Man kann sterben, wenn man versucht, eine Taschenbibel zu schlucken. Oder wenn man sich das Pinkeln vor lauter Etikette verkneift. Auch nicht unbedingt empfehlenswert ist es, dem Tango zuliebe das Kinn stolz zu erheben und den Blick zur Decke zu richten, denn es kann sein, dass man sich im fünften Stock befindet und geradewegs aus dem offen stehenden, bodentiefen Fenster heraustänzelt.
Auf ganz vielen Ebenen ist Analsex mit einem Pferd verkehrt. Sei gewarnt, die Gartenschnecke, die man für eine Mutprobe heruntergewürgt hat, kann sich auch acht Jahre später noch rächen. Und selbst wenn deine Scheiben bruchsicher sind, solltest du es im 24. Stock eines Hochhauses nicht unbedingt darauf ankommen lassen. Denn sie mag zwar tatsächlich nicht zerbrechen, wenn du dich dagegen wirfst, stattdessen aber vollkommen unversehrt aus dem Rahmen springen.
Willkommen zur Artikel-Reihe RIP LOL – Tode, die nicht ganz so würdig, dafür umso sinnloser sind. Die Frauenquote, das sei schon mal vorausgeschickt, wird gleich null sein, was in diesem Fall doch ziemlich schmeichelhaft ist.
Heute mit ...
... Clement Vallandigham!
1835 schreibt McDuffee, der Gouverneur von South Carolina, die folgenden Zeilen:
«Keine menschliche Einrichtung entspricht nach meiner Meinung deutlicher dem Willen Gottes als häusliche Sklaverei und keine seiner Verordnungen ist mit lesbareren Zeichen geschrieben als diejenige, die die afrikanische Rasse zu dieser Stellung bestimmt: Wird sie doch dadurch zu ihrem eigenen Glück geführt, weit mehr als durch alles andere, für das sie empfänglich ist.
Ob wir die Heilige Schrift oder die Offenbarungen der Natur und der Vernunft zu Rate ziehen, so tritt uns diese Wahrheit unzählige Male entgegen. […] Dass der afrikanische Neger von der Vorsehung dazu bestimmt ist, diese Stellung dienstbarer Abhängigkeit einzunehmen, ist nicht weniger offensichtlich. Es steht auf seinem Gesicht geschrieben, auf seiner Haut gestempelt und geht deutlich aus der geistigen Unterlegenheit und natürlichen Sorglosigkeit dieser Rasse hervor.
Keine menschliche Macht kann die Eigenschaft verleihen, die zum Genuss der Freiheit befähigt. Sie ist eine Gabe Gottes und eine der seltensten, die er in seiner unerforschlichen Weisheit den Völkern der Erde zu verleihen für gut hielt.
Es liegt klar am Tage, dass die Bestimmung der Negerrasse entweder die scheusslichste Art politischer Knechtschaft oder jene häusliche Sklaverei ist, wie sie jetzt in den Sklaven haltenden Staaten besteht. Und ausser Frage steht der Vorzug häuslicher Sklaverei auch vor der günstigsten Art politischer Versklavung. Es ist nicht bloss die Pflicht, sondern das augenfällige Interesse des Herrn, für gute Nahrung und Kleidung seiner Sklaven zu sorgen; und was für Märchen und übertriebene Geschichten auch verbreitet werden […]:
Auf der ganzen Erde gibt es, ob hoch oder niedrig, keine zweite Volksklasse, die wie diese völlig frei von Sorgen und Angst ist […]. Mit einem Wort, unsere Sklaven sind heiter, zufrieden und glücklich, und zwar weit mehr, als es die menschliche Rasse im Allgemeinen sein kann […].
Häusliche Sklaverei ist daher keineswegs ein politisches Übel, sondern der Eckstein unseres republikanischen Gebäudes.»
26 Jahre später stürzt jenes republikanische Gebäude ein. Und auf seinen Trümmern steht Abraham Lincoln, der 16. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika. Mit seiner Wahl wenden sich ab 1861 elf der sklavenhaltenden Südstaaten von der Union ab und gründen ihren eigenen Bund, die Konföderierten Staaten von Amerika.
Amerikaner wenden sich gegen Amerikaner, der Bürgerkrieg beginnt, entzündet an der Sklavereifrage, ausgefochten in den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Gräben, die die Nord- von den Südstaaten trennen.
Lincoln führt zwar die in der Union verbliebenen Nordstaaten durch die blutigen Schlachten, doch als seine verfassungsmässige, oberste Pflicht sieht er die baldmöglichste Wiederherstellung der Union, wie sie vorher war:
Der Präsident schickt Delegationen in den Süden, bietet ihnen sogar an, die Sklaverei weiterhin betreiben zu dürfen, wenn sie dafür die Waffen niederlegen und in die Union zurückkehren würden.
