Eigentlich ist die Bekämpfung des Ozonlochs eine der seltenen Erfolgsgeschichten in der globalen Klimapolitik: Es ist zwar noch nicht verschwunden, doch die lebenswichtige Ozonschicht in der oberen Stratosphäre hat sich laut aktuellen Studien deutlich erholt und befindet sich auf dem Weg zur vollständigen Erholung. Dafür sorgte das 1989 in Kraft getretene Protokoll von Montreal, das die Unterzeichnerstaaten zur Reduzierung und schliesslich zur vollständigen Abschaffung der Emission jener chemischen Substanzen verpflichtete, die für den Ozon-Abbau verantwortlich sind.
Bei den fraglichen Substanzen handelt es sich um Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die seit 1929 industriell hergestellt wurden und besonders in der Kühltechnik, als Treibgas in Sprühdosen, bei der Herstellung von Schaumstoffen oder als Reinigungs- und Lösungsmittel eine wichtige Rolle spielten. Diese geruchlosen und an sich ungiftigen Gase steigen jedoch in die Stratosphäre auf, wo sie bei sehr niedrigen Temperaturen und unter dem Einfluss des Sonnenlichts Ozonmoleküle spalten. Zudem heizen sie auch als Treibhausgase die Klimaerwärmung an.
Nun zeigt sich aber, dass die Emission von fünf ozonabbauenden Chemikalien trotz dieser weitreichenden Verbote deutlich zugenommen hat. Zu diesem überraschenden Schluss kommt eine neue Studie, an der neben der amerikanischen National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA), der University of Bristol und weiteren Forschungsinstituten auch die Eidgenössische Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (EMPA) beteiligt war. Anhand von Messungen an 14 Standorten auf der ganzen Welt, darunter auch auf dem Jungfraujoch, belegen die Forscher, dass die Konzentration von fünf FCKW (FCKW-13, FCKW-112a, FCKW-113a, FCKW-114a und FCKW-115) in der Atmosphäre zugenommen hat.
Die Herstellung der fünf FCKW, von denen derzeit kaum Verwendungszwecke bekannt sind, wurde 2010 für die meisten Anwendungen verboten. Dennoch sind deren Emissionen in den folgenden Jahren rapide angestiegen. Die FCKW würden zum Teil bei der Herstellung von ozonfreundlichen Ersatzstoffen entstehen, teilte die EMPA mit. Die Emissionen von solchen Neben- und Zwischenprodukten seien zwar im Rahmen des Montreal-Protokolls erlaubt, stünden aber im Widerspruch zu dessen Zielen.
Die erhöhten Emissionen von drei der untersuchten FCKW (FCKW-113a, FCKW-114a und FCKW-115) könnten wenigstens zum Teil auf ihre Rolle bei der Herstellung von zwei gängigen Ersatzstoffen zurückgeführt werden. Diese finden hauptsächlich in Kühl- und Klimaanlagen Verwendung. Die Forscher befürchten, dass die Produktion solcher Ersatzstoffe der neuen Generation in Zukunft weiter zunehmen könnte – und damit auch die Emission der FCKW als Nebenprodukt.
Die Ursachen für den Anstieg der Emissionen der beiden anderen FCKW (FCKW-13 und FCKW-112a) bleibt dagegen weitgehend rätselhaft. «Uns ist kein aktueller chemischer Fluorkohlenstoffprozess bekannt, bei dem diese beiden Stoffe als Zwischen- oder Nebenprodukt auftreten», betont Martin Vollmer von der Empa, einer der Mitautoren der Studie. Die Forscher konnten nicht feststellen, woher die Emissionen kommen; sie dokumentierten zwar deren weltweiten Anstieg, waren aber aufgrund fehlender Messdaten nicht in der Lage, bestimmte Quellregionen zu identifizieren.
Die Emissionen gefährden laut der Studie zwar die Erholung der Ozonschicht derzeit nicht wesentlich. Aufgrund des Anstiegs könnte sich dies allerdings ändern. Da die FCKW auch als potente Treibhausgase wirken, beeinflussen sie auch den Klimawandel negativ.
Zusammengenommen entsprächen ihre Emissionen den CO2-Emissionen eines kleineren Industrielandes wie der Schweiz im Jahr 2020, erklärte Studienleiter Luke Western, Forschungsstipendiat an der Universität von Bristol und Forscher am Global Monitoring Laboratory (GML) der NOAA, in einer Mitteilung der University of Bristol. Das entspreche etwa einem Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen in den USA. Um die Ziele des Montreal-Protokolls zu erreichen, könnte daher dessen Verschärfung nötig werden.
(dhr/sda)
Lasst mich raten….China?🤷🏼♂️