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Die neue Erfolgsformel der Politik: Zuwanderung plus Klimaerwärmung

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Analyse

Die neue Erfolgsformel der Politik: Zuwanderung plus Klimaerwärmung

In Österreich nimmt eine konservativ-grüne Regierung ihre Arbeit auf. Die Zentralbanken zerbrechen sich derweil den Kopf über den Einfluss der Klimaerwärmung auf ihre Geldpolitik.
13.01.2020, 13:1714.01.2020, 06:33
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Erstmals hat sich Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz zu seiner neuen konservativ-grünen Regierung in einem Interview geäussert. Gegenüber der «Financial Times» gab er zu Protokoll:

«Es ist wichtig, dass wir unsere Umwelt schützen, aber es ist auch wichtig, dass wir entscheiden können, wer in unserem Land lebt. Wenn wir die illegale Immigration nicht bekämpfen, wird Europa in 5, 10 oder 20 Jahren nicht mehr der gleiche Kontinent sein. Wenn wir nicht kontrollieren können, wer zu uns kommt, können wir nicht in Sicherheit leben – und unsere Identität behalten.»

In Österreich will nun eine schwarz-grüne Regierung versuchen, Klimaerwärmung und Zuwanderung unter einen Hut zu bringen. Für uns mag dies zunächst befremdlich erscheinen. Schliesslich hält die SVP nicht nur in Sachen Immigration die Fahne am höchsten. Sie poltert auch am lautesten gegen alles Grüne. Chefideologe Roger Köppel schwafelt gar öfters von einer «grün-marxistischen Diktatur».

Doch auch in der Schweiz ist die Formel Ökologie plus Zuwanderungs-Hysterie nicht gänzlich unbekannt. In den Achtzigerjahren versuchte die Nationale Aktion unter der Leitung eines gewissen Valentin Oehen damit zu punkten. Der Sohn eines Käsermeisters schaffte es immerhin in den Nationalrat, bevor er sich auf einen Bio-Bauernhof im Tessin zurückzog.

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Oehen wurde zuletzt 2018 auf einem Parteitag der rechtsextremen Pnos gesichtet. Sein Gedankengut lebt in der Ecopop-Bewegung weiter, allerdings ohne rechtsextremen Einschlag und weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit.

dpatopbilder - 18.07.2018, Bayern, Kirchdorf: Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern, schaut während der Grenzkontrollen durch die bayerische Landespolizei am Grenzübergang Kirchdorf durch e ...
Auf der Suche nach grünen Wählern: CSU-Chef Markus Söder.Bild: DPA

Die Formel konservativ plus grün besitzt grosses Zukunftspotential. Wie die SVP gibt sich die AfD in Deutschland zwar wirtschaftspolitisch noch stramm neoliberal und klimaskeptisch, doch das kann sich sehr schnell ändern.

Die bayrische CSU hat unter der Führung ihres neuen Leithammels Markus Söder grüne Themen entdeckt, so etwa das Wohl der Bienen. In den Bundesländern Baden-Württemberg und Hessen sind schwarz-grüne Regierungen an der Macht. Bei einem Erfolg könnte das österreichische Experiment Signalwirkung für ganz Europa haben.

Die riesigen Waldbrände in Australien sind ein deutliches Zeichen, dass die Klimaerwärmung die politische Debatte der nächsten Jahre dominieren wird. Das Wef bittet nicht zufällig Greta Thunberg erneut nach Davos. Die versammelte Wirtschafts- und Politelite wird sich vorwiegend mit diesem Thema beschäftigen.

Das tun auch immer mehr Zentralbanker. Klimaerwärmung verändert nicht nur die Umwelt, sie beeinflusst zunehmend auch die Geldpolitik der Notenbanken. Von der Fed über die EZB bis zur SNB wälzen Experten Fragen wie: Ist die Stabilität des Finanzsystems durch Katastrophen wie die Brände in Australien gefährdet? Was sind die Folgen der Klimaerwärmung für das Wachstum des Bruttoinlandprodukts? Können die Zentralbanken mit ihrer Politik helfen, die Klimaerwärmung zu mildern?

Neu steht die Europäische Zentralbank (EZB) unter der Führung von Christine Lagarde. Um 14.30 Uhr tritt sie in dieser Funktion erstmals nach einer Ratsitzung an die Öffentlichkeit. (Archivbild)
Will grüne Obligationen bevorzugen: EZB-Präsidentin Christine Lagarde.Bild: EPA

In den USA hat der grosse Schatten von Präsident Donald Trump bisher verhindert, dass die amerikanische Notenbank Fed aktive Schritte gegen den Klimawandel unternimmt. Doch weltweit sind bereits 50 Zentralbanken dem NGFS beigetreten, einem Netzwerk, das sich mit den Risiken des Klimawandels befasst. Auch die Schweizerische Nationalbank ist Mitglied dieser Organisation.

Besonders ins grüne Zeug legt sich die Europäische Zentralbank (EZB). Die neue Präsidentin Christine Lagarde hat den Klimawandel zur «kritischen Mission» ihrer Amtszeit erklärt. Sie will künftig den Kauf von «grünen Obligationen» bevorzugen. «Das könnte das Wachstum von grünen Finanzmärkten fördern, indem die Kapitalkosten für die Investitionen von sauberer Energie gegenüber der fossilen Energie sinken», stellt Gavyn Davies in der «Financial Times» fest.

Lagardes Vorgehen ist bei Ökonomen umstritten, insbesondere Jens Weidmann, der Hardliner der deutschen Bundesbank, stemmt sich dagegen. Hingegen kann die EZB-Präsidentin auf politische Unterstützung zählen. Die ebenfalls aus Deutschland stammende Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat einen Green New Deal zur Priorität der EU-Politik erklärt.

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78 Kommentare
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Eron
13.01.2020 13:56registriert März 2017
Und wieder ein Artikel der anders denken gleich in die Nazi Ecke drängt: Wie braun ist grün?
Das ist Watson unwürdig, Diskussionen um die Zuwanderung müssen geführt werden. Gleich vorneweg, Asylsuchen aus Kriegsgebieten muss man unterstützen, sind es doch indirekt wir alle die dafür verantwortlich sind und niemand verlässt seine Heimat freiwillig. Wenn es allerdings Zuwanderung aus wirtschaftlichen Gründen betrifft, muss man die Gründe der Wirtschaft hinterfragen und die Kosten auch auf diese abwälzen, genau so die Frage wie umweltschädlich Zuwanderung ist: Das geschieht nicht!
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Dickes Brötchen
13.01.2020 15:31registriert März 2016
Rechtskonservativ ist heute also mit "braun" gleichgesetzt.

Ganz ehrlich, aber solche Aussagen und dann noch von bekannten und grossen öffentlichen Medien machen mir langsam echt noch grössere Sorgen als die "richtigen" Braunen an sich.

Ich will keine Ideologien, weder von links noch rechts, lasst mich einfach in Ruhe damit!
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stadtzuercher
13.01.2020 14:51registriert Dezember 2014
"Wie braun sind die Grünen?"

Finde es bedenklich, dass die Medien jene, die sich Gedanken über die Zuwanderung machen, als "Braun" bezeichnen (also als Nazis).

Es gibt wahrscheinlich bloss eine Handvoll Bürger in der Schweiz, die unbegrenzte und unkontrollierte Zuwanderung fordern, mit sofortigen Anspruch auf Sozialleistungen und Einbürgerung. Für den Rest passt diese simple Lösung nicht, da gilts Auszuhandeln, was langfristig funktionieren soll.

Aber so sind die Medien heute: Lieber Empörung und Denunziation als Raum für Diskurs.
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