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«Punktsieg» für Putin – die Lage nach Trumps Telefonat in 5 Punkten

epa12118113 US President Donald Trump speaks, during a Kennedy Center Board dinner in the State Dining Room of the White House in Washington, DC, USA, 19 May 2025. The Kennedy Center United Arts Worke ...
Donald Trump glaubt zumindest vordergründig weiterhin an den guten Willen Wladimir Putins.Bild: keystone

«Punktsieg» für Putin – die Lage nach Trumps Telefonat in 5 Punkten

Donald Trump glaubt nach dem Telefon mit dem russischen Autokraten weiter an dessen guten Willen. Eine Übersicht zu den Reaktionen und der aktuellen Lage rund um den Krieg.
20.05.2025, 05:0020.05.2025, 06:21
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Trump glaubt an Putins guten Willen

Nach seinem Telefonat mit Kremlchef Wladimir Putin versucht US-Präsident Donald Trump, Hoffnung auf eine baldige Waffenruhe zu machen. Er glaubt weiter, dass Putin den Krieg eigentlich auch beenden will. Im Weissen Haus erklärte er:

«Es ist ein Blutbad. Und ich glaube, dass er es beenden will.»

Jede Woche fielen dem Krieg Tausende zum Opfer, sagte Trump. Zu den Bemühungen zur Beendigung des Kriegs sagte Trump im Weissen Haus weiter:

«Ich denke, wir haben eine gute Chance, das zu schaffen. Ich glaube, Putin will das.»

Der Republikaner stellte nach dem Gespräch zudem sofortige Verhandlungen im Vatikan über eine Waffenruhe zwischen Russland und der Ukraine in Aussicht. Allerdings nannte Trump keine Details – und wurde einmal mehr dafür kritisiert, bei seinen Friedensbemühungen nicht genügend Druck auf Moskau auszuüben (siehe nächste Punkte).

Er würde sich nicht um eine Friedenslösung bemühen, wenn er davon nicht überzeugt wäre, sagte Trump. Auf die Nachfrage einer Journalistin, ob Putin mit Verhandlungen nicht nur Zeit schinden wolle, um den Krieg weiterzuführen, sagte Trump:

«Ich glaube, er hat genug davon.»

Das Telefonat zwischen Trump und Putin am Montag dauerte nach Angaben beider Seiten zwei Stunden. Es war bereits das dritte Gespräch der beiden Staatschefs seit Trumps Amtsantritt im Januar.

So reagieren Selenskyj und Putin

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich zwar einerseits offen für weitere Verhandlungen, betonte aber andererseits, er lehne mögliche russische Bedingungen für eine Waffenruhe wie etwa den Abzug ukrainischer Truppen aus annektierten Gebieten im eigenen Land ab. «Wenn Russland zur Bedingung macht, dass unsere Truppen von unserem Land abziehen, heisst das, dass sie keine Waffenruhe und kein Ende des Krieges möchten», sagte Selenskyj in Kiew. Die verfassungsmässige Funktion der ukrainischen Armee sei der Schutz des eigenen Territoriums.

«Niemand wird unsere Truppen von unserem Gebiet abziehen.»
Ukrainian President Volodymyr Zelenskyy speaks during a briefing in Kyiv, Ukraine, Monday, May 19, 2025. (AP Photo/Efrem Lukatsky)
Russia Ukraine War
Ist nicht bereit, gewaltsam erobertes Territorium an Russland abzugeben: Wolodymyr Selenskyj.Bild: keystone

Der Kreml hat immer wieder betont, dass er bei Friedensgesprächen auf einem kompletten Abzug ukrainischer Truppen aus den vier nur zum Teil von Russland kontrollierten Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson besteht.

Putin sagte nach dem Gespräch, Russland sei bereit, an einem «Memorandum» mit der Ukraine zu arbeiten, das einen Waffenstillstand beinhalten würde. Moskau wolle die Kampfhandlungen beenden, es müsse aber der effektivste Weg zum Frieden gefunden werden. Dafür müssten Kiew und Moskau Kompromisse eingehen, die allen Seiten gerecht werden, meinte Putin.

Wie diese Kompromisse inhaltlich seiner Meinung nach aussehen sollen, sagte er nicht – sollte er aber weiter nicht von seinen Maximalforderungen in der Vergangenheit abrücken, wird die Ukraine kaum bereit sein, Zugeständnisse zu machen. Selenskyj sagte, dass er nun Details zu dem von Putin angesprochenem Memorandum erwarte.

Kremlsprecher Dmitri Peskow betonte der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge, dass es keinen Zeitrahmen für die Ausarbeitung des Memorandums gebe. «Es gibt keine Fristen und es kann auch keine geben», sagte er demnach. Klar sei, dass jeder so schnell wie möglich vorankommen wolle, aber «der Teufel steckt im Detail». Peskow sagte darüber hinaus, dass der Ort für neue Kontakte mit Kiew nicht festgelegt sei, auch wenn der Kreml den Vatikan-Vorschlag kenne.

Europäer angeblich enttäuscht von Trump

Mehr erhofft von dem Gespräch hat man sich Berichten zufolge vor allem in Europa. In einem dem Gespräch mit Putin folgenden Telefonat mit europäischen Staats- und Regierungschefs hätten diese den Eindruck bekommen, dass der Trump nicht bereit sei, den Kremlchef durch grösseren Druck an den Verhandlungstisch zu zwingen – so berichtet es die «Financial Times» unter Berufung auf eine mit dem Gespräch vertraute Quelle.

