Am 19. Februar 2021 wurde gegen Attila Hildmann in Deutschland ein Haftbefehl wegen des Verdachts der Volksverhetzung, wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte ausgestellt. Als die Staatsanwaltschaft drei Tage später davon erfährt, ist der rechtsextreme Verschwörungstheoretiker bereits untergetaucht. Seither fehlt von ihm der Aufenthaltsort. Nun hat ihn ein Team des Nachrichtenmagazins «Stern» in der türkischen Stadt Kartepe, etwa eineinhalb Stunden südöstlich von Istanbul, aufgespürt.
Die Jagd nach Attila Hildmann nahm Ende April plötzlich Fahrt auf, wie «Stern»-Reporterin Tina Kaiser über die Recherche erzählt. Damals wendete sich ein langjähriger enger Mitarbeiter und Vertrauter Hildmanns gegen ihn – und packte als Whistleblower aus.
So sei man an Informationen gekommen, die bei der Spurensuche weiterhalfen. Zudem habe man über Monate den Telegram-Kanal des Verschwörungstheoretikers ausgewertet. Entscheidend sollte schliesslich der Moment werden, als «Stern»-Reporterin Kaiser in den privaten Chat von Hildmann gelangte. In den Chat würden nur «stramme Nazis» aufgenommen, wie Kaiser berichtet. «Er hat mir abgenommen, dass ich eine bin». Die Reporterin war drin – und bekam exklusive Einblicke in Hildmanns Leben: Hildmann in seinem Garten. Hildmanns Auto. Hildmann beim Tierarzt.
Für sich genommen seien dies nicht viel mehr als aussageleere Puzzleteile gewesen. Alles zusammengesetzt hätte aber die Spur zu Hildmann verdichtet. Und dann gab es noch das alles entscheidende letzte Puzzleteil: den auffälligen Fliesenboden bei Hildmanns Tierarzt.
«Wir haben so lange im Internet nach einem Tierarzt in der Türkei gesucht, der die gleichen Fliesen mit den gleichen Sprüngen hatte, bis wir ihn gefunden hatten», gibt Kaiser zu Protokoll.
Unterstützt wurde das Reporterteam von den Hildbusters, einer privaten Gruppe, die sich als Hobbydetektive ebenfalls auf die Jagd nach Hildmann machten. «Wir hatten das Reporterglück und haben den Tierarzt gefunden», sagt Kaiser zum entscheidenden Moment.
Schliesslich sollte es in der Türkei zum Aufeinandertreffen mit Hildmann kommen. Den Reportern war klar: «Wir wollten nicht einfach bei ihm klingeln». Die Gefahr, dass er die Tür einfach wieder schliesst und dann gewarnt ist, sei ihnen zu gross gewesen. «Zudem haben wir gehört, dass er bewaffnet ist.» Deshalb habe man ihn in einer zufälligen Situation überraschen wollen. «Wir wussten, dass er morgens um kurz nach 10 Uhr mit dem Hund Gassi geht.» So war es dann auch. Das Team überraschte Hildmann und nahm das Gespräch mit ihm auf. «Dabei haben wir ihn auch gefilmt, weil uns klar war, dass er später seine eigene Wahrheit entwickeln wird, was bei dem Treffen passiert ist», erzählt Kaiser.
Der Erkenntnisgewinn im Gespräch sei hingegen «relativ gering» gewesen. Hildmann habe vor allem seine Verschwörungsideologien wiederholt («Juden sind an allem schuld, Corona ist eine Erfindung der Juden und die Impfung soll uns alle töten»). Ob er wirklich den türkischen Pass besitzt, wie er behauptet, wollte er nicht beweisen.
Warum er sich denn in der Türkei verstecke, wenn er doch mit einem Pass dort frei leben könne, habe der Verschwörungstheoretiker ebenfalls nicht wirklich erklären können. Allerdings, so die Reporterin, habe Hildmann sein Versteck bislang nicht verlassen. Noch immer soll er in dem Haus in Karpete sein. (meg)
Aufenthaltsermittlung, Auslieferung und dann ab hinter Gitter.
Solchen Gestalten darf man keine Bühne für ihre Hassreden geben!
Auch wenn ich nicht weiss, wie realistisch dass es ist, so hoffe ich trotzdem, dass er bald vor ein Gericht gestellt wird.