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Das ist die Apple Watch
Apple Watch: Schon die Mittelklasse足-Version kann ziemlich teuer werden.
In wenigen Tagen beginnt der Vorverkauf der Apple Watch. Wir haben an einem der wenigen Testgeräte ausprobiert, was das neue Gadget wirklich kann.
08.04.2015, 14:5010.04.2015, 00:27
Matthias Kremp / spiegel online
Ein Artikel von

Apple hat sich viel Mühe gegeben, seine erste Smartwatch lange vor der Markteinführung bekannt zu machen. Im September wurde die Apple Watch erstmals öffentlich präsentiert, im Januar kündigte Konzernchef Tim Cook den Verkaufsbeginn für April an, Anfang März schliesslich gab das Unternehmen endlich Details und Preise bekannt.
Und jetzt konnte ich eines der ersten Testgeräte in Empfang nehmen, dessen Übergabe ganz anders ablief als üblich. Das Gerät kam nicht per Post, sondern ich durchlief das gesamte Prozedere, das auch künftigen Apple-Watch-Käufern geboten werden soll.
Dazu gehört, dass man schon im Apple Store den Karton öffnet, seine Smartwatch aus der darin verborgenen Box auspackt und sie unter Anleitung eines Apple-Mitarbeiters anpasst, mit dem iPhone verbindet und einrichtet. Ein Service wie bei einem guten Uhrenhändler, der den Preisen zwischen 350 und 18'000 Franken angemessen ist.
Wer das nicht will, kann es aber auch allein versuchen. Sonderlich kompliziert ist der Vorgang nicht. Um beispielsweise die Bluetooth-Verbindung zwischen Handy und Smartwatch herzustellen, müssen keine Menüs aufgerufen, keine Codes eingegeben werden.
Stattdessen genügt es, die Handykamera auf den Bildschirm der Smartwatch auszurichten, auf dem nach dem Einschalten eine wirre Pixelwolke wabert. Einen Augenblick später steht die Verbindung. Alles Weitere erledigt man mit der Apple-Watch-App, die zu iOS 8.2 gehört, ihre Funktionen aber erst in Kombination mit der Smartwatch preisgibt.
Siri versteht mich
Schon beim ersten Ausprobieren fällt mir auf, wie gut die Apple Watch verarbeitet ist. Das Edelstahlgehäuse des Testgeräts macht einen soliden und zugleich edlen Eindruck. Das Deckglas des Bildschirms geht ohne spürbare Kante sanft in das Gehäuse über. Die viel billigeren Android-Smartwatches können da nicht mithalten, nicht einmal die ansonsten sehr schöne Asus Zenwatch.
Beim Herumwischen auf dem Bildschirm merke ich bald, dass die Apple Watch sehr schnell reagiert, Grafiken und Symbole geschmeidig animiert werden. Gleichzeitig fällt auf, dass einige Apps ein wenig langsam sind. Die Stoppuhr beispielsweise braucht fünf Sekunden, bevor sie einsatzbereit ist. Das kann noch optimiert werden.
Fast fehlerlos funktioniert die Texteingabe mit Siri. Das ist wichtig, weil es keine Tastatur gibt, auch keine virtuelle. Gesprochene Nachrichten, Erinnerungen, Termine versteht die Software nahezu perfekt. Nach Ansagen, zum Beispiel «Kalendereintrag, morgen um elf Uhr zum Zahnarzt», erscheint Sekunden später ein entsprechender Vermerk in meinem Terminplan.
Steuerungszentralen: Die Apple-Watch-App und die Aktivitäten-App
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Steuerungszentralen: Die Apple-Watch-App und die Aktivitäten-App
Apple-Watch-App: Nachdem man eine Apple Watch mit der App gekoppelt und eingerichtet hat, kann man damit beginnen, die Feinheiten einzustellen.
Viele verschiedene Klopfzeichen
Ebenso gut funktioniert die sogenannte Taptic Engine, die Apple als verbessertes Gegenstück zum Vibrationsalarm im Handy anpreist. Wenn sie mir etwas signalisiert, fühlt sich das eher so an, als würde mir jemand mit dem Finger aufs Handgelenk klopfen.
Verschiedene Klopfzeichen, kombiniert mit Tonsignalen, sollen unterschiedliche Ereignisse und Mitteilungen signalisieren. Mehrere Dutzend solcher Paare gibt es laut Apple. Nach einer Woche habe ich allerdings Mühe, sie noch auseinanderzuhalten.
An der Krone drehen
Weil der Bildschirm so klein ist, wurden einige Funktionen auf die digitale Krone rechts am Gehäuse gelegt. Der Grund ist klar: Man will mich davon abhalten, mit meinen Fingern auf dem Display herum zu wischen und mir damit selbst die Sicht darauf zu versperren.
