Herr Egli, Ihr Motto ist «Fakten statt Angstmacherei». Fakten werden in der Politik allerdings immer unwichtiger und durch Emotionen ersetzt. Glauben Sie, Ihre Bewegung wird sich auch in Zukunft noch mit Fakten halten können?
Stefan Egli: Ja, davon bin ich überzeugt. Mit Faktenchecks kann man viel bewirken, das hat unser Erfolg bei der Durchsetzungsinitiative gezeigt. Unser Artikel «Die 5 grössten Lügen im SVP-Extrablatt» war der meistgeklickte Artikel der ganzen Kampagne.
Und dieses Erfolgsrezept wollen Sie jetzt einfach immer wieder anwenden?
Der Erfolg gibt uns Recht. Mit unserer neuen Kampagne zeigt sich erneut, dass sich viel bewegen lässt, wenn man offen sagt: «Nein, dieses Plakat der SVP ist einfach falsch und irreführend.» Ich glaube, dass Faktenchecks ein wichtiges Instrument im Kampf gegen den Populismus sind und bin optimistisch, dass wir damit auch in Zukunft Erfolg haben werden.
Faktenchecks waren bei Trump aber erfolglos. Ist Trump faktenresistent?
Das ist eine gute Frage. Vielleicht liegt es daran, dass Trump zu erst gar nicht ernst genommen und für seine Aussagen ausgelacht wurde. Um jemanden mit Gegenargumenten und Fakten zu konfrontieren, muss man seine Aussage zuerst ernst nehmen. Das hat man bei ihm nicht gemacht. Trump wurde in den Medien und in der Öffentlichkeit zu lange als Witzfigur dargestellt und als man begonnen hat, ihn ernst zu nehmen, war es schon zu spät.
Wäre ein Trump auch in der Schweiz möglich?
Theoretisch schon, aber eine solche Figur wäre bei uns nur kurzfristig erfolgreich. Die SVP politisiert seit 20 Jahren mit ähnlichen Methoden, hat aber abgesehen von einzelnen Initiativen, wie Minarett- oder Masseneinwanderungs-Initiative, nur mässig Erfolg.
Wo liegt der Unterschied zwischen der Schweiz und den USA?
Die Schweiz hat ein völlig anderes politisches System als die USA. Trump wird in den USA gleich für vier Jahre ins Amt gewählt, in der Schweiz wäre so etwas längerfristig schlicht nicht mehrheitsfähig. Ein Andreas Glarner ähnelt Trump in Auftreten und Argumentation zwar sehr, aber bei uns kommt das nicht gut an. Auch in den Medien wird so jemand schnell entmachtet, wie man in der letzten Arena gesehen hat. Dort hat Moderator Jonas Projer den SVP-Hardliner völlig auseinandergenommen. Trump hätte längerfristig in der Schweiz also keine Chance.
Das mit dem mässigen Erfolg stimmt jetzt aber nicht wirklich. Populisten gewinnen auf der ganzen Welt an Zuwachs, auch in der Schweiz. Wieso erhalten sie so viel Zustimmung?
Wenn ich diese Frage beantworten könnte, hätten wir wohl weit weniger Probleme. Populisten werden zwar immer stärker, aber gleichzeitig werden auch viele Gegenbewegungen ins Leben gerufen. Mit Operation Libero erreichen wir beispielsweise viele Leute, die früher kaum politisch interessiert, geschweige denn aktiv dabei waren. Auf beiden Seiten scheint sich also etwas zu bewegen und dass Menschen wieder Interesse an der Politik zeigen, ist grundsätzlich etwas sehr gutes. Ausserdem scheint es wichtiger denn je, dass offene und liberale Bewegungen dem Populismus jetzt die Stirn bieten, ob in der Schweiz oder im Resten der Welt.
Sie haben innert kürzester Zeit 100'000 Franken für Ihre Kampagne für die erleichterte Einbürgerung der dritten Generation erhalten. Was ist Ihr Geheimnis?
Es waren vor allem zwei Faktoren, die zu diesem Erfolg führten. Einerseits war die Empörung über die Burka-Plakate sehr gross und viele Leute hatten einfach die Nase voll von solchen Hetzkampagnen. So eine plumpe Kampagne geht vielen Menschen schlicht zu weit.
Sie profitieren also vor allem von Empörung?
Ja, anderseits ist die Einbürgerung der dritten Generation für viele Menschen selbstverständlich und sie verstehen gar nicht, wieso man darüber abstimmen muss. Wenn jemand in der Schweiz geboren wurde, in die Schule ging und sein ganzes Leben hier verbrachte, ist es doch vollkommen klar, dass diese Person zur Schweiz gehört. Es ist selbstverständlich, dass Terzas und Terzos, also Kinder von Migranten in der dritten Generation, Schweizerinnen und Schweizer sind und die gleichen Rechte haben sollten.
Operation Libero ist eine Bewegung und keine Partei. Wieso sollten Sie besser wissen, wie es funktioniert als die Leute in Bern? Sie sind doch gar keine Politiker.
Das stimmt so nicht ganz. Viele Liberas und Liberos sind politisch tätig im institutionellen Sinn, also in einer politischen Partei oder in einem Amt. Vielleicht muss man den Begriff «politisch» aber auch ausweiten. Viele gesellschaftliche Themen sind politisch, werden aber nicht als solche wahrgenommen. Operation Libero ist ganz klar eine politische Bewegung mit politischen Positionen, und die Menschen, die uns unterstützen, tun das aus politischer Überzeugung. Somit glaube ich nicht, dass wir uns gross von der Politik in Bern unterscheiden. Wir tun dasselbe, einfach in einer etwas anderen Form. Ausserdem braucht es vielleicht genau die Distanz zu Bern, um besser Politik zu betreiben.
Trump war auch kein Politiker und ist jetzt Präsident. Muss man gar nicht mehr Politker sein, um zu regieren? Wirkt ein wenig so, als würden die Passagiere denken, sie könnten das Flugzeug besser fliegen als der Pilot.
Auch Trump ist politisch und man muss ihn politisch bekämpfen. Gerade in einer Demokratie wie in der Schweiz sind eben alle Passagiere auch Piloten. Wie gesagt, ich glaube die Menschen beschäftigen sich stark mit gesellschaftlichen Fragen, nehmen diese aber gar nicht als politisch war. Wenn die Leute also die Nase voll von «Politkern» im traditionellen Sinn haben oder die «Elite» kritisieren, was auch immer das sein soll, dann heisst das lediglich, dass sie eine andere Politik wollen.