Sofia war 14, als sie von Russland ermordet wurde – ein Plädoyer gegen das Verdrängen
Sofia sass friedlich auf einer Parkbank in einem Wohngebiet, als ihr eine russische Rakete das Leben nahm. Wobei dies viel zu harmlos ausgedrückt ist. Ein Schrapnell zerfetzte den Kopf der jungen Frau.
Ich beschreibe das explizit so, weil sich die breite Öffentlichkeit in der sicheren Schweiz keine Vorstellung davon machen kann (oder machen will), was Putins Terror gegen die Zivilbevölkerung wirklich bedeutet.
Die junge Ukrainerin galt in ihrer eigenen Heimat als Vertriebene. Vor ihrer Flucht nach Charkiw war sie in der 9. Klasse am Gymnasium in Kupjansk gewesen. Sofia habe davon geträumt, Psychologin zu werden.
Am 30. Oktober wäre sie 15 geworden.
Diesen Dienstag wurde sie beerdigt.
Als wäre dies nicht genug, mussten wir erfahren, dass Sofias Vater, der an der Donezk-Front gegen die russischen Invasoren kämpfte, als vermisst gelte.
Eine schreckliche Tragödie für die Familie.
Eine von vielen, muss man sagen.
Und das war's für uns?
Applaus für Nika
Bei den russischen Raketenangriffen am 30. August wurde auch die 18-jährige Nika ermordet. Zum Zeitpunkt der Explosion telefonierte sie mit einer Freundin.
Sie war eine aufstrebende Künstlerin und engagierte sich ehrenamtlich im Literatur-Museum ihrer Stadt.
Am Mittwoch wurde sie beigesetzt.
Auf Wunsch ihres Vaters Igor wurde die junge Frau mit Applaus verabschiedet. Er sagte zu den Menschen, die sich zur Trauerfeier versammelt hatten:
Eine schreckliche Tragödie für die Familie.
Eine von vielen, muss man sagen.
Und das war's für uns?
Ignorieren wir weiter die Gräueltaten, die Wladimir Putin Tag für Tag im Osten Europas anrichtet?
Machen wir weiter Geschäfte mit Russland?
Nehmen wir weiter die Untätigkeit unserer gewählten Volksvertreterinnen und Volksvertreter hin und verstecken uns feige hinter der Neutralität?
Sollen es (erneut) andere richten?
Ist das unser Plan?