Demnach stellte Trump fürs Erste auch keine weiteren Sanktionen gegen Russland in Aussicht. Gegenüber Reportern begründete er dies dem US-Sender CNN zufolge damit, dass es in der jetzigen Phase eine Chance gebe, bei den Bemühungen voranzukommen.

In Brüssel wird am Dienstag die Verabschiedung des 17. Sanktionspakets der EU erwartet. «Das (Sanktions-)Paket Europas wird kommen und es wird stark», sagte Selenskyj. Es gebe bereits Vereinbarungen und Daten. Zudem erwarte er ein weiteres Sanktionspaket, sollte die russische Seite nicht zum Einstellen der Kampfhandlungen bereit sein. Er hofft ausserdem auf neue Strafmassnahmen seitens der USA – die es laut «Financial Times» aber erstmal nicht geben soll.

Der deutsche Kanzler Friedrich Merz schrieb auf X, dass Europa und die USA «die Ukraine auf dem Weg hin zu einem Waffenstillstand eng begleiten» wollten. «Europa wird den Druck auf Moskau durch Sanktionen erhöhen» – darauf habe man sich mit dem US-Präsidenten nach dessen Telefonat mit Putin verständigt.

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Spricht sich für schärfere Sanktionen gegen Russland aus: Friedrich Merz.Bild: keystone

Obwohl westliche Staaten seit Kriegsbeginn in mehreren Schritten wirtschaftliche und finanzielle Zwangsmassnahmen gegen Russland verhängten, setzt der Kreml den Krieg bislang unvermindert fort. Die russische Wirtschaft zeigt dank der boomenden Rüstungsindustrie teils höhere Wachstumsraten als die der EU-Staaten. Allerdings war Wirtschaftswachstum basierend auf der Rüstungsindustrie historisch betrachtet kaum je nachhaltig.

Telefon «Punktsieg» für Putin

Der ehemalige deutsche Botschafter in Russland, Rüdiger von Fritsch, wertete das Telefonat der beiden Präsidenten als Punktsieg für Putin. «Nach allem, was wir bisher wissen, können wir nicht sehen, dass Russland sich irgendwie bewegt hat, und dass es, und das scheint mir noch wichtiger, Anlass sieht, sich künftig bewegen zu müssen», sagte von Fritsch gegenüber der ARD.

Putin wisse, dass Trump bereit sei, für ein Ende des Konflikts vieles zu opfern – auch die Interessen der Ukraine. Bemerkenswert sei auch, dass Trump «mal wieder» von künftigen amerikanisch-russischen Handelsbeziehungen gesprochen habe. «Er sieht die Dollarzeichen in Trumps Augen», sagte von Fritsch über den Kremlchef, der die Profitgier des US-Präsidenten auszunutzen wisse.

Wie geht es weiter?

Laut Trump sollen unverzüglich Friedensverhandlungen zwischen den Kriegsparteien aufgenommen werden. Er erwartet «Ergebnisse» in den nächsten zwei Wochen, ohne allerdings konkret zu werden, was er sich genau vorstellt.

Neben den Verhandlungen steht weiter ein Treffen von Trump und Putin im Raum. Allerdings scheint der russische Präsident Trump auch diesbezüglich hinzuhalten. «Beide Präsidenten sind an einem solchen Treffen interessiert. Aber beide Präsidenten sind auch daran interessiert, dass dieses Treffen nicht inhaltsleer, sondern ergebnisorientiert ist», sagte Putins aussenpolitischer Berater Juri Uschakow laut der russischen Nachrichtenagentur Interfax. Vorige Woche hatte Trump gesagt, er erwarte vor einem persönlichen Treffen mit Putin keine echte Bewegung in den Ukraine-Gesprächen.

Direkte Gespräche zwischen Russland und der Ukraine hatte es zuletzt am Freitag in der Türkei gegeben – zum ersten Mal seit drei Jahren. Beide Seiten vereinbarten einen grossen Gefangenenaustausch. Doch der grosse Wurf gelang nicht – auch weil Putin bei dem von ihm selbst vorgeschlagenen Treffen fehlte und die von ihm geschickte Delegation maximal zweitklassig war. Beim Thema Waffenruhe gab es deshalb nicht annähernd eine Einigung.

Selenskyj zeigte sich derweil offen für weitere Gespräche ranghoher Unterhändler aus den USA, der Ukraine, Russland und europäischen Staaten. Derartige Treffen könnten in der Türkei oder in der Schweiz stattfinden – oder im Vatikan.

con mit Material der Nachrichtenagenturen sda und dpa.

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Die beliebtesten Kommentare
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Mupfele
20.05.2025 05:06registriert August 2020
Welche Druckmittel auf Trump mag Putin da wohl haben? Es liegt einzig und allein an Putin, dieses Blutvergiessen zu beenden: Er hat es ja auch begonnen. Einfach seine russischen, norvietnamesische und ... Truppen aus der Ukraine zurückziehen und Friede herrscht. Ein Trump WILL oder DARF das wohl nicht kapieren, denn so dumm kann kein denkender und von russischer Propaganda freier Geist sein.
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Nony
20.05.2025 05:35registriert Februar 2019
Trump glaubt auch, dass er ein Genie sei, er glaubt, dass er ein guter Geschäftsmann sei, dass Steuern seine Probleme lösen, etc pp. Somit ist also klar, was man davon halten kann, wenn Trump etwas glaubt.
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Callao
20.05.2025 05:41registriert April 2020
Glauben heisst nicht wissen, pflegte mein alter Chef zu sagen.
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