Man kann sterben, wenn man versucht, eine Taschenbibel zu schlucken. Oder wenn man sich das Pinkeln vor lauter Etikette verkneift. Auch nicht unbedingt empfehlenswert ist es, dem Tango zuliebe das Kinn stolz zu erheben und den Blick zur Decke zu richten, denn es kann sein, dass man sich im fünften Stock befindet und geradewegs aus dem offen stehenden, bodentiefen Fenster heraustänzelt.
Auf ganz vielen Ebenen ist Analsex mit einem Pferd verkehrt. Sei gewarnt, die Gartenschnecke, die man für eine Mutprobe heruntergewürgt hat, kann sich auch acht Jahre später noch rächen. Und selbst wenn deine Scheiben bruchsicher sind, solltest du es im 24. Stock eines Hochhauses nicht unbedingt darauf ankommen lassen. Denn sie mag zwar tatsächlich nicht zerbrechen, wenn du dich dagegen wirfst, stattdessen aber vollkommen unversehrt aus dem Rahmen springen.
Willkommen zur Artikel-Reihe RIP LOL – Tode, die nicht ganz so würdig, dafür umso sinnloser sind. Die Frauenquote, das sei schon mal vorausgeschickt, wird gleich null sein, was in diesem Fall doch ziemlich schmeichelhaft ist.
Heute mit ...
... Hans Steininger!
322 Jahre bevor im oberösterreichischen Braunau am Inn Adolf Hitler geboren wird, stirbt ebenda ein Mann ganz anderen Formats. Und hätte dieser den Haar-Stummel unter der Nase jenes schrecklichen Diktators erblicken müssen, so hätte er ihn sicherlich für ausnehmend lächerlich befunden.
Denn Hans Steininger war nicht einfach nur Träger eines imposanten Bartes. Er war beinahe schon mehr Bart als Mensch, eine schonungslose Haareswucht sass da in seinem Gesicht, selbstgerecht besetzte sie Steiningers Kinn, wucherte über seine Oberlippe, um dann einem zweiarmigen Sturzbach gleich bis zur Erde hinabzuströmen. Unten aber verlor er an Kraft und dünnte merklich aus. Ein Umstand, an dem sich Steininger so sehr stiess, dass er sich ganze achtzehn Mal dazu durchrang, jene viel bewunderte Merkwürdigkeit, ja sein Allerliebstes überhaupt zurechtzustutzen, mehrfach gar bis unters Kinn abzuschneiden, auf dass es üppiger als je zuvor wieder zum Vorschein komme.
Wenn dann sein Bart jeweils wieder in wahnwitziger Schnelligkeit herabwuchs und seine üblichen dreieinhalb Ellen (rund zwei Meter) erreichte, glaubte allein Steininger eine Verbesserung hinsichtlich der Voluminösität seines neu gesprossenen Mannesschmuckes zu bemerken. Und niemand wagte ihm zu sagen, dass es sich mit dem unteren Bereiche bedenklich mager verhalte, dass sich die Spitzen auch nach jedem Zuschnitt abermals in zwei zerlumpten Zotteln verlören, die der ganzen ansonsten einwandfreien Pracht kein sehr würdiges Ende verliehen.
Man schwieg, denn Hans Steininger war Stadthauptmann von Braunau. Eine Autorität. Und der Mann, der den Bewohnern dank seiner ungewöhnlichen Erscheinung einen ganzen Strauss an Privilegien mit nach Hause brachte. Denn Kaiser Ferdinand I. erfreute sich so sehr an jenem Bartwunder, dass er es einmal zu sich auf die Prager Burg eingeladen hatte.
Dort durfte Steininger am feierlichen Einzug des Landesherrn teilnehmen, auf einem eigenen Wagen stehend und mit zwei Edelknaben an seiner Seite, die je einen seiner zu diesem Anlass hübsch geflochtenen Bartzöpfe hielten. Und er durfte hernach nicht nur gemeinsam mit Ferdinand an der kaiserlichen Tafel speisen, sondern wurde von diesem auch noch in den erblichen Adelsstand erhoben.
Der Stolz über jene neu gewonnene Adelung habe sich, so behauptete manch ein Braunauer vielleicht auch aus Eifersucht, in Steiningers Schritt niedergeschlagen, der nun strammer geworden sei. Schon von Weitem habe man seine Hacken gehört, wie sie harsch auf dem Boden klackten, wenn er sich wie jeden Morgen von seinem Heim zum Rathaus aufmachte. Es hätte der Hauptstadtmann auch gleich durch die noch verschlafenen Gassen schreien können: «Hoppla jetzt komm ich, alle Türen auf, alle Fenster auf, und die Strasse frei für mich!»
Wenn Steininger unterwegs war, legte er seinen Rauschebart für gewöhnlich zusammengerollt in einen samtenen Beutel, den er um die Schultern trug.
Doch an jenem 28. September 1567 vernebelte ihm dicker Rauch die Sicht und ebenso die Sinne. Eine Feuersbrunst wütete in seinem schönen Städtchen, die Häuser brannten lichterloh. Panisch schreckte er von seiner Bettstatt auf, eilte hinaus aus dem Zimmer und zur Stiege, die ins Freie führte. Doch im ganzen Gehetze, der überstürzten Rasanz und Hastigkeit jenes Augenblicks vergass Hans Steininger sein haariges Geschmeide aus dem Weg zu räumen, trat auf dieses und stürzte die Stufen hinunter in den Tod.
So annehmlich seine Bartpracht ihm das Leben auch gemacht haben mochte, nun hatte sie es jäh beendet. Hans Steininger war das Opfer seiner bodenlangen Eitelkeit geworden.