Keine Frage: Novak Djokovic ist der Mann der Stunde. Nach dem Australian Open und Indian Wells gewinnt die serbische Weltnummer 1 auch das Masters-1000-Turnier von Miami. Als erster Spieler der Geschichte schafft er damit zum dritten Mal das Double Indian Wells/Miami.
Mit seinem dritten Titel des Jahres festigt Djokovic auch seine Position an der Spitze der Weltrangliste. Mit einem Riesenvorsprung von 3180 Punkten nimmt der «Djoker» seine insgesamt 141. Woche als Weltnummer 1 in Angriff. Damit liegt er nun gleichauf mit Rafael Nadal.
Djokovic spielt derzeit das beste Tennis seiner Karriere. Ausser dem 33-jährigen Roger Federer kann ihn derzeit niemand so richtig fordern. Nicht die jungen Wilden um Milos Raonic, Kei Nishikori und Grigor Dimitrov. Nicht der formschwache Rafael Nadal. Nicht Andy Murray, den Djokovic jetzt sieben Mal in Serie geschlagen hat.
Doch was macht Djokovic so stark? Zunächst einmal hat der Serbe fast das komplette Schlagrepertoire, das es zum absoluten Topspieler braucht. Zusammen mit Rafael Nadal ist der «Djoker» der beste Grundlinien-Spieler der Welt. Beim Return hat die Weltnummer 1 neue Massstäbe gesetzt: Dank seiner beeindruckenden Beinarbeit bringt er die unmöglichsten Bälle zurück und auch seinen zweiten Aufschlag sowie die früher nicht so beständige Vorhand verbessert er laufend.
Ausserdem hat der 27-Jährige mental grosse Fortschritte gemacht. Immer wieder gab es früher diese Djokovic-Momente, bei denen er kopfschüttelnd über den Platz lief und für kurze Zeit den Faden verlor. Diese hat er weitgehend abschalten können. Sein Nervenkostüm ist beeindruckend, kaum einer verkraftet Rückschläge so gut wie er. Seine einzige Schwäche bleibt das Netzspiel, aber das kann Djokovic in Anbetracht seiner Stärken locker wegstecken.
Sind wir momentan also mitten in der Ära Djokovic? Vieles deutet darauf hin. Bis Wimbledon ist seine Position an der Weltranglisten-Spitze nicht gefährdet. Danach hängt alles von seinen Leistungen ab. Spielt der Serbe so weiter wie bis jetzt, wird er noch viele Wochen ganz oben stehen. Ist also auch Roger Federers Rekord von 302 Wochen als Weltnummer 1 in Gefahr? Oder bringt am Ende nicht Rafael Nadal, sondern Novak Djokovic seine Bestmarke von 17 Grand-Slam-Titeln ins Wanken?
Beides scheint derzeit unwahrscheinlich. Wie die untenstehende Grafik aufzeigt, war Federer im gleichen Alter bereits deutlich erfolgreicher. Mit 27 Jahren und 319 Tagen – so alt ist der «Djoker» heute – hatte der Schweizer sechs Grand-Slam-Titel und fast 100 Wochen (zwei Jahre) als Weltnummer 1 mehr auf dem Konto.
Um Federer in Bedrängnis zu bringen, müsste Djokovic also noch mehr als drei Jahre den Tennis-Zirkus beherrschen. Eine lange Zeit, in der viel passieren kann: Macht einer der jungen Wilden den grossen Sprung nach vorne? Überwindet Rafael Nadal sein Tief? Spielt Federer im Spätherbst seiner Karriere noch einmal gross auf? Wenn wir alle diese Fragen mit «Nein» beantworten müssen und Djokovic sein Niveau halten kann, dann – und nur dann – sind Federers Rekorde in ernster Gefahr.