Eine Aussage der Patientenschützerin Margrit Kessler gegenüber «20 Minuten online» sorgt für Empörung. In ihrem Interview vom letzten Freitag sagte sie, dass nur jene Patienten ein teures Hepatitis-Medikament erhalten sollten, die ihre Krankheit nicht selbst verschuldet hätten. Sie kritisierte damit die Abgabe des Medikamentes an Drogensüchtige, die nach ihrer Aussage selbst verantwortlich für die Erkrankung sind.
In einem heute veröffentlichten offenen Brief fordern mehrere Organisationen Kessler auf, ihre Haltung zu überdenken. Der Brief, der vom «Positivrat» initiiert wurde, wurde mittlerweile von zehn namhaften Gesundheitsorganisationen unterzeichnet. Er kritisiert die Haltung der Patientenschützerin scharf: «Drogensüchtigen die Verantwortung für Folgeschäden ihrer Krankheit zuzuschreiben, zeugt von einer grossen Unkenntnis.» Die Gesundheitsorganisationen wollen klar stellen, dass eine Sucht eine Krankheit ist, die behandelt und geschützt werden sollten.
Kessler stelle das Solidaritätsprinzip im Schweizer Gesundheitswesen in Frage, heisst es im offenen Brief, den unter anderem die Präsidenten der Diabetes-Gesellschaft, der Aids-Hilfe, der Adipositas-Stiftung und der HIV-Kohorte unterschrieben haben.
Sie warnen vor der Einführung des Verursacherprinzips: «Was ist dann mit dem krebskranken Raucher? Was mit dem Übergewichtigen, der an Diabetes erkrankt? Was mit dem Hauswart, der sich beim unvorsichtigen Arbeiten das Bein bricht?»
Die Unterzeichner seien «schwer enttäuscht». Eine Stellungnahme von Seiten der Stiftung Patientenschutz sei dringend nötig. Kessler kündigte bereits an, sie werde auf den offenen Brief reagieren und Stellung nehmen. (pma/sda)