In der Nacht auf Montag wurde ein erstes Leck in der Gaspipeline Nord Stream in der Ostsee entdeckt. Inzwischen sind drei weitere undichte Stellen registriert worden. Alle vier Lecks befinden sich in schwedischem und dänischem Gewässer in der Nähe der dänischen Insel Bornholm. Obwohl die zwei Nord Stream Leitungen von Russland nach Europa derzeit nicht betrieben werden, sind sie aus technischen Gründen mit Gas gefüllt. Seit Anfang Woche kommt es darum aufgrund der Löcher in den Röhren zu heftigen Blasenbildungen an der Meeresoberfläche.
Dass die Lecks nicht aufgrund eines Unfalls entstanden sind, ist inzwischen klar. Alle Indizien deuten auf einen Anschlag hin, die EU und die Nato gehen von vorsätzlichen Sabotageakten aus. Wer dahintersteckt, darüber wird heftig spekuliert. Doch wie könnten die Täter vorgegangen sein? Wie funktioniert Unterwasser-Sabotage?
Die Gasleitungen liegen in einer Tiefe von 70 bis 80 Metern. Sie bestehen aus Stahl und Beton. Der «Spiegel» schreibt unter Berufung deutscher Sicherheitsbehörden, für die Zerstörung der Röhren seien hochwirksame Sprengsätze nötig. Diese könnten von innen oder von aussen an den Pipelines angebracht worden sein.
«Das Land, das die Pipeline kontrolliert, hat die Möglichkeit, ein Gerät hineinzuschicken, das die Röhre von innen heraus zerstört», sagt Mauro Gilli, Senior Researcher am Center for Security Studies der ETH Zürich gegenüber der «NZZ». Ein solches Gerät müsse dann von aussen gesteuert und bis zur Explosionsstelle gefahren werden. Die Pipeline wird laut der Nachrichtenagentur DPA mit einem ferngesteuerten Reinigungsroboter gewartet. Dieser könnte mit Sprengstoff ausgestattet worden sein.
Wurden die Pipelines von aussen beschädigt, kommen zwei Möglichkeiten infrage, wie das getan wurde: mit einem U-Boot oder einem Mini-U-Boot. Die erste Variante wäre laut dem Sicherheitsexperte Gilli die aufwendigere. Zur «NZZ» sagt er, dass dazu das U-Boot mit einer Art mechanischem Arm ausgestattet werden müsste, um den Sprengstoff an den Rohren zu platzieren. Mit einem Mini-U-Boot wäre das Unterfangen einfacher durchzuführen. Dieses könne bis zu 300 Meter tief tauchen und problemlos Sprengsätze anbringen.
«The Economist» schreibt zudem von Taucher, Torpedos oder Unterwasser-Drohnen, die für eine solche Sprengung eingesetzt werden könnten. Solche Technologien werden von der sogenannten Hauptabteilung für Tiefseeforschung, kurz GUGI, in Moskau verwendet. Bryan Clark, ein Marineexperte am Hudson Institute, sagt allerdings, es sei unwahrscheinlich, dass in diesem Fall GUGI der Schuldige sei. Deren U-Boote seien in der Antarktis stationiert und konzentrierten sich auf den Nordatlantik. Sie müssten die Nordsee durchqueren und in die Ostsee einfahren, deren enge Einfahrt gut von der NATO überwacht werde. Auch grosse Übersee-Mutterschiffe würden entdeckt werden.
Bisher ist unklar, ob die Explosion von innen oder aussen der Rohre stattgefunden hat. Der «Spiegel» schreibt, man wolle möglicherweise schon dieses Wochenende Taucher oder ferngesteuerte Roboter zu den Lecks schicken, um die Schäden zu begutachten. Im besten Fall können dann erste Rückschlüsse auf die Art der Explosion und den dabei eingesetzten Sprengstoff gezogen werden.
(sar)
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