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70’000 Franken pro Nacht – plus 4.75 Kurtaxe

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70’000 Franken pro Nacht – plus 4.75 Kurtaxe

Das teuerste Hotelzimmer der Welt ist in Genf. Eine Übernachtung kostet so viel wie ein Mercedes. Wir buchen. 
22.02.2014, 13:1223.06.2014, 14:33
Oliver Baroni
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«Guten Tag. Ich möchte die Royal Penthouse Suite für zwei Nächte mieten.»

Die teuerste Hotelübernachtung der Welt kostet laut einem Bericht von CNN 83’200 Dollar. Es handelt sich um die Royal Penthouse Suite des Genfer Hotels President Wilson.

83’200 Dollar? Das ist wirklich eine Stange Geld. Dafür könnte ich zum Beispiel einen nigelnagelneuen E-Klasse-Mercedes mit allen Schikanen kaufen.

Oder ein Luxusschnellboot mit Wohnbereich, Küche und Schlafzimmer. Oder die Gerichtskosten für die nicht artgerechte Haltung eines Primaten.

Wir beschliessen, die Probe aufs Exempel zu machen und rufen im Genfer Gasthaus an. Mit nur bedingt freundlicher Stimme wird uns am Telefon bedeutet, wir müssten per E-Mail anfragen. Am Telefon würden keine Angaben gemacht, nicht einmal über die Verfügbarkeit an einem bestimmten Datum.

Per E-Mail also kündigen wir an, dass wir zwei Nächte ab dem 15. März buchen möchten, bitte. Wir kämen zu zweit. Warten wir mal die Antwort ab. 

Panzerglas und Prachtskulisse

Genf gilt, was Hotels angeht, ohnehin als überteuertes Pflaster. Es ist nur logisch also, dass sich die erlesenste Suite der Welt ebenfalls am Lac Léman befindet. Laut CNN haben Berühmtheiten wie Bill Gates und Michael Douglas bereits im Royal Penthouse übernachtet.  

Was bekommt man denn Schönes für 83’200 Dollar pro Nacht geboten? Laut Hotelofferte umfasst die Suite «Zwölf Luxuszimmer mit jeweils zwölf Marmorbädern» sowie eine private, 1700 Quadratmeter grosse Terrasse, die einen «unvergleichlichen Rundumblick über den See mit prachtvoller Bergkulisse» bietet. Ausserdem «alle nur erdenklichen Annehmlichkeiten wie den Bang-&-Olufsen-BeoVision-4-103-Flachbildschirm mit Audioinstallation, einen Steinway-Konzertflügel, einen Billardtisch und ein eigenes Fitnesscenter». Nicht ganz unwichtig: Die Sicherheit wird grossgeschrieben: Ein Privatlift führt direkt zur Suite, sämtliche Fenster sind aus kugelsicherem Panzerglas. 

Das ist ein ordentliches Angebot. Vor allem der Steinway-Konzertflügel verleiht dem Ganzen einen schönen Ton. Aber für umgerechnet rund 76’000 Franken könnte man den Steinway gleich kaufen und nach Hause liefern lassen. Oder anders ausgedrückt: Wie rechtfertigt man den exorbitanten Preis gegenüber anderen, ähnlich luxuriösen Hotelsuiten, die vielleicht «nur» 10’000 Dollar die Nacht kosten?

Vor allem angesichts der Tatsache, dass man sich laut Eigenwerbung «die grösste und luxuriöseste aller Hotelsuiten» leistet.

Der Superlativ ist wohl das Killerargument, denn erstaunlicherweise herrscht in der Liga der Mega-Premium-Hotelsuiten ein erheblicher Konkurrenzkampf. «Es gab Zimmer für fünfstellige Beträge auch in den Neunzigern, doch es waren weniger als heute», so Nikhil Bhalia, Vizepräsident für Unterkunfts-Marktwertforschung bei der Investment-Beratung FBR. «Seit damals hat sich die Zahl der Superreichen, die sich ein solches Zimmer leisten können, vervielfacht.»

Diskretion oder Aufmerksamkeit – Service is king.
Diskretion oder Aufmerksamkeit – Service is king.Symbolbild: Shutterstock

Laut Christopher Noton von der Four-Seasons-Hotelgruppe ist der wahre Wert eines Luxusaufenthalts nicht das Zimmer an sich, sondern der Service: «Wenn Sie alleine gelassen werden möchten, werde ich tunlichst schauen, dass dies gewährleistet wird. Wenn Sie möchten, dass viel Aufhebens um Sie gemacht wird, dann machen wir das auch», sagte er CNN.

«Gerne offerieren wir Ihnen ...»

Wenige Stunden später landet die Offerte des Hotels President Wilson im Posteingang: Das gewünschte Datum ist verfügbar und man gewährt uns einen Spezialtarif: «CHF 35,000 instead of CHF 70,000». Sehr grosszügig – und der Beweis, dass Zimmer-Tarife auch im obersten Segment gehörig fluktuieren.  

Macht 94 Franken, bitte.
Macht 94 Franken, bitte.Symbolbild: Shutterstock

Allerdings ist 35’000 pro Nacht kein All-inclusive-Preis. Laut Offerte kostet der American Breakfast 47 Franken pro Person. Wünscht man ein Zusatzbett, kostet dies 100 Franken pro Nacht. Ach ja, 4.75 Kurtaxe kommt noch dazu. 

Wir antworten: Herzlichen Dank für die Offerte, herzlichen Dank auch für den Spezialtarif. Mit leisem Erstaunen nehmen wir aber die Zusatzkosten für das Frühstück zur Kenntnis. Bitte senden Sie uns doch noch eine Auflistung der Services, die im Zimmerpreis mit eingeschlossen sind.

Leider wird unser zweites Mail nicht beantwortet. 

Dann halt nicht

Die Recherche hinterlässt bei uns den leisen Verdacht, dass sich der Preis für die teuerste Hotelsuite der Welt nicht wirklich lohnt – selbst wenn man einen ähnlich dicken Geldbeutel wie Bill Gates hat. Nichts gegen Genf und seine schöne Lage, doch eine Hotelsuite mit Blick auf die Iguaçu-Fälle oder die Masai Mara wäre in Sachen «unvergleichlicher Rundumblick» noch ein wenig cooler, oder? 

Genf, von der Terrasse der Royal Penthouse Suite aus gesehen.
Genf, von der Terrasse der Royal Penthouse Suite aus gesehen.Bild: WikiCommons/Martin St-Amant

Vor allem aber dürfte ein Gast doch bitte sehr erwarten dürfen, dass für 70'000 Franken – ja selbst beim Rabatt-Tarif von 35'000 Franken – Kleinigkeiten wie Frühstück inbegriffen sind. Und in einer Zwölfzimmersuite sollte es doch nicht nötig sein, für ein Zusatzbett 100 Franken zu verlangen. Das wirkt kleinlich. Wo ist hier der Service, der angeblich der wahre Grund für den High-End-Preis sein soll? 

watson blieb deshalb bloss übrig, sich für die Offerte zu bedanken. Leider haben wir uns umentschieden. Wir kaufen lieber den Mercedes. Oder das Boot.

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