2009 kaufte sich Jan Koum ein iPhone.
Er erkannte das Potenzial, das der noch junge App Store bot und beschloss, eine eigene App herauszubringen.
Das sollte sein Leben auf den Kopf stellen. Und das vieler anderer Menschen auf dem Planeten.
Nur ahnte das damals noch niemand. Am wenigsten Jan selbst.
Mit 16 war Jan mit Mutter und Grossmutter von der Ukraine in die USA geflüchtet. Sie hatten befürchtet, als jüdische Familie von Antisemiten verfolgt zu werden.
Der Vater blieb in Osteuropa.
Die Ukraine war damals ein kommunistischer Unrechtsstaat, der die eigenen Bürger überwachte. Jan und seine Mutter konnten es sich nur selten leisten, von Kalifornien aus in die alte Heimat zu telefonieren.
Da verwundert es nicht, dass sich Jans Geschäftsidee um eine App drehte, die Menschen weltweit verbindet.
Am 24. Februar 2009, seinem 33. Geburtstag, gründete Jan in Mountain View, Kalifornien, seine eigene Firma. Er nannte sie WhatsApp Inc. und holte seinen Freund und früheren Arbeitskollegen Brian Acton an Bord. Der war ihm in schweren Zeiten beigestanden: Als seine Mutter 2000 an Krebs starb und Jan zum Vollwaisen wurde.
WhatsApp sollte grenzüberschreitend funktionieren, günstig sein, wenn möglich abhörsicher, und werbefrei. Seit ihrer Zeit bei Yahoo hassten Jan und Brian Online-Anzeigen.
Im Mai 2009 veröffentlichten Jan und Brian die erste Version ihrer mithilfe von russischen Programmierern entwickelten App. Es war ein zäher Start, geprägt von Pleiten, Pech und Pannen.
Ausgerechnet Apple bewahrte die bereits ziemlich entmutigten Jungunternehmer vor dem wirtschaftlichen Schiffbruch: Mit der Einführung von Push-Mitteilungen (ja, die gibt es erst seit Juni 2009). Fortan konnte WhatsApp seine User in Echtzeit über Status-Änderungen informieren.
Fun Fact: Damals nannte Apple sein mobiles Betriebssystem noch nicht iOS, sondern iPhone OS 3. Und WhatsApp nahm (wie das iPhone) gewaltig Fahrt auf.
2011 lancierte Apple iMessage, und damit den zweiten SMS-Killer. Den Mobilfunk-Providern ging das Geschäft mit sauteuren kostenpflichtigen Textnachrichten flöten. Viel zu lange hatten die träge gewordenen Konzerne einfach nur die Kunden gemolken. Technische Innovation? Fehlanzeige.
Ganz anders die beiden Nerds, die WhatsApp dank Geldspritzen aus dem Silicon Valley bei rasant wachsenden Nutzerzahlen am Laufen hielten und dabei grössten Wert auf Benutzerfreundlichkeit legten. Aus ihrem Start-up wurde ein Tech-Gigant, der scheinbar nicht zu stoppen war.
Später erinnerte sich Jan:
Nächsten Februar wird WhatsApp 10. Doch das Firmenjubiläum findet ohne Jan und seinen Kompagnon Brian statt. Die Kapitäne sind von Bord. Und mit ihnen alle guten Vorsätze.
Wir halten fest: Die WhatsApp-Gründer haben ihr «Baby» an den grössten Datenkraken in der Geschichte der Menschheit verkauft – und Mark Zuckerberg vertraut?
Sicher ist auch: Nach einigen Jahren innerhalb des Facebook-Konzerns hatten die beiden die Schnauze gestrichen voll. Vom Facebook-Gründer und von dessen geplanten Tabubruch: WhatsApp wird neu Werbung anzeigen.
Im März 2018 twitterte Brian:
Es war sein bislang letzter Tweet.
Ihm sollen durch den schnellen Ausstieg aus dem Facebook-Konzern Aktienoptionen in Höhe von 900 Millionen Dollar entgangen sein, bei Jan waren es rund 400 Millionen.
Später räumte Brian in einem Interview ein:
Seither tut er Busse. Etwa indem er die unabhängige Messenger-App Signal finanziell unterstützt.
Die Forbes-Reporterin, die ihn zum Interview traf, schrieb:
Uns «normalen» Usern bleibt die Frage, warum wir immer noch über WhatsApp kommunizieren. Auch wenn wir wissen, dass Facebook nicht nur unsere eigenen Daten aufsaugt, sondern auch all unsere gespeicherten Kontakte.
Antwort: Weil uns die Konsequenzen letztlich egal sind.
Jan und Brian werdens verstehen.