Irans Präsident fordert Überprüfung einiger Gesetze
Irans Präsident Ebrahim Raisi sieht es als notwendig an, einige der im Land geltenden Gesetze zu überprüfen. «Bei der Überprüfung der kulturellen Strukturen ist es unbedingt erforderlich, die Gesetze zu überprüfen, zu überarbeiten, zu aktualisieren und gegebenenfalls auch zu revidieren», sagte Raisi am Samstag. Dabei sei auch der Dialog notwendig, um bestimmte Themen kontinuierlich zu bewerten und «Zweifel» innerhalb der Gesellschaft auszuräumen. «Wir sollten auch sehen, ob wir die gesetzten Ziele erreicht haben und wenn nicht, wo die Probleme liegen», sagte er laut Nachrichtenagentur IRNA.
So sollten laut Raisi auch der Status und die Möglichkeiten von Frauen mehr in den Fokus rücken. Welche Gesetze er konkret meinte und ob seine Forderung etwa den Kopftuchzwang betrifft, sagte Raisi nicht.
Seit dem Tod der 22-jährigen Mahsa Amini letzten Monat demonstrieren landesweit Tausende Menschen gegen den repressiven Kurs der Regierung sowie den Kopftuchzwang. Die junge Frau wurde wegen ihres angeblich «unislamischen Outfits» von der Sittenpolizei festgenommen. Was genau mit Amini danach geschah, ist unklar. Die Frau war ins Koma gefallen und am 16. September in einem Krankenhaus gestorben. Kritiker werfen der Moralpolizei vor, Gewalt angewendet zu haben. Die Polizei weist die Vorwürfe entschieden zurück.
Beobachter sind der Auffassung, dass Raisi nun auf Dialog setzt, da die gewaltsamen und teilweise brutalen Einsätze der Polizei- und Sicherheitskräfte die Proteste nicht stoppen konnten.
Über den aktuellen «Cyber-Krieg» gegen das System sollte man sich jedoch keine Sorgen machen, so Raisi. «Wenn die Grundlagen des Systems solide geschützt sind, dann gibt es auch diesbezüglich keinen Grund zur Sorge.»
Weil die Proteste nicht nur auf der Strasse, sondern auch digital geführt werden, wurde auch das Internet massiv eingeschränkt und einige Webseiten gesperrt. Laut iranischer Handelskammer bedeutet jede Stunde Internetsperre einen Verlust von über 1.5 Millionen Euro für die zahlreichen Online-Unternehmer im Land. (sda/dpa)
Zu den Kundgebungen kam es zum dritten Samstag in Folge am Nachmittag in Zürich und Bern. Sie standen unter dem Aufruf «Dem iranischen Protest eine Stimme geben». In Zürich versammelten sich einige hundert Menschen, in Bern waren es gegen 500, wie ein Fotograf und eine Korrespondentin der Nachrichtenagentur Keystone-SDA berichteten.
In Bern schwenkten viele Teilnehmende kurdische Fahnen. Organisiert wurde die Berner Kundgebung von der Demokratischen Partei Kurdistan-Iran in der Schweiz. Die Veranstalter forderten auf einem Transparent «Freiheit für alle politischen Gefangenen im Iran». Mehrere Rednerinnen drückten ihre Solidarität mit den Frauen im Iran aus. Mehrfach wurde der Slogan «Frauen, Leben, Freiheit» skandiert. (sda)
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