Es dauert ein wenig, mich daran zu gewöhnen, aber nach ein paar Tagen habe ich es raus und scrolle seither nur noch mithilfe des kleinen Drehrads durch mein Adressbuch und meine E-Mails.
Eintrittskarten am Arm
Neben den Grundfunktionen – Textnachrichten, Freisprechfunktion, Wetter, Uhrzeit – hat Apple einige Extras in seine Smartwatch gepackt. Eine App beispielsweise, mit der man sein Apple TV oder den iTunes-Player auf iMac und Macbook fernsteuern kann.
Noch nützlicher ist Passbook. Die App, die es auch für iPhones gibt, speichert Flugtickets, Hotelreservierungen, Kinokarten und dergleichen. Bei einer Kontrolle lässt man einfach den QR-Code des entsprechenden Tickets auf dem Display anzeigen. In der Praxis funktionierte das bei mehreren Flügen problemlos, sorgte allerdings noch für verdutzte Blicke beim Personal.
Das sind die ersten Apps der Apple Watch
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Das sind die ersten Apps der Apple Watch
Meldungen, die in der Mitteilungszentrale auf dem iPhone erscheinen, können in derselben Form auch auf dem Display der Apple Watch angezeigt werden.
Wie hoch ist mein Puls?
Die Fitnessfunktionen der Apple Watch eignen sich prima, um sein tägliches Bewegungsniveau zu protokollieren, sportliche Aktivitäten aufzuzeichnen und daraus den ungefähren Kalorienverbrauch zu berechnen. Dank des integrierten Pulsmessers sollen die so berechneten Werte besonders genau sein, etwa so wie beim Fitbit Charge HR.
Bei meinen Tests funktionierte das sehr gut. Die Aktivitäten-App zeichnete korrekt alles auf, wenn ich spazieren ging, eine Fahrradtour machte oder durchs Nordseewatt wanderte. Eine Besonderheit: Die Schrittlänge des Nutzers errechnet die App automatisch mithilfe der GPS-Daten vom iPhone, die während eines Laufs oder Spaziergangs ermittelt werden.
Grafisch werden die so ermittelten Werte sowohl auf der Smartwatch als auch in der iPhone-App hübsch aufbereitet. Besonders weit gehen die Auswertungen im Vergleich zu spezialisierten Apps wie Runtastic oder Runkeeper aber nicht. Weder kann ich mir meine Laufstrecke auf einer Karte anzeigen lassen, noch wird ausgewertet, in welchen Herzfrequenzzonen ich trainiert habe.
Der Akku könnte mehr können
Die Akkulaufzeit war im Test besser als erwartet. Teilweise zeigte mir das Gerät abends noch 75 Prozent Akkukapazität an. Das ändert sich aber drastisch, sobald ich die Watch intensiver benutzte. Unter die 20-Prozent-Marke kam ich trotzdem nicht.
Ein fünfundvierzigminütiges Training mit Pulsmessung und Musik via Bluetooth-Headset saugt 17 Prozent der gespeicherten Energie aus dem Akku. Ein ebenso langes Training ohne Musik und mit einem Bluetooth-Pulsgurt anstelle des eingebauten Sensors benötigte nur sieben Prozent der Akkukapazität.
Zudem zeigte sich, dass die Apple Watch nicht nur ihren eigenen, sondern auch den Akku des angeschlossenen iPhones belastet. Mein Apple-Handy musste während der Testwoche jedenfalls früher an die Steckdose als gewohnt.
Fazit
Design, Material und Verarbeitung der Apple Watch sind makellos. Die neue Smartwatch sieht nicht nur gut aus, sie ist auch sehr angenehm zu tragen. Die Eingewöhnung an das neue System kann ein paar Tage dauern, zeigt dann aber seine Logik und funktioniert schnell und problemlos.
Ihr volles Potenzial wird die Apple Watch aber erst ausspielen, wenn es mehr als die paar Drittanbieter-Apps gibt, die zum Test bereitstanden. Denn die Apple Watch ist ebenso wenig eine Armbanduhr wie ein Smartphone eine Taschenuhr ist.
Pro:
Edles Design
Sehr hochwertige Verarbeitung
Sehr gutes Display
Einfache Bedienung
Drahtlose Ladefunktion
Kontra:
Hohe Preise
Bei intensiver Nutzung mässige Akkulaufzeit
Verkürzt die Akkulaufzeit des gekoppelten iPhones
Die Apple Watch vs. die Konkurrenz

Bild: watson