aber wir haben dazugelernt – vor allem eines: Der FC Basel ist kein Spielzeug. Sondern ein Klub mit zahlreichen Interessensgruppen, der viel Feingefühl verlangt. Darum kann ich heute mit gutem Gewissen sagen: Unser primäres Ziel ist es nicht, mit dem FCB Geld zu verdienen.
Aber mindestens die Summe, die Sie alle investiert haben, soll wieder zurückfliessen, wenn Sie die Aktien irgendwann weiterverkaufen.
Das ist selbstredend. Wenn wir irgendwann gehen, soll der Klub genug Reserven haben und gesund aufgestellt sein. Übrigens …
Ja?
Die Uefa wird ab nächstem Jahr die Schraube bezüglich «Financial Fairplay» massiv anziehen. Tricksereien mit Sponsoringeinnahmen via Besitzerschaft liegen nicht mehr drin. Es wird in Zukunft einige Klubs geben, die deshalb vom Europacup ausgeschlossen werden. Ich unterstütze diesen Weg zu 100 Prozent: Ein Fussballklub darf nicht auf Pump leben.
Dazu ein hypothetisches Beispiel: Eine Fluggesellschaft aus dem arabischen Raum offeriert 10 Millionen Franken, wenn dafür der Schriftzug des Unternehmens auf dem Trikot prangt. Nehmen Sie das Geld, auch wenn das massiv überbezahlt ist?
Wenn es reines Sponsoring ist, kein Investment – dann würden wir es sicher prüfen. Alles andere wäre gelogen und heuchlerisch.
Wie wollen Sie mehr Einnahmen generieren?
Aus Solidaritätsgründen erhalten alle Super-League-Klubs gleich viel TV-Geld. Das ist okay. Aber als grösster und bekanntester Klub des Landes haben wir viel mehr Möglichkeiten als andere, mit Selbstvermarktung Geld zu verdienen. Im ersten Quartal des nächsten Jahres wollen wir die ersten Schritte in diese Richtung gehen.
Verraten Sie uns etwas?
Der FC Basel mobilisiert Massen. Zigtausende Menschen sind mit uns emotional verbunden. In diesem Bereich liegt für alle Fussballklubs der Welt, zum Beispiel im digitalen Bereich, finanziell sehr viel drin.
Ganz ehrlich: Wir stehen auf dem Schlauch …
Ein Beispiel: Der FCB verdient mit seiner digitalen Reichweite heute keinen Rappen. Das muss sich ändern. Ein Fussballklub muss sieben Tage die Woche Geld verdienen, nicht nur ein- oder zweimal neunzig Minuten pro Woche.
Einfacher wäre es, mehr Saisonkarten zu verkaufen.
In dieser Saison sind es knapp 16'000. Das ist zu wenig. Gleichzeitig kann die Saisonkarte wertvoller sein, sie kann mehr beinhalten als den Eintritt zu unseren Heimspielen.
Zurück zu Ihrer Zukunft: Wird es den Funktionär David Degen bei einem anderen Klub als dem FCB geben?
Stand heute nicht. Generell kann man mich nicht mit einem hohen Lohn kaufen. Ich bin Unternehmer und würde es mir nur gegen Aktienanteile überlegen.
Um zurück zum Beginn des Gesprächs zu kommen: Haben Sie eigentlich den Wunsch, irgendwann mit einer eigenen Familie Weihnachten zu feiern?
Schwieriges Thema.
Schwierig?
Ich pflege einen speziellen Lebensstil. Abgesehen von meinen unternehmerischen Tätigkeiten gibt es wenig in meinem Leben. Das heisst, ich muss auf keine Kinder und keine Partnerin Rücksicht nehmen.
Wären Sie denn überhaupt bereit, Rücksicht zu nehmen?
Grundsätzlich schon. Andererseits habe ich noch so viele Ziele im Leben – und der Tag hat nun mal nur 24 Stunden. Fakt ist: Ich möchte unbedingt Kinder. Und ich weiss, dass es bald einmal passieren muss. Sonst bin ich zu alt.
Was erwarten Sie von einer Partnerschaft?
Ich stehe für gewisse Werte. Dazu gehört der Leistungsgedanke. Wenn ich morgens um 6 Uhr aufstehe und ins Gym gehe, wäre es toll, wenn mein Gegenüber ebenfalls aktiv in den Tag startet sowie Ziele und Pläne im Leben hat. (riz/aargauerzeitung.ch)