Einen Fehler zu erklären, gehört wohl nicht zu den liebsten Aktivitäten von Unternehmern. So ist das auch im Fall von David Tepper, dem Besitzer des NFL-Teams Carolina Panthers. Nach der Entlassung von Trainer Frank Reich musste der Multimilliardär – Teppers Vermögen wird von «Forbes» auf über 20 Milliarden US-Dollar geschätzt – aber genau dies tun.
14 Minuten liess sich der 62-jährige Hedgefonds-Manager Zeit, um die Entlassung des Trainers, den Tepper vor nicht einmal einem Jahr eingestellt hatte, zu erklären. Auf Fragen ging er bei der Pressekonferenz kaum ein, dafür sagte er: «Alles, das hier gut läuft und auch alles, das hier schlecht läuft, ist am Ende mein Fehler.» Gleichzeitig wollte er die Verantwortung nur teilweise übernehmen, da «die Football-Leute die Entscheidungen treffen».
Vieles deutet dennoch darauf hin, dass Tepper mindestens mitschuldig am Absturz der Carolina Panthers ist. Bevor er die NFL-Franchise 2018 für 2,3 Milliarden US-Dollar deren Gründer Jerry Richardson abkaufte, erlebten die Panthers ihre erfolgreichsten Jahre seit der Gründung im Jahr 1995. In vier von fünf Saisons erreichten sie mit Quarterback Cam Newton die Playoffs und standen 2015/16 gar im Superbowl, den sie gegen Peyton Mannings Denver aber verloren.
Seit Tepper der Besitzer des American-Football-Teams ist, gewann Carolina nie mehr als sieben Spiele und schaffte es in sechs Saisons nicht einmal in die Playoffs. Nur vier weitere Teams schafften es in dieser Zeitspanne ebenfalls nicht in die entscheidende Saison-Phase. Bei den Panthers hängt dies auch mit Newtons Leistungsabfall nach der ersten Saison unter Tepper zusammen, doch schafften es die Verantwortlichen trotz mehrerer Versuche nicht, einen beständigen Quarterback zu engagieren. Und dafür wird auch Tepper verantwortlich gemacht.
Schliesslich sagt er selbst, dass er bei wichtigen Entscheiden das letzte Wort hat. Und auch eine Anekdote aus dem Training zeigt, dass sich Tepper gerne in sportliche Belange einmischt. So solle er gemäss einem NFL-Insider dem damaligen Offensivkoordinator in der Woche vor einem Spiel ein Zettelchen mit einem Spielzug, den er bei Cleveland gesehen habe, überreicht und verlangt haben, dass sein Team diesen im kommenden Spiel ausführt.
Als viel grösseren Fehler dürfte sich jedoch herausstellen, dass Tepper seinem Cheftrainer vor dem Draft im Frühling bei der Entscheidung hineinredete, welchen Quarterback die Panthers an erster Stelle auswählen sollten. Dabei hatte Tepper Reich unter anderem wegen dessen Ruf als Quarterback-Flüsterer eingestellt. Zwar behauptete Besitzer Tepper, dass sich alle einstimmig für Bryce Young aussprachen, doch ist es ein schlecht gehütetes Geheimnis, dass Reich C. J. Stroud gegenüber Young bevorzugte.
Und dabei scheint den Trainer, der in der NFL wegen seiner Engagements in Philadelphia und Indianapolis ein gutes Ansehen genoss, sein Riecher nicht getäuscht zu haben. Der 22-jährige Young hat während seiner ersten Saison in Carolina nämlich grosse Probleme, weist ein schwaches Touchdown-Interception-Verhältnis von 9:8 auf und führte sein Team erst in einem von zehn Spielen zum Sieg.
Schon nach seinen ersten Einsätzen ist klar, dass die bereits vor dem Draft geäusserten Sorgen über seine Körpergrösse – Young ist mit 1,78 m zusammen mit Kyler Murray der kleinste Quarterback der NFL – nicht unbegründet waren. Derweil brilliert der gleichaltrige Stroud in Houston und ist auf dem Weg, zum besten Offensiv-Rookie des Jahres ausgezeichnet zu werden.
Bryce Young literally disappears when his lineman stand up 😭 pic.twitter.com/Pwtk3RCy3s
— NFL Memes (@NFLHateMemes) May 13, 2023
Zwar darf so früh kein endgültiges Urteil über Young gefällt werden, zumal ihn seine schwache O-Line nicht ausreichend vor den gegnerischen Verteidigern schützen kann und die Wide Receiver bis auf Adam Thielen keine zuverlässigen Anspielstationen für den jungen Quarterback darstellen. Aber einerseits ist davon auszugehen, dass Stroud auch in Carolina bessere Leistungen zeigen würde als Young, der sich bisher weder durch seine Qualitäten als Passer noch durch seine Athletik oder Schnelligkeit als Läufer auszeichnen konnte. Und andererseits ist es nicht Reichs Schuld, dass das Kader der Panthers als eines der schlechtesten der NFL gilt.
Dafür trägt neben Tepper vor allem General Manager Scott Fitterer die Verantwortung. Dieser darf seinen Job behalten, obwohl er seit seiner Einstellung 2021 wenig Erfolg dabei hatte, das Team zu verstärken. Da vor dem Draft im vergangenen April unter anderem der Erstrundenpick des nächsten Jahrs nach Chicago wanderte, damit Carolina als erste der 32 NFL-Franchises einen Spieler auswählen durfte, wird dies vorerst nicht einfacher. Denn 2024 haben die Panthers deshalb keinen Pick in der ersten Runde des Drafts.
Ebenso schwierig dürfte sein, einen geeigneten Coach zu finden, der zumindest mittelfristig die Wende schaffen kann. Tepper gilt nicht als besonders geduldiger Besitzer – Interims-Trainer Chris Tabor ist bereits der sechste Trainer, der in Carolina seit 2019 die Zügel in der Hand hält. Die Amtszeit von Reich war mit lediglich elf Regular-Season-Spielen zudem die kürzeste seit 45 Jahren. Von den Top-Kandidaten für die offenen Cheftrainer-Positionen für die nächste Saison wird sich keiner in dieses Wespennest setzen.
Zumal es kein Trainer gerne hat, wenn sich der Besitzer in seine Arbeit einmischt. Der entlassene Reich beschrieb Tepper bereits während seiner Amtszeit als solchen. Ähnlich wie die Fans versteht auch der Geldgeber meist weniger von American Football als die Scouts und der Trainerstab. Deshalb wäre es in den Augen einiger Experten der erfolgversprechendste Weg, einen Team-Präsidenten einzustellen, der tatsächlich etwas von dem US-Sport versteht. Dieser solle dann einen neuen Trainer einstellen, während sich Tepper eher im Hintergrund hält.
Von «The Athletic» darauf angesprochen, weshalb nur wenige Franchise-Besitzer diesen Weg gehen, sagt ein Verantwortlicher eines anderen Teams: «Das macht halt keinen Spass.» Während es für Milliardäre wie Tepper und Co. natürlich ein schönes Hobby ist, ein Team zu besitzen und zu führen, ist es für Spieler und Fans hingegen sehr frustrierend. Erst recht, wenn der Spass wie im Fall von Tepper und Carolina zu Erfolg- und Hoffnungslosigkeit führt.
Selbst nicht arbeiten und sich überall einmischen.