Man kann sterben, wenn man versucht, eine Taschenbibel zu schlucken. Oder wenn man sich das Pinkeln vor lauter Etikette verkneift. Auch nicht unbedingt empfehlenswert ist es, dem Tango zuliebe das Kinn stolz zu erheben und den Blick zur Decke zu richten, denn es kann sein, dass man sich im fünften Stock befindet und geradewegs aus dem offen stehenden, bodentiefen Fenster heraustänzelt.
Auf ganz vielen Ebenen ist Analsex mit einem Pferd verkehrt. Sei gewarnt, die Gartenschnecke, die man für eine Mutprobe heruntergewürgt hat, kann sich auch acht Jahre später noch rächen. Und selbst wenn deine Scheiben bruchsicher sind, solltest du es im 24. Stock eines Hochhauses nicht unbedingt darauf ankommen lassen. Denn sie mag zwar tatsächlich nicht zerbrechen, wenn du dich dagegen wirfst, stattdessen aber vollkommen unversehrt aus dem Rahmen springen.
Willkommen zur Artikel-Reihe RIP LOL – Tode, die nicht ganz so würdig, dafür umso sinnloser sind.
Heute mit ...
... Adolf Friedrich!
Adolf Friedrich starb, wie er gelebt hatte. Satt und phlegmatisch muss er hinübergeglitten sein ins andere Reich.
Im Diesseits nämlich war jener dickliche König kein herausragender Herrscher. Nicht einmal ein mittelmässiger. Im Grunde war er überhaupt keiner. Durch Betreiben der russischen Zarin Elisabeth 1751 auf den schwedischen Thron gekommen, liess er sich dort nicht allzu gern nieder, viel lieber werkelte er an seiner Drehbank, wo er hübsche Schnupftabakdosen für seine Freunde anfertigte.
Hier verlor er sich in Winzigkeiten, schnitzte sich eine hölzerne kleine Welt zurecht und schmückte sie mit seinem Monogramm. Es war der letzte Ort, auf den er seinen Namen eigenhändig setzte, unter den Beschlüssen des Reichstages prangte bloss noch ein gestempelter Abklatsch, ein königlicher Schatten davon. Man bedurfte seiner Zustimmung nicht mehr. Weder in Belangen der Aussenpolitik noch in der Gesetzgebung.
Im Zeitalter der Freiheit hatte sich das schwedische Volk an die Stelle von Gott gesetzt, vertreten durch die Stände (Adel, Priester, Bürger, Bauern) bestimmte es fortan den königlichen Machtbereich, der zusehends zu einem kümmerlich kleinen Kämmerchen zusammenschrumpfte. Und in dieses begab sich nun unser Adolf Friedrich. Ohne zu murren, war er wie seine selbst gezimmerten Döschen zur reinen Zierde geworden.
Sein Wesen war schliesslich keines, das sich mit Macht aufzufüllen strebte, viel lieber tat es dies mit allerhand kulinarischen Köstlichkeiten, und jene Tatsache wurde umso offenkundiger, je imposanter sein Bauch wurde. Mit dem Fett kam die Trägheit, obwohl diese auch schon vorher da gewesen sein mochte. Seine Augen jedenfalls sprachen seit jeher von einer Art phlegmatischen Güte, einer generellen Wohlgesinntheit, die er jedem Menschen entgegenbrachte.
Adolf Friedrichs Herz war aufrichtig, wenn auch manchmal vielleicht aus der Abneigung heraus, die er gegen jede Form von Anstrengung hegte.
Auch seine viel gelobte Zurückhaltung, sein allseits bescheidener Auftritt, speiste sich letztlich wohl aus dieser unerschöpflichen Quelle an Bequemlichkeit – der Hintergrund war sein Lieblingsort, dort behelligte ihn niemand, dort pflegte der König seinem pomadigen Naturell entsprechend gemütlich zu sitzen mitsamt seinem Wanst und seiner Kleidung, die gerade ordentlich genug erschien, um ein Dasein knapp oberhalb der Schludrigkeitsgrenze zu fristen.
Dass er sich bloss reich illustrierte Bücher zu Gemüte führte, legte man ihm gern als Stumpfsinnigkeit aus, doch das wäre nicht nur verfehlt, sondern in hohem Masse ungerecht. Vielmehr offenbarte es einen Sinn fürs Schöne, den Adolf Friedrich, obschon in weitaus bürgerlicherer Weise, auch an der Drehbank bewies. Jener Leidenschaft – wir wagen es mal mit einer gewissen Vorsicht so zu nennen – für die Kunst, entsprang dann auch eine heimlich angelegte Sammlung an frivolen Gemälden, Kupferstichen und Wandteppichen.
