An der letzten alpinen Ski-WM in Cortina d'Ampezzo waren es vorwiegend die Frauen, die mit drei goldenen, einer silbernen und zwei bronzenen Medaillen überzeugten. Da war die Ausbeute der Männer (dreimal Bronze) insbesondere gemessen an den Erwartungen fast schon enttäuschend. Das ist natürlich Klagen auf hohem Niveau, aber dieses Jahr in Frankreich sind die Vorzeichen etwas umgekehrt.
Bei den Männern hat die Schweiz in jedem einzelnen Rennen beste Medaillenchancen – auch in der Kombination und im Parallel-Rennen, wo es dieses Jahr keine Weltcup-Events gab.
Die Knieverletzung in Kitzbühel war ein kurzer Schock. Doch mit seinen zwei Super-G-Siegen in Cortina d'Ampezzo vergangenes Wochenende hat Marco Odermatt bewiesen, dass er für die WM bereit ist. Im Super-G und dem Riesenslalom ist der Führende in beiden Disziplinenwertungen Topfavorit, in der Abfahrt mindestens Medaillen-Kandidat. Ob er auch in der Kombination und im Parallel-Event am Start stehen wird, ist noch offen.
Podestplätze in drei verschiedenen Disziplinen. Auch Loïc Meillard ist ein ganz heisses Eisen im WM-Feuer. Im Slalom, Riesenslalom, der Kombination und dem Parallel-Rennen ist er Medaillen-Kandidat. Kommt er im Super-G ins Ziel, ist ebenfalls vieles möglich. Nach dem sensationellen Sieg im Schladming-Riesenslalom waren die zwei Nuller in Cortina ein leichter Dämpfer.
Rechtzeitig auf die WM-Saison hat Daniel Yule seine Form wieder gefunden. Siege in Madonna di Campiglio und Kitzbühel und ein dritter Platz in Levi hat er in dieser Saison bereits herausgefahren. Zuletzt in Schladming ausgeschieden, aber im WM-Slalom ist mit dem Westschweizer zu rechnen.
Mit dem zweiten Platz beim Doppelsieg im Riesenslalom von Schladming hinter Meillard hat Gino Caviezel ein Ausrufezeichen gesetzt. In dieser Disziplin gehört er auch an der WM zu den erweiterten Medaillen-Kandidaten. Im Super-G müsste bei Caviezel viel aufgehen, dass es zu Edelmetall reicht, die Resultate letztes Wochenende in Cortina waren etwas enttäuschend. Bei den Parallel-Bewerben ist es ihm noch nie aufgegangen.
Seit dem 2. Platz im Super-G von Wengen ist bei Stefan Rogentin etwas der Wurm drin. In Kitzbühel und Cortina hat er in vier Rennen nur einmal die Top 20 erreicht. Eine Super-G-Medaille ist möglich, doch es muss alles zusammenpassen. Wird wohl auch in der Abfahrt starten dürfen, doch da sind die Chancen geringer als im Super-G.
Die Form in der Abfahrt stimmt, mit dem dritten Platz beim Klassiker in Kitzbühel. Die Abfahrtstrecke in Courchevel könnte etwas für den Zürcher sein, doch bei der Hauptprobe vor einem Jahr schied er aus.
Rechtzeitig auf die WM ist Ramon Zenhäusern in Form gekommen. Das hat er mit dem 2. Platz im Slalom von Schladming, einer Strecke, die ihm nicht entgegenkam, bewiesen.
Bitter für Murisier: Im Super-G, seiner mittlerweile besten Disziplin, wird ihm Gino Caviezel als vierter Starter vorgezogen. Dafür dürfte er in der Abfahrt und im Riesenslalom gute Chancen auf einen Startplatz haben. Die Form stimmt, aber eine Medaille wäre eine Überraschung.
Mit einem Sieg im Europacup hat er unlängst Selbstvertrauen getankt. Für einen WM-Start müsste er sich im Abfahrtstraining gegen Alexis Monney und Justin Murisier durchsetzen.
Er ist der Aufsteiger im Schweizer Speed-Team. Mit 23 Jahren muss Alexis Monney seinen ersten WM-Start aber noch im Abfahrtstraining verdienen.
Kommt er ohne grösseren Bock ins Ziel, ist Slalom-Spezialist Marc Rochat eigentlich immer schnell. Das hat er mit den Plätzen 6 in Levi, 7 in Garmisch und 9 in Adelboden bewiesen. Ob er an der WM starten darf, entscheidet sich morgen Samstag beim Weltcup-Rennen in Chamonix.