Doch seine Bemühungen waren vergebens. Und so unterschrieb er am 22. September 1862 die Emanzipationsproklamation. Die Bestimmung, die die Sklaven in den Rebellengebieten befreite, diejenigen in den frisch von den Unionstruppen besetzten Gebieten und jene in den loyalen Grenzstaaten des oberen Südens allerdings nicht. So vermochte der Präsident die Abtrünnigen zu schwächen, die Loyalen zu belohnen und die frisch Eroberten auf seine Seite zu ziehen. Die nun frei gewordenen Sklaven liefen in Scharen über und begannen bald, die Lücken der Unionstruppen zu füllen.
Diese beschränkte Befreiung der Sklaven war also vor allem Mittel zum Zweck, politisches Kalkül eines durchdachten Kopfes und nicht Ausdruck einer zukunftsweisenden, humanistischen Gesinnung. Am Ende war auch Lincoln im rassistischen Denken seiner Zeit zuhause.
Und er war bereit, alle Mittel einzusetzen, um die Union wiederzuvereinen. So ein Mann war er. Auf diese Weise schaffte er es schliesslich auch, sein zergliedertes Land in einen zentral regierten, modernen Industriestaat zu verwandeln, der dann im nachfolgenden Jahrhundert zur Weltmacht aufsteigen würde.
Doch dafür musste er auch seine Kritiker zum Verstummen bringen. Einer der lautesten war Clement Vallandigham, Abgeordneter aus Ohio, ein «Western Man, by birth, in habit, by education» mit wenig Sympathie für den Norden. Er fiel diesem sogar offen in den Rücken. Als einer der Führer der Friedensdemokraten stellte er sich entschieden gegen den Bürgerkrieg und besonders gegen die mit ihm einhergehende Wehrpflicht und Pressezensur.
Vallandigham war ein besonders energischer Verfechter der verfassungsmässigen Rechte der Staaten, ein Föderalist, der dem Machtzuwachs der Unionsregierung mit Grauen zuschaute. Er glaubte an das implizite Recht eines jeden Staates auf Sezession, besonders wenn einem vom Bund illegalerweise vorgeschrieben wurde, die Sklaverei abzuschaffen, wo dies doch überhaupt nicht in seine Verfügungsgewalt falle.
Vallandigham verteidigte auch die Sklaverei, gegnerische Zeitungen hielten ihm deshalb vor, er würde die Drecksarbeit der südlichen Sklavenhalter verrichten.
In den Augen der Lincoln-Regierung war er ein Verräter, ein Abtrünniger, der die Wiedervereinigung der Union mit seinen aufwieglerischen Reden gefährdete. Also versuchte man, ihn aus dem Repräsentantenhaus zu drängen. Die Republikaner zogen Vallandighams Ohio-Wahlkreis neu, schlossen Demokraten aus und fügten ihm stattdessen ein paar republikanische Wähler hinzu. Zusätzlich stellte Lincoln ihm einen Gegner vor die Nase, gegen den er chancenlos war; einen in der Schlacht verwundeten Unionsgeneral.
Und so musste Vallandigham abziehen. Zum Schweigen aber brachte man diesen Mann so nicht, lauter als je zuvor sollte er sein Missfallen über die Regierung im Lande kundtun.
Er schrie sie sogar richtiggehend heraus, noch zusätzlich angeheizt durch General Ambrose Burnsides «General Order No. 38». Diesem Herren nun unterstand der militärische Distrikt Ohio und er war gar nicht gewillt, den wachsenden Widerstand gegen die Kriegsanstrengungen der Union weiterhin zu dulden. Mit seinem neuen Erlass begann er innerhalb seines Departements rigoros gegen rebellische Schreihälse wie Vallandigham vorzugehen:
Das schloss auch Sympathiebekundungen gegenüber dem Süden mit ein. Wer sich dieses Vergehens schuldig machte, dem drohte entweder eine wie oben erwähnte Verurteilung oder aber man wurde über die Linien der Union hinaus «in die Linien seiner Freunde geschickt.»
Und eben dies wurde nun zum Schicksal Vallandighams. Nachdem er Lincoln in einer öffentlichen Rede als Tyrannen beschimpft hatte, der die Verfassung abschaffen und eine Diktatur zu errichten gedachte, standen mehr als 60 Unionssoldaten vor seinem Haus und stellten den «Hochverräter» unter Arrest.
Und während der tobende und auf einen öffentlichen Geschworenenprozess beharrende Vallandigham vor ein Militärgericht geschleift wurde – zu Kriegszeiten würden nun mal Kriegsgesetze angewendet –, schloss Burnside kurzerhand die Redaktion der «Chicago Times». Die Zeitung hatte sich erdreistet, Anti-Kriegs-Leitartikel zu drucken.
Lincoln wusste von alledem nichts. Und als er erfuhr, was der eigenmächtige Burnside da veranstaltet hatte, eröffnete er die «Chicago Times» sofort wieder und entliess Vallandigham aus dem Gefängnis. Stattdessen schickte er ihn, wie im Befehl No. 38 als Alternative zum Tode erlassen, in die Hände der Konföderierten.
Der Präsident wollte unbedingt verhindern, dass aus diesem elenden Friedensdemokraten, aus diesem kläffenden Zeterer ein Märtyrer geschaffen würde.
