Nach seinem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin versucht US-Präsident Donald Trump, Hoffnung auf eine baldige Waffenruhe zu machen. Er sagt, er glaube weiter, dass Putin den Krieg eigentlich auch beenden wolle. Im Weissen Haus liess Trump verlauten:
Jede Woche fielen dem Krieg Tausende zum Opfer, sagte Trump. Zu den Bemühungen zur Beendigung des Kriegs behauptete der US-Präsident weiter:
Der Republikaner stellte nach dem Gespräch zudem sofortige Verhandlungen im Vatikan über eine Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine in Aussicht. Allerdings nannte Trump keine Details – und wurde einmal mehr dafür kritisiert, bei seinen Friedensbemühungen nicht genügend Druck auf Moskau auszuüben (siehe nächste Punkte).
Er würde sich nicht um eine Friedenslösung bemühen, wenn er davon nicht überzeugt wäre, sagte Trump. Auf die Nachfrage einer Journalistin, ob Putin mit Verhandlungen nicht nur Zeit schinden wolle, um den Krieg weiterzuführen, sagte der US-Präsident:
Das Telefonat zwischen Trump und Putin am Montag dauerte nach Angaben beider Seiten zwei Stunden. Es war bereits das dritte Gespräch der beiden Staatschefs seit Trumps Amtsantritt im Januar.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich zwar einerseits offen für weitere Verhandlungen, betonte aber andererseits, er lehne mögliche russische Bedingungen für eine Waffenruhe wie etwa den Abzug ukrainischer Truppen aus annektierten Gebieten im eigenen Land ab. «Wenn Russland zur Bedingung macht, dass unsere Truppen von unserem Land abziehen, heisst das, dass sie keine Waffenruhe und kein Ende des Krieges möchten», sagte Selenskyj in Kiew. Die verfassungsmässige Funktion der ukrainischen Armee sei der Schutz des eigenen Territoriums.
Der Kreml hat immer wieder betont, dass er bei Friedensgesprächen auf einem kompletten Abzug ukrainischer Truppen aus den vier lediglich zum Teil von Russland kontrollierten Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson besteht. Dabei handelt es sich um illegal besetztes ukrainisches Staatsgebiet.
Putin behauptete nach dem Gespräch, Russland sei bereit, an einem «Memorandum» mit der Ukraine zu arbeiten, das einen Waffenstillstand beinhalten würde. Moskau wolle die Kampfhandlungen beenden, es müsse aber der effektivste Weg zum Frieden gefunden werden. Dafür müssten Kiew und Moskau Kompromisse eingehen, die allen Seiten gerecht werden, so Putin.
Wie diese Kompromisse inhaltlich seiner Meinung nach aussehen sollen, sagte der russische Machthaber nicht – sollte er aber weiter nicht von seinen früher geäusserten Maximalforderungen abrücken, wird die Ukraine kaum bereit sein, Zugeständnisse zu machen. Selenskyj sagte, dass er nun Details zu dem von Putin angesprochenen Memorandum erwarte.
Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge, dass es keinen Zeitrahmen für die Ausarbeitung des Memorandums gebe. «Es gibt keine Fristen und es kann auch keine geben», sagte er demnach. Klar sei, dass jeder so schnell wie möglich vorankommen wolle, aber «der Teufel steckt im Detail». Peskow sagte darüber hinaus, dass der Ort für neue Kontakte mit Kiew nicht festgelegt sei, auch wenn der Kreml den Vatikan-Vorschlag kenne.
Mehr erhofft von dem Telefongespräch zwischen Trump und Putin haben sich Medienberichten zufolge vor allem die europäischen Unterstützerländer der Ukraine. In einem darauffolgenden Telefonat Trumps mit europäischen Staats- und Regierungschefs hätten diese den Eindruck bekommen, dass er nicht bereit sei, den Kremlchef durch grösseren Druck an den Verhandlungstisch zu zwingen. Dies berichtet die «Financial Times» (FT) unter Berufung auf eine mit dem Gespräch vertraute Quelle.
Trump stellte laut Berichten fürs Erste keine weiteren Sanktionen gegen Russland in Aussicht. Gegenüber Reportern begründete er dies dem US-Sender CNN zufolge damit, dass es in der jetzigen Phase eine Chance gebe, bei den Bemühungen voranzukommen.
