International
Schweiz

Putins Kriegsverbrechen: Ein Plädoyer gegen das Verdrängen

Beerdigung der 14-jährigen Sofia Glynyana, die bei einem russischen Angriff auf Charkiw ums Leben kam, am 30. August 2024
Am Dienstag nahmen Menschen in der Ostukraine Abschied von Sofia.Bild: Facebook
Kommentar

Sofia war 14, als sie von Russland ermordet wurde – ein Plädoyer gegen das Verdrängen

Putins verbrecherischer Angriffskrieg fordert täglich unschuldige Opfer in der ukrainischen Bevölkerung. Doch wir nehmen die schrecklichen Bilder einfach hin. Warum eigentlich?
05.09.2024, 19:54
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Sofia sass friedlich auf einer Parkbank in einem Wohngebiet, als ihr eine russische Rakete das Leben nahm. Wobei dies viel zu harmlos ausgedrückt ist. Ein Schrapnell zerfetzte den Kopf der jungen Frau.

Ich beschreibe das explizit so, weil sich die breite Öffentlichkeit in der sicheren Schweiz keine Vorstellung davon machen kann (oder machen will), was Putins Terror gegen die Zivilbevölkerung wirklich bedeutet.

Sofia Glynyana, junge Ukrainerin, am 30. August 2024 bei einem russischen Raketenangriff ermordet.
Sofia (2009–2024).Bild: x.com

Die junge Ukrainerin galt in ihrer eigenen Heimat als Vertriebene. Vor ihrer Flucht nach Charkiw war sie in der 9. Klasse am Gymnasium in Kupjansk gewesen. Sofia habe davon geträumt, Psychologin zu werden.

Am 30. Oktober wäre sie 15 geworden.

Diesen Dienstag wurde sie beerdigt.

Als wäre dies nicht genug, mussten wir erfahren, dass Sofias Vater, der an der Donezk-Front gegen die russischen Invasoren kämpfte, als vermisst gelte.

Eine schreckliche Tragödie für die Familie.

Eine von vielen, muss man sagen.

Und das war's für uns?

epa11574013 Locals stand behind a cordon near the site of a damaged 12-story residential building following a missile strike in Kharkiv, northeastern Ukraine, 30 August 2024, amid the Russian invasion ...
Tatort in Charkiw, wo Raketen ins Wohngebiet einschlugen.Bild: keystone

Applaus für Nika

Bei den russischen Raketenangriffen am 30. August wurde auch die 18-jährige Nika ermordet. Zum Zeitpunkt der Explosion telefonierte sie mit einer Freundin.

Sie war eine aufstrebende Künstlerin und engagierte sich ehrenamtlich im Literatur-Museum ihrer Stadt.

Am Mittwoch wurde sie beigesetzt.

Auf Wunsch ihres Vaters Igor wurde die junge Frau mit Applaus verabschiedet. Er sagte zu den Menschen, die sich zur Trauerfeier versammelt hatten:

«Da mein Kind ein kreativer Mensch war, bitte ich euch, ihr einen Applaus zu spenden. Ich bitte euch, euch an meine Tochter zu erinnern. Ihr Handy wird nicht schweigen, ich werde das Guthaben auffüllen, meiner Tochter schreiben, mir schreiben.»

Eine schreckliche Tragödie für die Familie.

Eine von vielen, muss man sagen.

Und das war's für uns?

Ignorieren wir weiter die Gräueltaten, die Wladimir Putin Tag für Tag im Osten Europas anrichtet?

Machen wir weiter Geschäfte mit Russland?

Nehmen wir weiter die Untätigkeit unserer gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter hin und verstecken uns feige hinter der Neutralität?

Sollen es (erneut) andere richten?

Ist das unser Plan?

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46 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Steibocktschingg
05.09.2024 23:43registriert Januar 2018
Man sollte den Putinfans und den Neutralitätsfetischisten die Videos und Fotos der ermordeten Opfer ihres grossen Vorbildes zeigen. Mal sehen, wie sie sich winden.

Wer wie die Schweiz in solchen Zeiten abseits steht und mit einem lächerlichen, veralteten Pseudo-Neutralitätsbegriff argumentiert, hat schlicht die Seite der Mörder und Kriegsverbrecher gewählt, ohne es explizit zu sagen.

Mein Beileid den Angehörigen der Opfer dieser und aller anderen Angriffe der Kriegsverbrecher Russlands.
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Markk
06.09.2024 00:16registriert März 2017
Machen wir weiter Geschäfte mit Russland?

Nehmen wir weiter die Untätigkeit unserer gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter hin und verstecken uns feige hinter der Neutralität?

Sollen es (erneut) andere richten?

Danke, Daniel Schurter, für Klartext!

Wird uns unser (Nicht-)Handeln eines Tages, vielleicht recht bald schon, einholen?
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Petunie
05.09.2024 23:19registriert Mai 2023
Danke für diesen eindrucksvollen, aufrüttelnden Artikel, der die zunehmende Gleichgültigkeit vieler gegenüber dem Verbrechen in der Ukraine auf den Punkt bringt.
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