Doch Vallandighams Verhaftung und sein Militärprozess zogen nun auch den Unmut der Kriegsdemokraten auf sich. Hatte die Regierung nun das Recht des Volkes, sich zu versammeln und frei über die Angelegenheiten des Landes zu reden abgeschafft? Was sei bloss mit dem Recht eines jeden Amerikanischen Bürgers auf ein ordentliches Verfahren und einen öffentlichen Geschworenenprozess geschehen?
Lincolns meisterhafte Antwort lautete so:
«Vallandigham wurde nicht verhaftet, weil er den politischen Aussichten der Regierung oder den persönlichen Interessen des kommandierenden Generals schadete, sondern weil er der Armee schadete, von deren Existenz und Stärke das Leben der Nation abhängt. Er führte Krieg gegen das Militär, und das gab dem Militär die verfassungsmässige Zuständigkeit, Hand an ihn zu legen.
Muss ich einen einfältigen Soldatenjungen erschiessen, der desertiert, während ich dem gerissenen Aufwiegler, der ihn zur Desertion verleitet, kein Haar krümmen darf? Ich denke, in einem solchen Fall den Aufwiegler zum Schweigen zu bringen und den Jungen zu retten, ist nicht nur verfassungsmässig, sondern auch eine grosse Gnade.»
Vallandingham fand sich derweil in den Reihen der Südstaatler wieder, wo ihn zu seinem Leidwesen aber auch keiner haben wollte. An seinem Slogan «To maintain the Constitution as it is, and restore the Union as it was» («Um die Verfassung zu erhalten, wie sie ist, und die Union wiederherzustellen, wie sie war») war die Führung des Südens nicht interessiert. Sie wollten eine unabhängige Nation gründen, keine friedliche Wiedervereinigung mit der Union, wie es Vallandigham und seinen Friedensdemokraten vorschwebte.
Also setzte man den Unerwünschten auf einen Dampfer mit Kurs auf Kanada. Doch Vallandingham würde seines Namens nicht gerecht, hätte ihm so ein Exil nun den Mut geraubt. Er schloss sich den «Sons of Liberty» an und zusammen bastelten sie verschwörerisch am Sturz der Staatsregierungen in Ohio, Kentucky, Indiana und Illinois, um dann eine Konföderation des Nordwestens zu gründen.
Seine Verhaftung bei der illegalen Rückkehr in die Vereinigten Staaten sollte den Startschuss geben für den Aufstand. Doch den hörte niemand, weil Vallandingham überhaupt nicht verhaftet wurde. Lincoln hielt den «gerissenen Aufwiegler» wohl nicht für gefährlich genug. Und so löste sich der schöne Putsch-Plan in Rauch auf, nichts weiter blieb von ihm übrig als ein graues Winzwölkchen, in dem endlich auch Vallandighams politische Ambitionen verschwanden.
Und mit ihm wohl auch die Geduld so manch eines Lesers, der dem Leben dieses amerikanischen Mannes bis in jene Untiefen des Textes hinein gefolgt ist, nur um ihn endlich auf dumme Art sterben zu sehen. Doch nun lebt Vallandingham noch immer und widmet sich gar wieder seinem sehr viel risikoärmeren Beruf, dem des Anwalts nämlich.
Doch nun hört, was dann geschah: Vallandingham vertrat bald den Angeklagten Thomas McGehean, dem man die Tötung eines Mannes bei einer Kneipenschlägerei in Hamilton, Ohio, zur Last legte. Tom Myers aber, das Opfer, hatte sich nach Ansicht unseres Anwalts versehentlich selbst erschossen.
Diesen misslichen Vorgang wollte Vallandingham nun den Geschworenen vorführen. Doch bevor er dies tat, wollte er seine Showeinlage erst noch vor den anderen Verteidigern proben. Und so lud er die Männer am Vortag der Verhandlung auf sein Zimmer ein:
Er steckte sich eine Pistole in die Tasche, während er ziemlich überzeugend Beleidigungen in verschiedenen Stimmen vorbrachte, die der wüsten Schlägerei vorausgegangen waren. Dann duckte er sich hinter einen Stuhl und begann in seiner Tasche nach der Waffe zu kramen, doch diese verfing sich in seiner Kleidung und entlud zum Entsetzen aller Anwesenden ihr tödliches Inneres in Vallandighams Magen.
Fast möchte man diese Verteidigung brillant nennen, bewies sie doch in ganz und gar unumstösslicher Weise seinen Standpunkt.
McGehean wurde freigesprochen, allerdings nur, um vier Jahre später in einem Saloon erschossen zu werden. Und als die Chirurgen sich noch bemühten, die Kugel aus Vallandighams Körper zu ziehen, war sein Geist schon längst bereit, sich auf die andere Seite zu begeben. Denn wenn Vallandingham als Presbyterianer an etwas felsenfest glaubte, dann war das die göttliche Vorhersehung.
Genauso wie es dem Sklaven angeblich bestimmt war, «die Stellung dienstbarer Abhängigkeit einzunehmen», so war es nun Vallandighams Schicksal, auf ebenjene glanzlose Weise aus dem Leben zu scheiden. Und immerhin das nahm er ohne zu murren hin.