Und während er diese zu vergrössern trachtete, organisierte seine umtriebige Gemahlin Luise Ulrike einen Staatsstreich. Sie hatte diese lähmende, königliche Ohnmacht satt. Der Reichstag begann sich gar schon in die Erziehung ihrer Kinder einzumischen!
Nicht umsonst war sie die Schwester König Friedrichs II., jenes grössten Herrschers des 18. Jahrhunderts, der gerade dabei war, Maria Theresia Schlesien für immer zu entreissen und Preussen zur fünften europäischen Grossmacht zu machen. Auch in ihr wallte dieses heisse Blut, das zu mehr drängte als dem schweigsamen Hinnehmen parlamentarischer Beschlüsse.
Und so gelang es ihr, Freunde um sich zu scharen. Aus den ersten paar erlesenen Aristokraten wurde bald eine ganze Hofpartei, die bestrebt war, dem Königspaar mit allen Mitteln zu mehr Macht zu verhelfen. Doch ihre Umsturzpläne – für deren Finanzierung die Königin 44 Diamanten aus ihrer Krone entfernte und in Berlin verpfändete –, wurden frühzeitig aufgedeckt. Es war im Jahre 1756, als die Köpfe von Luise Ulrikes Getreuen rollten und die Königin eine ernste Ermahnung vom Parlament erhielt.
Aus der Traum königlicher Machtenfaltung! Einzig die Pracht gestand man den beiden noch in royaler Weise zu. Auf Geheiss Luise Ulrikes wurde nun das Schlosstheater Drottningholm erbaut, auf dessen Bühne sich die Königsfamilie fortan gern schauspielernd zeigte, während das Haupt derselben gähnend in der vordersten Reihe sass.
Und wenn Adolf Friedrich nicht vollumfänglich seiner Saumseligkeit erlag und in gänzlichem Stillstand verharrte, dann tafelte er. So auch am 12. Februar 1771, dem fetten Dienstag, dem Tage, welcher der vierzigtägigen Fastenzeit vorausgeht.
Er hatte am Abend davor den Ball auf Schloss Ulriksdal absichtlich früh verlassen, auf dass er sich das anstehende Festmahl in seiner schamlosen Üppigkeit auch restlos einzuverleiben imstande war.
Und tatsächlich hatte der französische Koch nicht zu viel versprochen. Es begann mit Austern, gefolgt von Sauerkraut, Fleisch mit Rüben, Hummer, Kaviar und Bücklingen (gesalzener und geräucherter Hering). Und sollte dem König einmal ein Klümplein jener vorzüglichen Kost aufgrund einer gewissen Kaufaulheit im Halse stecken geblieben sein, so mochte er es mit reichlich Champagner hinunterspülen.
Das gloriose Ende des Schmauses machten die «Hetvägg» (heute Semlor). Aus der deutschen Heisswecke herangereift, verhiessen des Königs Lieblingsbrötchen einen süssen, warm servierten Milchbrötchentraum, gefüllt mit Mandelpaste. Er schwelgte sagenhafte 14 Mal darin, dann schrie er auf und starb.
Die Plötzlichkeit seines Todes gab Anlass zu furchtbaren Vermutungen. «Gift!», «Man hat den König ermordet!», wurde in der nun ausbrechenden Aufregung geschrien. Doch wer sollte diesen friedfertigen Monarchen vergiften wollen? Von ihm war nicht der Hauch einer Gefahr ausgegangen, es war gar die reinste physikalische Unmöglichkeit, dass jenes ortsfeste Subjekt auch nur ein Luftmolekül in Schwingung versetzt hätte! Es sei denn, es schlich sich lautlos ein Windlein aus dem royalen Gedärm ...
Nein, für Adolf Friedrichs Tod «waren keine anderen Zutaten nötig als die, mit denen der König bei der Mahlzeit selbst einen schwachen Magen überlastete», sagte Graf Adolf Ludvig Hamilton vor Gericht aus.
Und der schwedische Dichter Johan Gabriel Oxenstierna forderte bald, man möge endlich die hetvägg ins Exil treiben, habe sie doch einen Königsmord begangen!