Besser als im ersten Drittel hat der HCD in dieser Saison nie gespielt. Ja, der Chronist kann sich nicht an ein besseres Drittel eines Schweizer Klubteams erinnern. Besser waren nicht einmal die ZSC Lions in den beiden grandiosen Final-Spielen gegen Magnitogorsk der Champions League 2009. Disziplinierter, konzentrierter, cleverer, schneller, präziser als der HCD in diesem Startdrittel gegen Ufa kann eine Mannschaft eigentlich gar nicht mehr spielen. Aber es reichte nur zu einer 2:0-Führung. Ein 3:0 hätte vielleicht den Sieg beschert.
Trainer Arno Del Curto war ganz und gar nicht zufrieden und monierte, seine Mannschaft sei einfach nicht in der Lage, ein Spiel durchzuziehen. «Es geht uns in der Meisterschaft zu gut. Das Nachlassen hat kaum Folgen und wir gewinnen dann nach einem 5:1 halt 5:4. Aber gegen Ufa reichte es nicht.»
Es gibt auch eine andere Sicht der Dinge: Es ist für eine Mannschaft gar nicht möglich, drei Drittel lang dieses Niveau zu halten. Der HCD war im ersten Drittel zu gut und im zweiten und dritten Drittel gut. So gesehen ist es ein Nachlassen. Aber ein Nachlassen auf allerallerhöchstem Niveau. Und gerade darin lauert für den HCD in den Playoffs eine Gefahr. Die Gefahr, nach 2012, 2013 und 2014 zum dritten Mal in Serie die Viertelfinals zu verlieren.
Wenn es dem Gegner gelingt, den Schaden im ersten Drittel in Grenzen und das Resultat knapp oder gar ausgeglichen zu halten, dann ist der HCD im zweiten und dritten Drittel mit etwas Glück zu packen. Das Problem: Es gelingt oft selbst mit einem perfekten Spiel nicht, genügend Tore zu erzielen. Ein defensiv gut organisierter Gegner, ein starker Torhüter, ein bisschen Pech – und schon steht es bloss 2:0 statt 4:0, 2:1 statt 4:1. Gegen Ufa waren zwei Treffer aus dem Startdrittel zu wenig.
Der HCD hat uns in diesem Halbfinale mit einem grandiosen Spiel bestens unterhalten. Und zugleich den Flachland-Titanen aus Bern, Zürich und Lugano gezeigt, dass es trotz aller spielerischen und taktischen Herrlichkeit doch einen Weg gibt, um selbst einen HCD in so guter Form zu besiegen.
Bei dieser spektakulären HCD-Spielweise kommt dem Torhüter eine zentrale Rolle zu. Leonardo Genoni kann verhindern, dass ein Nachlassen bestraft wird. Gegen Ufa ist es ihm nicht gelungen. Obwohl er sein bestes Hockey spielte. Oder doch nicht? Er war selbstkritisch und sagte, er hätte den zweiten und dritten Treffer verhindern müssen. Beim 2:2 habe er den Querpass nicht abgefangen und beim 2:3 sei er nicht schnell genug wieder auf den Beinen gewesen. Doch der neutrale Beobachter sagt trotzdem: Leonardo Genoni war in diesem Spiel Weltklasse.
Leonardo Genonis Selbstkritik ist typisch für die hohe Leistungskultur beim HC Davos. Und muss die Titanen im Flachland beunruhigen. Denn: Wenn Leonardo Genoni so hält wie gegen Ufa, dann gelingt es in den Playoffs keinem NLA-Team, gegen den HC Davos ein 0:2 aufzuholen. Da er mit dieser Leistung gegen Ufa ja nicht zufrieden war, ist damit zu rechnen, dass er noch besser wird. Aber wenn Leonardo Genoni in den Playoffs noch besser spielen sollte als in diesem Spengler Cup-Halbfinale, dann hat der HCD Davos den Titel auf sicher.