Freude kam über den dritten Podestplatz im vierten Riesenslalom in diesem Jahr aber vorerst nur wenig auf bei Gut-Behrami. Die Tessinerin ärgerte sich gegenüber SRF über die Verhältnisse, die im zweiten Lauf immer garstiger wurden. «Es war ein Witz, ich konnte die Tore kaum sehen», sagte Gut-Behrami. «Man muss verrückt sein, solch ein Rennen zu starten. Es war Glück, dass sich niemand verletzt hat. Ich war nahe dran, anzuhalten.»
Weil sie es nicht tat, und weil auch Mikaela Shiffrin und Petra Vlhova, die nach ihr folgten, mit den äusseren Bedingungen zu kämpfen hatten, stand Gut-Behrami im kanadischen Mont-Tremblant doch noch auf dem Podest. Sie blieb einzig hinter Federica Brignone, die damit zu einem Doppelsieg kam. Die 33-jährige Italienerin, die am Vortag Anita Wachter als älteste Riesenslalom-Siegerin im Weltcup abgelöst hatte, holte sich den Sieg dank eines spektakulären zweiten Laufs, in dem sie den Sprung vom 6. auf den 1. Platz machte.
Mit etwas Abstand dürfte sich aber auch Gut-Behrami über das Resultat freuen. Schliesslich hatte sie nach ihrem 5. Rang am Samstag noch gesagt, dass die Piste ihr nicht liege und sehr wahrscheinlich nicht ihre Lieblingspiste werde.
Dank den Erfolgen der 32-Jährigen könnte man fast übersehen, dass der Rest des Schweizer Riesenslalom-Teams grosse Mühe hat. Zum Auftakt in Sölden hatten sich sechs Schweizerinnen in den Top-30 klassiert. In Killington waren es noch vier, beim ersten Rennen in Mont-Tremblant noch drei.
Am Sonntag erreichte von den Schweizerinnen neben Gut-Behrami nur Michelle Gisin den zweiten Umgang. Und in diesem fiel die Engelbergerin nach einer misslungenen Fahrt vom 14. auf den 23. Platz zurück. Weil sie Fehler vermeiden wollte, sei sie zu brav gefahren, konstatierte Gisin.
Die sechs anderen Schweizerinnen verpassten die Qualifikation für den zweiten Lauf. Am knappsten war es bei Wendy Holdener, die den unglücklichen 31. Platz erreichte. Acht Hundertstel fehlten der Schwyzerin, die am Samstag noch gemeinsam mit Simone Wild in die Punkte gefahren war.
426 Punkte hat das Schweizer Riesenslalom-Team der Frauen in den vier Rennen dieser Saison bisher geholt, 325 davon gehen aufs Konto von Gut-Behrami. Ohne die Überfliegerin, welche die Disziplinenwertung mit fünf Zählern Vorsprung auf Brignone anführt, wäre die Ausbeute katastrophal.
Es fehlt die Breite im Team und es fehlt der Nachwuchs. Gut-Behrami, Gisin, Wild und Holdener sind oder werden in diesem Jahr 30-jährig oder älter. Camille Rast und Mélanie Meillard, 24 und 25 Jahre alt, fehlt die Konstanz. Die 19-jährige Stefanie Grob braucht noch Zeit, um sich an das Niveau im Weltcup zu gewöhnen.
Die Aussichten sind trüb. Aber zumindest hat Gut-Behrami gezeigt, dass auch bei diesen Bedingungen auf sie Verlass ist. (nih/sda)