IV-Rentner sollen mit GPS-Peilsendern überwacht werden dürfen

IV-Rentner sollen mit GPS-Peilsendern überwacht werden dürfen

14.12.2017, 05:08

Der Ständerat entscheidet heute Donnerstag, ob die IV ihre Versicherten bei Verdacht auf Missbrauch künftig mit GPS-Peilsendern überwachen darf. Die Gegner äussern rechtsstaatliche Bedenken.

Geht es nach dem Willen der vorberatenden Kommission, sollen nicht nur Bild- und Tonaufnahmen erlaubt sein, sondern auch technische Instrumente zur Standortbestimmung. Die IV und andere Sozialversicherungen dürften also nicht bloss observieren, sondern überwachen.

Zulässig sind solche Mittel sonst nur für Strafverfolgungsbehörden und den Nachrichtendienst. Diese brauchen dafür aber eine richterliche Genehmigung. Die Ständeratskommission will solche Mittel nun Sozialdetektiven ohne Genehmigung erlauben.

Bundesrat dagegen

Der Bundesrat lehnt das ab. Er argumentiert mit dem Persönlichkeitsschutz und dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit. In seiner Stellungnahme zum Gesetzesentwurf der Kommission äusserte er auch Zweifel, dass sich mit GPS-Trackern entscheidende Erkenntnisse gewinnen lassen. Vor den Beratungen im Ständerat meldeten sich auch Rechtsprofessoren zu Wort. Sie machten rechtsstaatliche Bedenken geltend.

SP-Vertreterinnen und Vertreter beantragen im Ständerat, nur Bildaufzeichnungen zuzulassen. Tonaufnahmen und GPS-Tracker sollen nicht erlaubt sein. Ausserdem soll die Observation nur erlaubt sein, wenn eine Richterin oder ein Richter des kantonalen Versicherungsgerichts sie genehmigt.

Konkrete Anhaltspunkte

Nach dem Willen der Kommission soll eine Person mit leitender Funktion bei der Versicherung die Observation anordnen können. Personen sollen dann observiert und überwacht werden dürfen, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte anzunehmen ist, dass sie unrechtmässig Leistungen beziehen oder zu beziehen versuchen.

Eine weitere Voraussetzung ist, dass die Abklärungen sonst aussichtslos oder unverhältnismässig erschwert würden. Eine linke Kommissionsminderheit möchte ausserdem im Gesetz verankern, dass die Betroffenen nur an allgemein zugänglichen Orten observiert werden dürfen.

Höchstens 30 Tage

Nicht umstritten ist die Dauer der Observation: Die Versicherten sollen an höchstens 30 Tagen innerhalb von sechs Monaten beobachtet werden dürfen. Die Dauer könnte um höchstens sechs Monate verlängert werden.

Ursprünglich hatte die Ständeratskommission eine unbegrenzte Verlängerung zulassen wollen. Der Bundesrat erinnerte in seiner Stellungnahme aber daran, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EUGH) eine klar geregelte Maximaldauer verlangt.

Fehlende Gesetzesgrundlage

Die gesamten Gesetzgebungsarbeiten gehen auf ein Urteil dieses Gerichts zurück. Der EUGH hatte festgestellt, dass in der Schweiz eine klare und detaillierte gesetzliche Grundlage zur Observation von Versicherten fehlt. Wegen des Urteils mussten die Unfallversicherer und die IV ihre Beobachtungen einstellen.

Um diese wieder zu ermöglichen, wollte der Bundesrat im Rahmen einer Reform des Sozialversicherungsrechts eine gesetzliche Grundlage schaffen. Die Ständeratskommission beschloss aber, das Verfahren zu beschleunigen. Sie löste den Observationsartikel aus dem Reformpaket heraus und ergänzte diesen mit den technischen Instrumenten zur Standortbestimmung. (sda)

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