Er hat im Kampf um den letzten Slalom-Startplatz gegen Rochat die schlechteren Karten und bräuchte morgen in Chamonix einen grossen Exploit. Ansonsten darf er vermutlich nur in der Kombination starten, dort wurde er 2017 in St.Moritz Weltmeister.
Tumler hat höchstens im Parallel-Rennen und im Team-Event Startchancen. Einen Formstand gibt es da nicht, aber 2020 fuhr er in einem Parallel-Riesenslalom in Chamonix einen 2. Platz heraus.
Für den 14. Platz bei den Männern kämen noch Livio Simonet, Sandro Simonet, Tanguy Nef und Fadri Janutin in Frage.
Auch bei den Frauen hat das Swiss-Ski-Team bei jedem Rennen die Chance auf eine Medaille. Im Gegensatz zu vor zwei Jahren gibt es allerdings auch gewisse Fragezeichen.
Nicht so bei Lara Gut-Behrami. Die Tessinerin ist Titelverteidigerin im Riesenslalom und im Super-G und befindet sich in Topform. Im Riesenslalom konnte sie zuletzt gar Mikaela Shiffrin an ihre Grenzen bringen. Im Super-G zählt sie immer zu den Topfavoritinnen. Und zuletzt in Cortina hat sie sich auch in der Abfahrt dem Podest wieder genähert (4. und 5. Platz).
Ausgerechnet im letzten Rennen vor der WM erlitt Wendy Holdener einen ihrer seltenen Dämpfer. Im zweiten Slalom von Spindlermühle machte sie einen derart grossen Fehler, dass sie den zweiten Lauf verpasste. Ansonsten stimmt die Form. Zwei Saisonsiege und ein dritter Platz im Slalom. Mit Rang 15 im Super-G von Cortina hat die Schwyzerin auch gezeigt, dass sie bereit ist, ihren dritten WM-Titel in der Kombination anzugreifen. Im Riesenslalom dürfte mit der 29-Jährigen weniger zu rechnen sein als im Parallel-Rennen.
Auf Salomon will es noch nicht richtig funktionieren. Michelle Gisin schlägt sich schon den ganzen Winter mit den Mühen des Markenwechsels herum. Zuletzt zeigte die Form aufwärts (Rang 9 im Slalom von Spindlermühle), doch ausnahmsweise ist die Engelbergerin keine absolute Spitzenkandidatin auf Medaillen. Die besten Saisonergebnisse erzielte sie im Super-G. Auch in der Kombination ist mit ihr jederzeit zu rechnen.
Wie gut hat Corinne Suter ihren ziemlich heftigen Sturz in Cortina verdaut? Die Titelverteidigerin in der Abfahrt hat seit mehr als einem Monat kein Rennen mehr bestritten und ihr letzter Podestplatz kam im Dezember in St.Moritz. Das Talent, um bei der Abfahrt für eine Medaille bereit zu sein, hat sie natürlich, auch wenn der Formstand ungewiss ist.
Ein Ausrufezeichen mit Platz 2 im Super-G von St.Anton, dann wieder eher enttäuschende Ergebnisse in Cortina d'Ampezzo. Die Saison von Joana Hählen ist ein Auf und Ab. Bleibt zu hoffen, dass es nun in Méribel wieder aufwärts geht.
Die Schweiz stellt die Titelverteidigerin in beiden Speed-Disziplinen, weshalb die Schweiz in Abfahrt und Super-G je fünf Startplätze hat. Jasmine Flury dürfte sich in beiden Disziplinen mit Priska Nufer um diesen letzten Startplatz duellieren. Aufgrund der letzten Resultate ist die Davoserin eher keine Medaillen-Kandidatin.
Ein 6. Platz im Slalom von Zagreb als Saisonhighlight – wie Gisin schlägt sich Camille Rast mit den Mühen des Markenwechsels zu Salomon herum. Zuletzt gab es Platzierungen im hinteren Drittel. Keine Medaillenkandidatin.
Ein sechster Platz in der Abfahrt von Cortina als zweitletztes Rennen vor der WM ist das bisherige Saisonhighlight von Priska Nufer. Wenn sie an der WM startet, wäre eine Medaille ein unglaublicher Exploit.
Andrea Ellenberger dürfte im Riesenslalom am Start stehen. Eine Medaille ist wohl ausser Reichweite (Bestresultat ein 12. Platz). Im Parallel-Rennen und im Team-Event dürfte die Schweiz wohl auch auf die Dienste der Nidwaldnerin zählen.
Beim letzten Auftritt vor der WM fuhr Danioth im Slalom von Spindlermühle auf Rang 28. Eine Medaille könnte für die Urnerin allenfalls im Team-Event drinliegen.