In Brüssel wird am Dienstag die Verabschiedung des 17. Sanktionspakets der EU erwartet. «Das (Sanktions-)Paket Europas wird kommen und es wird stark», sagte Selenskyj. Es gebe bereits Vereinbarungen und Daten. Zudem erwarte er ein weiteres Sanktionspaket, sollte die russische Seite nicht zum Einstellen der Kampfhandlungen bereit sein. Er hofft ausserdem auf neue Strafmassnahmen seitens der USA – die es laut «Financial Times» aber erstmal nicht geben soll.
Der deutsche Kanzler Friedrich Merz schrieb auf X, dass Europa und die USA «die Ukraine auf dem Weg hin zu einem Waffenstillstand eng begleiten» wollten. «Europa wird den Druck auf Moskau durch Sanktionen erhöhen» – darauf habe man sich mit dem US-Präsidenten nach dessen Telefonat mit Putin verständigt.
Obwohl westliche Staaten seit Kriegsbeginn in mehreren Schritten wirtschaftliche und finanzielle Zwangsmassnahmen gegen Russland verhängten, setzt der Kreml den Krieg bislang unvermindert fort. Die russische Wirtschaft zeigt dank der boomenden Rüstungsindustrie teils höhere Wachstumsraten als die der EU-Staaten. Allerdings war Wirtschaftswachstum basierend auf der Rüstungsindustrie historisch betrachtet kaum je nachhaltig.
Der frühere deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, wertete das Telefonat der beiden Präsidenten als Punktsieg für Putin. «Nach allem, was wir bisher wissen, können wir nicht sehen, dass Russland sich irgendwie bewegt hat, und dass es, und das scheint mir noch wichtiger, Anlass sieht, sich künftig bewegen zu müssen», sagte von Fritsch gegenüber der ARD.
Putin wisse, dass Trump bereit sei, für ein Ende des Konflikts vieles zu opfern – auch die Interessen der Ukraine. Bemerkenswert sei auch, dass Trump «mal wieder» von künftigen amerikanisch-russischen Handelsbeziehungen gesprochen habe. «Er sieht die Dollarzeichen in Trumps Augen», sagte von Fritsch über den Kremlchef, der die Profitgier des US-Präsidenten auszunutzen wisse.
Putin müsse nicht nur diesen für ihn sehr teuren Krieg finanzieren und gebe gegenwärtig 40 Prozent seines Staatshaushaltes für den Krieg und kriegsverbundene Ausgaben aus. Vielmehr müsse sich der russische Machthaber gleichzeitig ständig die Zustimmung der Menschen im Lande erkaufen. «Er fürchtet den Unmut der Menschen, sonst wäre er nicht so repressiv.»
Laut Trump sollen unverzüglich Friedensverhandlungen zwischen den Kriegsparteien aufgenommen werden. Er erwartet «Ergebnisse» in den nächsten zwei Wochen, ohne allerdings konkret zu werden, was er sich genau vorstellt.
Neben den Verhandlungen steht weiter ein Treffen von Trump und Putin im Raum. Allerdings scheint der russische Präsident Trump auch diesbezüglich hinzuhalten. «Beide Präsidenten sind an einem solchen Treffen interessiert. Aber beide Präsidenten sind auch daran interessiert, dass dieses Treffen nicht inhaltsleer, sondern ergebnisorientiert ist», sagte Putins aussenpolitischer Berater Juri Uschakow laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Vorige Woche hatte Trump gesagt, er erwarte vor einem persönlichen Treffen mit Putin keine echte Bewegung in den Ukraine-Gesprächen.
Direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine hatte es zuletzt am Freitag in der Türkei gegeben – zum ersten Mal seit drei Jahren. Beide Seiten vereinbarten einen grossen Gefangenenaustausch. Doch der grosse Wurf gelang nicht – auch weil Putin bei dem von ihm selbst vorgeschlagenen Treffen fehlte und die von ihm geschickte Delegation maximal zweitklassig war. Beim Thema Waffenruhe gab es deshalb nicht annähernd eine Einigung.
Selenskyj zeigte sich derweil offen für weitere Gespräche ranghoher Unterhändler aus den USA, der Ukraine, Russland und europäischen Staaten. Derartige Treffen könnten in der Türkei oder in der Schweiz stattfinden – oder im Vatikan.
Mit Material der Nachrichtenagenturen sda und dpa.
(con)