Wenn es nach dem Wunsch seines Vaters Fridolin Zwicky gegangen wäre, hätte der junge Fritz, der am 14. Februar 1898 in Warna zur Welt kam, das familieneigene Textilunternehmen in Bulgarien übernommen. Zwicky senior war 1886 aus dem glarnerischen Mollis ans Schwarze Meer ausgewandert und verkaufte unter anderem Glarner Tüechli.
Doch es kam anders: Die Eltern schickten ihren Sohn im zarten Alter von sechs Jahren zu den Grosseltern in die Schweiz, damit er dort zur Schule gehen konnte. Ziemlich schnell zeigte sich dort, dass aus dem jungen Mann kein Textilhändler werden würde. Stattdessen wandte er sich der Wissenschaft zu.
Fritz Zwicky studierte Mathematik und Experimentelle Physik an der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) in Zürich. Er war zeitlebens im Umgang kein einfacher Mensch und trieb seinen Dozenten mit seinem oft besserwisserischen Gehabe den Blutdruck in die Höhe. Als er 1922 sein Studium als Doktor der Naturwissenschaften an der ETH abschloss, war das erst der Anfang seiner langen wissenschaftlichen Reise.
1925 wanderte der 27-Jährige in die USA aus. Er war vom renommierten California Institute of Technology (Caltech) eingeladen worden, um in Kalifornien zu forschen und zu arbeiten. Dort rüttelte er die Welt der Wissenschaft regelmässig auf und durch. Etwa durch die Entdeckung der Dunklen Materie oder die Theorie zu den Sternexplosionen, den sogenannten Supernovae, welche er mit dem deutschen Astrophysiker Walter Baade entwickelte.
Zwickys Ideen sorgten immer wieder für Kopfschütteln und wurden von vielen Wissenschaftlern belächelt. Doch der Glarner liess sich nicht beirren und hatte vielfach Recht. Auch wenn dies teilweise erst Jahre oder Jahrzehnte später bewiesen wurde.
Nach Ende des Zweiten Weltkriegs fasste Fritz Zwicky, der als einer der wenigen Wissenschaftler in den USA Deutsch sprach, einen brisanten Auftrag: Als militärischer Berater sollte er die Raketenentwicklungsstationen der Nazis in Peenemünde und auf der Insel Usedom untersuchen. Die Amerikaner wollten den technischen Rückstand auf die Deutschen so schnell wie möglich aufholen. Deren V2-Raketen waren nämlich besser als alles, was die USA zu dieser Zeit entwickelt hatten.
Später reiste er weiter nach Japan, um die Auswirkungen der dort, von den Amerikanern abgeworfenen Atombomben zu untersuchen. Fritz Zwicky zeigte sich tief betroffen von der Zerstörungskraft der Bomben.
Trotzdem liess ihn die Raketentechnik nicht mehr los. Der Forscher war überzeugt, dass die Anziehungskraft der Erde überwunden werden konnte. Dazu wollte er ein Objekt in den Weltraum schiessen. Im Dezember 1946 startete der Test. Eine Rakete mit sechs Gewehrgranaten in der Spitze wurde gezündet. Die Granaten sollten später explodieren und die Stahlkugeln ausserhalb der Schwerkraft ins All schiessen. Doch der Versuch ging schief, da die Granaten nicht zündeten.
Da Fritz Zwicky von den USA aus Kostengründen keine weitere Rakete erhielt, musste der Wissenschaftler dieses Projekt aufgeben, obwohl er überzeugt war, dass seine Idee funktionieren würde. Der als exzentrisch geltende Astrophysiker lebte zunehmend isoliert und wurde von vielen Fachkollegen gemieden, unterschätzt und seine Ideen wurden vielfach negiert. Ausserdem wurden Raketen und Bomben in den 1950er-Jahren schnell vergessen, denn der Krieg war vorbei und die Menschheit wollte das Leben im aufkommenden Wohlstand geniessen.
Doch der 4. Oktober 1957 veränderte alles. An diesem Tag schossen die Sowjets den Satelliten Sputnik in die Erdumlaufbahn und schockten damit die USA.
Nun waren die Themen Weltall und Raketen wieder auf der politischen Agenda und Fritz Zwicky plötzlich wieder ein gefragter Mann. Er wurde erneut militärischer Berater und plötzlich war es sehr einfach, eine Rakete für einen Versuch zu erhalten, denn in den Augen der USA musste die Vorherrschaft im All um jeden Preis gewonnen werden.
Bereits 12 Tagen nach der Sputnik schoss Fritz Zwicky das erste künstliche Objekt «Artificial Planet No. Zero», ein Stahlkügelchen, ins Weltall und konnte so das beenden, was er 1946 angefangen hatte. Und die nächsten Schritte hatte das Universalgenie bereits im Kopf: «Wir werfen zunächst etwas Kleines in den Himmel. Dann eine Schiffsladung Instrumente, am Schluss dann uns selbst.» Er sollte Recht behalten und mit seinen Theorien und Analysen einen Teil zu diesem wichtigen Schritt der Menschheit ins All beitragen.
Fritz Zwicky starb 1974 in Pasadena, Kalifornien, und wurde in seiner Glarner Heimatgemeinde Mollis begraben. Die Liste mit seinen Entdeckungen und Ideen ist lang, der Platz reicht nicht aus, um sie hier vollständig wiederzugeben. Sicher ist aber, dass Fritz Zwicky einer der grössten Astrophysiker des 20. Jahrhunderts war. Und sicher ist auch, dass er bis heute zu den weltweit meist unterschätzten Wissenschaftlern gehört.