Nach den ersten Luftattacken gegen die Terror-Milizen haben die USA eine zweite Serie von Luftangriffen auf Stellungen der sunnitischen Dischihadisten-Gruppe «Islamischer Staat» (IS) im Nordirak geflogen. Ein unbemannte Drohne habe ein Mörsergeschoss nahe der Kurdenhauptstadt Erbil getroffen, meldete das Pentagon. Anschliessend hätten Kampfflugzeuge einen Konvoi mit sieben Fahrzeugen beschossen und zerstört.
Beim ersten Luftangriff wenige Stunden zuvor hatten zwei US-Kampfjets 220 Kilogramm schwere, lasergelenkte Bomben auf mobile Artilleriegeschütze der Extremisten in der Nähe von Erbil abgeworfen. In der Hauptstadt der autonomen Kurden-Region im Nordirak haben US-Militärberater ein gemeinsames Einsatzzentrum mit der irakischen Armee, zudem unterhalten die Vereinigten Staaten dort ein Generalkonsulat.
Neben der USA hat auch die irakische Luftwaffe laut örtlichen Medienberichten mit Angriffen auf Stellungen der sunnitischen Terrormiliz begonnen. Bereits in der Nacht zum Freitag seien bei Luftschlägen 130 Dschihadisten in der Region von Mossul getötet worden, berichtete das kurdische Nachrichtenportal «Basnews».
Read the Pentagon's statement on the second round of airstrikes in Iraq: http://t.co/36ye6GPBRp
— Wall Street Journal (@WSJ) 8. August 2014
Nach Angaben der irakischen Regierung seien mehrere hundert jesidische Frauen von Kämpfern der IS gefangen genommen worden. Die Frauen seien alle unter 35 und zum Teil in Schulen der Stadt Mossul eingesperrt, sagte ein Sprecher des irakischen Menschenrechtsministeriums, Kamil Amin, der Nachrichtenagentur AP.
Location of US air strike on #IS Islamic militants in northern #Iraq http://t.co/Mn19gVqB79 pic.twitter.com/iPDAe47J7K
— BBC News Graphics (@BBCNewsGraphics) 8. August 2014
US military aircraft conduct strike on ISIL artillery. Artillery was used against Kurdish forces defending Erbil, near US personnel.
— Rear Adm. John Kirby (@PentagonPresSec) 8. August 2014
Zehntausende Mitglieder der religiösen Minderheit der Jesiden waren von den Extremisten aus der Stadt Sinjar nahe der syrischen Grenze vertrieben worden und hatten in den Bergen Unterschlupf gesucht. US-Frachtflugzeuge warfen dort Wasser und Essen für die Flüchtlinge ab.
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— The New York Times (@nytimes) 8. August 2014
Der britische Premierminister David Cameron hat die Entscheidung von US-Präsident Barack Obama begrüsst, Luftangriffe gegen die Dschihadistengruppe zu fliegen. Er sei «extrem besorgt» über die verzweifelte Lage hunderttausender geflüchteter Iraker, erklärte Cameron am Freitag.
Er verurteile die «barbarischen Taten» der IS-«Terroristen» in der Region und begrüsse Obamas Entscheidung, Luftangriffe zu genehmigen. Eine Sprecherin des Premierministers betonte zugleich, Grossbritannien plane selbst kein militärisches Eingreifen.
«Innerhalb der kommenden 48 Stunden» wolle England jedoch Hilfsgüter über dem Nordirak abwerfen. Verteidigungsminister Michael Fallon sagte, seine Regierung habe beschlossen, die USA bei deren am Donnerstag begonnenem Hilfseinsatz zu unterstützen. London will demnach Lebensmittel in den Bergregionen abwerfen, in die sich Flüchtlinge zurückgezogen haben.
Die Vereinten Nationen wollen für die vor der Dschihadisten-Offensive im Nordirak geflohenen Zivilisten einen humanitären Korridor einrichten. Dadurch solle es möglich werden, Zivilisten aus den bedrohten Gebieten zu holen, erklärte der UNO-Gesandte im Irak, Nickolay Mladenov. Die UNO arbeite derzeit mit Hochdruck an der Einrichtung eines solchen Korridors.
Tausende Angehörige der religiösen Minderheit der Jesiden harren seit Tagen ohne Wasser und Nahrung in den kargen Bergen nördlich der Stadt Sindschar aus, die vergangenen Samstag von der IS erobert worden war.
Aus Sicherheitsgründen haben mehrere internationale Fluggesellschaften am Freitag alle Flüge in die nordirakische Stadt Erbil eingestellt: Die Lufthansa, die Turkish Airlines und die Fluggesellschaft Etihad aus den Arabischen Emiraten. Sie teilte mit, die Entscheidung sei als Reaktion auf die schlechter werdende Sicherheitslage in der Region durch Angriffe der IS gefallen.
Die IS-Terrormiliz hat ausserdem eine strategisch wichtige syrische Militärbasis in der Provinz Al-Rakka erobert. Damit kontrollieren die Extremisten nach Angaben der oppositionsnahen Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte fast den kompletten Osten des Landes.
In Syrien beherrscht der IS fast ein Drittel des Landes. Hinzu kommen im Irak die Provinz Anbar an der Grenze zu Syrien sowie grosse Teile des Nordirak, in denen IS-Kämpfer seit den letzten Tagen massiv Jagd auf religiöse Minderheiten machen. Ende Juni hatte die Terrormiliz ein Kalifat im Irak und in Syrien ausgerufen.