Am Sonntagmorgen teilt Aleksander Kilde ein Bild aus dem Krankenhaus und schreibt: «Ich bin hier und zusammengeflickt.» Der Norweger hat sich bei seinem Sturz im Ziel-S der Lauberhornabfahrt weniger schlimm verletzt als befürchtet.
Zurück bleiben Prellungen. Eine Schnittwunde an der Wade und eine ausgekugelte Schulter wurden bereits operiert. Kilde schreibt: «Dieser Sport kann brutal sein, aber ich liebe ihn noch immer.»
I’m here (and being taken care of by the one and only @MikaelaShiffrin ❤️🩹)…patched up…thank you so much for all of the messages. I’m grateful for all the words of love and support. This sport can be brutal, but I still love it. 🙏🏻
— Aleksander Aamodt Kilde (@AleksanderKilde) January 14, 2024
Will share more later. pic.twitter.com/CNwkHzJz0q
Dreimal an drei Tagen flog der Rettungshelikopter über den Zielraum von Wegen. Am Donnerstag wurde Marco Kohler ins Krankenhaus gebracht. Diagnose: Totalschaden im Knie. Am Freitag traf es Alexis Pinturault. Auch er erlitt einen Kreuzbandriss. Am Samstag ist Kilde an der Reihe.
Im TV ist zu hören, wie Marco Odermatt sagt: «Ich hoffe, dass es eine Lektion ist, hier nie mehr drei Rennen zu fahren.» Es ist seine Antwort auf die Frage, die sich in Wengen viele aus dem Skiweltcup stellen: War das alles zu viel?
Die meisten haben eine klare Meinung: «Ja», sagt FIS-Renndirektor Markus Waldner. «Ja», sagt OK-Präsident Urs Näpflin. Deutlicher wird Christian Schwaiger, der Cheftrainer des deutschen Männerteams. «Wenn wir die Wochenenden so mit Rennen überfrachten, fordern wir heraus, dass noch richtig schlimme Dinge passieren», sagte er der Deutschen Presseagentur. Was, sagte er nicht. Aber es ist klar, was er meint: Tote.
Bei der Frage, wer schuld ist an der derzeitigen Situation, landet man schnell bei einem Mann: Johan Eliasch. Der Schwede ist seit Juni 2021 Präsident des Internationalen Skiverbandes und hat seither nur ein Ziel: den Skisport grösser und globaler machen. Das Motto: immer mehr. Der Fussball dient als Vorbild. Was jene, die täglich mit dem Skiweltcup um die Welt reisen, davon halten, ist kein offenes Geheimnis: überhaupt nichts.
Ganz direkt will zwar niemand Eliasch nennen. Aber es passiert zwischen den Zeilen. Odermatt sprach in Val d'Isère von Clowns bei der FIS. Waldner sagt: «Solange der Weltcupkalender so überladen ist, werden wir unter meiner Führung keine Rennen mehr nachholen.» 13 Abfahrten waren für diesen Winter geplant. 45 Rennen insgesamt. Schwaiger sagt: «Das Programm, das wir derzeit fahren, ist Wahnsinn. Das Übel startet bei der Kalenderplanung. Diese machen leider nicht Experten, sondern andere.»
Seit 1967 gibt es den Weltcup. Meistens wurden deutlich weniger Rennen gefahren. Doch ein einsamer Rekord ist dieser Winter nicht. In der Saison 1985/86 wurden schon einmal 13 Abfahrten durchgeführt. Für die Saison 2015/16 wurden sogar 46 Rennen geplant, 44 Rennen fanden statt, darunter 11 Abfahrten. Und auch drei Speedrennen in Wengen gab es schon. 2022 fanden ebenfalls zwei Abfahrten und ein Super-G statt.
Ist die Kritik an der FIS also gar nicht berechtigt? Fehlt den Athleten vielmehr die Selbstverantwortung? Schliesslich gibt es keinen Zwang, ein Rennen zu bestreiten. Kilde war in dieser Woche angeschlagen. Hat er sich übernommen? Odermatt sagte in Val d'Isère: «Wenn ich ein Rennen auslasse, ist der Disziplinensieg vielleicht weg.» Diese Denkweise ist nachvollziehbar. Für die Athleten geht es um viel. Nicht zuletzt um Geld.
Waldner betont darum auch immer wieder, dass es die Athleten sind, die Ersatzrennen fordern. Swiss-Ski-Präsident Urs Lehmann sagt: «Es ist doch paradox, wenn ein Athlet sagt, er verdiene zu wenig, sich dann aber über Rennen beschwert.»
Wer ist also schuld? So einfach ist die Antwort nicht. Es bräuchte den Dialog. Die Unzufriedenheit der Athleten über die FIS ist spürbar. Athleten wie Odermatt oder Kilde scheuen sich nicht, ihre Meinung zu äussern. Dafür verdienen sie Applaus. Aber hört die FIS zu?
Es wäre zu wünschen, dass der Internationale Skiverband die Athleten deutlicher in die Planung miteinbeziehen würde. Gleichzeitig müssen sich die Sportler bewusst machen, dass ihre Forderungen widersprüchlich sind. Im Moment wird viel kritisiert und wenig gesprochen. Eine Lösung kann es allerdings nur gemeinsam geben. Also sollten alle Parteien an einen Tisch.
So hat man die ganze Zeit stress, die 2 Rennen noch nachzuholen.
Ein Odermatt oder Kilde steht nicht wegen der Kohle an jedem Start, die pushen sich so sehr mit so hoher Konstanz, wenn einer auf ein Rennen verzichtet ist die Kugel vielleicht schon weg. Odermatt läuft die zweite Saison auf einem 80er Punkte Schnitt!