Rivian greift Tesla an
Tesla verspricht seit fast zehn Jahren, alle Fahrzeuge zu selbstfahrenden Autos zu machen – und der Konkurrent Rivian nun auch. Anders als Elon Musk wollen die Herausforderer dafür aber mehr als nur Kameras nutzen.
VW-Partner Rivian will Fahrzeuge seiner nächsten Generation zu selbstfahrenden Autos (Level 4, vollautomatisiertes Fahren) machen. Dafür entwickelte Rivian selbst einen Spezial-Chip und wird einen Laser-Radar in die Frontscheibe seines neuen Modells R2 integrieren.
Der elektrische Rivian R2 soll im kommenden Jahr in den USA zu Preisen ab 45'000 Dollar auf den Markt kommen.
Auch Tesla verspricht, dass die neuen Fahrzeuge des Konzerns bereits die nötige Technik an Bord haben, um autonom zu fahren. Auf dieser Basis will Firmenchef Elon Musk Tesla zur Nummer eins beim autonomen Fahren machen. Allerdings behauptet er im Gegensatz zum Grossteil der Branche, dies nur mit Kameras als Sensoren schaffen zu können. Zuletzt wurde indes klar, dass ältere Tesla-Modelle wegen zu schwacher Hardware nie autonom fahren werden. Kritiker zweifeln auch daran, dass Teslas aktuelle Hardware in den neusten Modellen ausreichend ist.
Rivian macht es anders als Tesla
Rivian verfolgt einen völlig anderen Ansatz als Tesla und betont, die auch unter dem Namen Lidar bekannten Laser-Radare seien wichtig für die Sicherheit. Kameras stiessen etwa bei schwachem oder zu grellem Licht sowie im Nebel an ihre Grenzen, sagte Rivian-Managerin Vidya Rajagopalan. Die Laser-Radare, auf die auch die Google-Schwesterfirma Waymo bei ihren Robotaxis setzt, tasten dagegen die Umgebung des Fahrzeugs mit ihren Strahlen ab. Zudem bekommt der Rivian R2 elf Kameras und fünf Radar-Sensoren. Dies ist möglich, da die Preise für diese Sensoren laufend fallen.
Autonom fahren zum Schnäppchenpreis?
Die Fahrzeuge sollen auch aus Fahrsituationen im Alltag lernen, sagte der zuständige Rivian-Manager James Philbin. Die Firma will die Funktion für eine einmalige Zahlung von 2500 Dollar oder im Abonnement für rund 50 Dollar pro Monat zur Verfügung stellen. Dies würde Tesla unter Druck setzen, den Preis für sein Fahrassistenzsystem Full-Self-Driving (aktuell 8000 Dollar bzw. 99 Dollar pro Monat) ebenfalls zu senken.
Rivian-Partner VW testet selbstfahrende Mini-Busse in Europa
Rivian-Partner VW setzt für seinen eigenen Robotaxi-Fahrdienst, der aktuell in mehreren europäischen Städten getestet wird, ebenfalls auf Lidar und Kameras. VW hat gegenüber kleinen Start-up-Rivalen den Vorteil, rasch eine grosse Flotte autonom fahrender ID.Buzz-Fahrzeuge selbst produzieren zu können. Im nächsten Schritt wollen die Deutschen ein «Gesamtpaket» aus autonomen Fahrzeugen, Software und Betriebsdienstleistungen anbieten, «das Verkehrsbetreibern ermöglicht, autonome Mobilität zu implementieren.» Die angepeilte Zielgruppe von VWs Robotaxi-Tochterfirma Moia sind somit Städte bzw. Verkehrsbetriebe.
VW hat seinen Robotaxi-Dienst in die Tochterfirma Moia ausgelagert. Ab 2026 will Moia ihre Robotaxis in Kooperation mit Uber auch in den USA auf die Strassen schicken. Denkbar ist zudem, dass VW bei privaten Autos für automatisiertes Fahren künftig auf die Technologie von Rivian setzt. Die beiden Firmen kooperieren bereits bei der Softwareentwicklung.
Milliarden von VW für Rivian
Volkswagen sicherte sich mit einer Investition von bis zu 5,8 Milliarden Dollar Zugang zur Elektronik- und Software-Architektur von Rivian. In einem Gemeinschaftsunternehmen entwickeln die beiden Hersteller die Elektronik für künftige Elektromodelle von VW für die westlichen Automärkte weiter.
Das erste VW-Modell, das die Software von Rivian nutzen wird, ist der VW ID.1, ein geplanter Elektro-Kleinwagen, der 2027 auf den Markt kommt und bei rund 20'000 Franken starten soll. Anschliessen soll die Technologie konzernweit ausgerollt werden, also auch auf andere VW-Marken.
VW ID. Every1: So sieht das günstige E-Auto aus
Ein zentraler Unterschied der bei Rivian entwickelten Architektur ist, dass sie nach Zonen im Fahrzeug statt nach Funktionen aufgebaut ist. Die Lösung sorgt für weniger Komplexität und kürzere Kabelstränge – und drückt damit auch die Kosten.
Die Deutschen versprechen daher ein Bordsystem, das ein ganzes Autoleben lang Updates und neue Funktionen erhält.
Auf Zonen-Architektur setzen auch der Elektroauto-Vorreiter Tesla und diverse chinesische Hersteller. Grosse, etablierte Hersteller wie VW, Toyota und Hyundai streben daher Kooperationen mit E-Auto-Startups an, die ihnen helfen sollen, den Rückstand bei der Software aufzuholen.
(oli/sda/dpa)
