La Famiglia! Für Lara Gut-Behrami mehr als ein Wort. Sie liess und lässt nichts zwischen sich und ihre Liebsten kommen. Nie. Diesem Credo blieb die 32-Jährige auch nach dem Gewinn der Kristallkugel für die beste Super-G-Fahrerin der Saison treu.
Thema nach dem Rennen war weniger ihre sportliche Leistung. Ein siebter Rang, der im Duell mit Federica Brignone und Cornelia Hütter problemlos zur Verteidigung der Gesamtführung reichte. Sondern der Eklat mit ihrem Konditionstrainer Alejo Hervas, dessen fliegender Wechsel ins Männerteam zur Unzeit publik wurde. In den vergangenen fünf Jahren war der Spanier fester Bestandteil im Umfeld der Tessinerin. Eine Vertrauensperson, die ihr zudem ewige Treue schwor.
Lara Gut-Behrami rückt die Relationen wieder zurecht, wenn sie sagt, «mein Vater war immer meine wichtigste Bezugsperson.» Sie will dem «Verräter» nicht die Ehre erweisen, seine Bedeutung öffentlich zu überhöhen. Die Weltcup-Gesamtsiegerin sagt, «Trainer kommen und gehen, das ist kein Problem. Man muss die Geschichte nicht grösser machen, als dass sie ist.»
Aber so einfach will sie den Spanier, der offenbar bei einer Tasse Café von Athleten und Trainern des Männerteams zu einem Wechsel animiert wurde, es Lara aber erst nach Saisonende mitteilen wollte, dann doch nicht davonkommen lassen: «Um gut zusammenzuarbeiten, braucht es Vertrauen und Loyalität. Und wenn jemand in der Öffentlichkeit sagt, er bleibe bis am Schluss und mir gegenüber immer wieder betont, wie wichtig ihm diese Arbeit ist, um dann ohne es mir zu sagen, andere Pläne schmiedet, während ich mich auf das Erreichen der wichtigsten Ziele der Saison fokussiere, dann ist klar, dass die Voraussetzungen für eine Zusammenarbeit weg sind.»
Klare Worte, mehr sagt die 32-Jährige zu Alejo Hervas auch auf Nachfrage nicht. Die Aussage ist gut vorbereitet, denn die Tessinerin wiederholt sie bei mehreren TV- und Radio-Stationen in verschiedenen Sprachen praktisch wortwörtlich.
Auch bei Swiss Ski ist der Ärger gross, wie dieser Transfer des Konditionstrainers von Lara Gut-Behrami hin zu Marco Odermatt abgelaufen und vor allem (nicht) kommuniziert wurde. Allen voran Sport-CEO Walter Reusser und Frauen-Cheftrainer Beat Tschuor sind not amused.
Weil die Rolle einiger Angestellten von Swiss Ski in dieser Seifenoper nicht ganz koscher erscheinen, war man gespannt, ob sich der Ärger von Lara Gut-Behrami auch in Richtung des eigenen Verbandes richtet. Dies scheint nicht der Fall. Im Gegenteil, die Schweizer Sportlerin des Jahres 2023 verteilte Lob – auch hinsichtlich der zukünftigen Zusammenarbeit: «Ich schätze die Situation extrem. Ich habe das ganze Team um mich, die Frauenmannschaft hat mich unglaublich unterstützt. Was passiert ist, ist kein Weltuntergang.»
Alpin-Direktor Hans Flatscher wird nun gemeinsam mit Lara und ihrem Vater Pauli Gut eine optimale Lösung für die weitere Betreuung im Bereich Athletik finden müssen. Denn seit gestern ist definitiv klar, dass die 32-Jährige weitermacht. «Ich fahre sicher noch ein Jahr, das ist mein Plan», sagt sie. Die Olympischen Spiele 2026 unweit ihres aktuellen Wohnortes Udine hingegen hat sie derzeit nicht mehr auf dem Radar: «Es braucht viel, damit ich 2026 bei Olympia dabei bin. Ich glaube nicht, dass ich die Kraft und die Energie dafür noch habe. Aber Olympia ist noch weit weg.»
Vielleicht findet Hans Flatscher ja die perfekte Lösung für die zukünftige Betreuung von Lara Gut-Behrami und sie dadurch eine neue Inspiration, die sie über die nächste Saison hinweg trägt. Eigentlich schade, kann man Väter nicht klonen.
Mit der Leistung im Super-G war sie angesichts der nicht ganz einfachen Ausgangslage zufrieden: «Heute war es punkto Nervosität viel besser als beim Riesenslalom. Ich habe meine Lehren von letztem Sonntag gezogen und war mir sicher, dass ich einen Schritt vorwärts machen kann. Es war trotz Rang 7 eines meiner besten Rennen bei solchen Verhältnissen.»
Lara Gut-Behrami hat nun fünfmal die Disziplinenwertung gewonnen. Keine Fahrerin hat dies öfters geschafft. «Das mit dem Rekord habe ich eben erst erfahren. Super-G ist meine Lieblingsdisziplin. Ich bin stolz darauf, dass ich über so viele Jahre konstant vorne mitfahren kann.» Egal, welcher Konditionstrainer an ihrer Seite steht.
Es bleibt zu hoffen, dass Ihre Leistungen hierzulande etwas mehr geschätzt werden.
Ich für meinen Teil ziehe meinen Hut
Dass die Ansprache „einstudiert“ war - so what? Es ist professionell, sich auf genau diese Frage vorzubereiten und danach nicht weiter darauf einzugehen.