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Iran

Meuterei im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran

Brand und Aufstand im iranischen Ewin-Gefängnis.
Im berüchtigten iranischen Ewin-Gefängnis kam es am Samstagabend zu einem Gefangenenaufstand und einem Brand.Bild: twitter/jeagerkinnie

Meuterei und Brand in berüchtigtem Ewin-Gefängnis in Teheran

In der iranischen Hauptstadt Teheran ist es zu einem Konflikt in einem berühmt-berüchtigten Gefängnis zwischen Inhaftieren und Gefängniswärtern gekommen. Mindestens acht Personen wurden verletzt.
15.10.2022, 22:1816.10.2022, 07:37
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Was ist passiert?

Im berüchtigten Ewin-Gefängnis in der iranischen Hauptstadt Teheran ist bei einem Konflikt zwischen Inhaftierten und dem Sicherheitspersonal ein Feuer ausgebrochen. Die staatliche Nachrichtenagentur Irna berichtete am Samstagabend zunächst von einer Auseinandersetzung zwischen «Hooligans und Randalierern» mit den Gefängniswärtern. Das Textillager der Anstalt sei in Brand gesteckt worden, hiess es weiter. Die Lage sei jedoch nach kurzer Zeit wieder unter Kontrolle gebracht worden. Die Feuerwehr habe den Brand inzwischen gelöscht.

Was genau in dem Gefängnis geschah, liess sich nicht unabhängig überprüfen. Videos in den sozialen Medien zeigen das Feuer, zudem sind mehrfach Geräusche zu hören, die nach Schüssen klingen. Die Bilder konnte zunächst nicht unabhängig verifiziert werden. Laut der staatlichen Nachrichtenagentur Irna wurden bislang acht Verletzte beim Gefängnisaufstand gemeldet.

Das Ewin-Gefängnis

Das Ewin-Gefängnis im Norden der iranischen Hauptstadt Teheran hat einen höchst zweifelhaften Ruf. Im Gefängnis sitzen nicht nur zahlreiche politische Gefangene, sondern auch Demonstranten, die dort wegen ihrer Teilnahme an den systemkritischen Protesten der vergangenen vier Wochen inhaftiert sind.

In der Vergangenheit gab es immer wieder Berichte über Folter und sexuellen Missbrauch von Insassinnen und Insassen. In Ewin sind auch Doppelbürger, die neben der iranischen eine weitere Staatsbürgerschaft besitzen, inhaftiert.

Besteht ein Zusammenhang mit den Protesten?

Die Hintergründe des Gefängnis-Konflikts blieben zunächst offen. Teherans Staatsanwalt bestritt einen Zusammenhang mit den anhaltenden systemkritischen Protesten, die sich seit vier Wochen im Land ausgebreitet haben. Er betonte, es habe sich bei dem Zwischenfall am Samstag um einen internen Konflikt im Gefängnis zwischen verurteilten Dieben gehandelt.

Viele Angehörige der Inhaftierten eilten Medienberichten zufolge aus Sorge zum Ort des Geschehens. Ein Reporter der reformorientierten iranischen Tageszeitung «Shargh» hörte eigenen Angaben zufolge mehrere laute Explosionen am Ort des Geschehens. Mehrere Feuerwehrfahrzeuge fuhren demnach zu dem Gefängnis im Norden der Hauptstadt, um die Flammen zu bekämpfen. Die Strassen rund um die Haftanstalt seien abgesperrt worden. Auch Hupkonzerte wurden demnach vernommen, die während der landesweiten Proteste immer wieder Zeichen der Solidarität mit den Demonstrationen sind.

Bereits vor wenigen Tagen war in einem Gefängnis im Nordiran eine Meuterei ausgebrochen, bei der auch einige Inhaftierte ums Leben gekommen waren.

Spontane Proteste in Deutschland

Als Reaktion auf die Ereignisse in der iranischen Hauptstast kamen in Frankfurt am Main und Berlin am Samstagabend Menschen zu spontanen Demonstrationen zusammen. In der deutschen Hauptstadt versammelten sich nach Angaben der Polizei kleinere Menschengruppen vor dem Auswärtigen Amt und vor der iranischen Botschaft. Auch in Frankfurt versammelten sich am späten Abend spontan mehrere Menschen vor dem iranischen Generalkonsulat. Die Proteste verliefen friedlich und ruhig.

USA zeigen sich besorgt

Die USA äusserten sich besorgt über die dramatische Lage. «Wir verfolgen die Berichte aus dem Ewin-Gefängnis mit grosser Dringlichkeit», schrieb der Sprecher des US-Aussenministeriums, Ned Price, am Samstag (Ortszeit) auf Twitter. «Iran trägt die volle Verantwortung für die Sicherheit unserer zu Unrecht inhaftierten Bürger, die unverzüglich freigelassen werden sollten.»

United States State Department spokesman Ned Price listens to United States Secretary of State Antony Blinken speaking during a press conference during his official visit to Thailand, in Bangkok, Sund ...
Der Sprecher des US-Aussenministeriums, Ned Price.Bild: keystone

Die Situation im Iran

Seit dem Tod der 22-jährigen Kurdin Mahsa Amini vor rund einem Monat, kommt es im Iran zu massiven systemkritischen Protesten. Amini war von der Sittenpolizei festgenommen worden, weil sie ihren Hidschāb nicht so trug, wie es das iranische Regime vorschreibt. Wenige Tage nach ihrer Inhaftierung starb Amini, die genauen Gründe sind unklar. Während es Berichte über massive Polizeigewalt gibt, sprechen die iranischen Behörden von Herzversagen als Todesursache.

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Dieses Bild wurde von Farsnews am 9. März 2016 veröffentlicht. Farsnews ist offiziell unabhängig, gilt aber als unter dem Einfluss der Revolutionsgarde stehend. Weder Ort noch Zeit der Aufnahme lassen sich verifizieren.
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6 Kommentare
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Rivka
15.10.2022 23:29registriert April 2021
Mit den iranischen Behörden ist es gleich wie bei den Russen. Glaubt nichts was sie sagen! In diesem Folter-Gefängnis werden Künstler, Dichter, Autoren und Bürger, die in Protesten teilgenommen haben festgehalten. Es würde mich also nicht wundern, wenn die mörderische Bande des iranischen Regimes versucht diese Menschen zu massakrieren und es als 'Meuterei' zu betiteln.
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Herb Alpert
15.10.2022 22:49registriert September 2018
Es gibt Aufnahmen die zeigen, dass von ausserhalb des Gefängnis hinein geschossen wurde und es dann eine (Zeugenberichten zufolge gar drei) Explosionen gab.
Ich hoffe den politischen Gefangenen sowie den inhaftierten Demonstranten/innen ist nichts passiert🙏
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Dubidudubidu
15.10.2022 23:50registriert Mai 2015
Leider wird es wohl krasser und übler sein oder gewesen sein, als es die staatliche Agentur erzählt. https://twitter.com/NatalieAmiri/status/1581374406332325888?t=KefuSQSJ91wmhszQ2FZf9A&s=19
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