Stürbe Stephen King, so gehörte ich wahrscheinlich zu den Fans, die versuchen würden, ihn über die Mauer aus Totenholz, die den Friedhof der Kuscheltiere begrenzt, zu schleppen. Um ihn auf jenem andern Friedhof dahinter, dem verdammten mit der seltsam «sauren» Erde, wieder zu einer Art Leben zu erwecken. Obwohl Stephen King in seiner neuen Form nichts Gutes im Sinn hätte. Die Idee wäre fatal. Aber was tut man nicht alles aus Liebe?
Denn darum geht es in der Neuverfilmung von «Pet Sematary» noch stärker als in der (schlechten) Erstverfilmung von 1989: Was tut der Mensch in seiner abgrundtiefen Trauer? Wozu ist er fähig, wenn sein Liebstes stirbt? Im Fall der Kinder ist dies das Haustier. Im Fall der Eltern das Kind. Im Fall einer Liebe der andere Mensch.
Und so sind wir erneut bei der Arztfamilie Creed, die samt Katze in ein Haus in der Nähe eines Haustierfriedhofs zieht. Mutter Rachel ist von Schuldgefühlen geplagt, weil einst ihre verhasste, verkrüppelte Schwester in ihrer Obhut starb. Vater Louis ist überfordert, weil es ihm das Unfallopfer Victor unter den Händen wegstirbt und er von Victors Geist verfolgt wird.
Und Nachbar Jud (John Lithgow, der Churchill aus «The Crown», der einen coolen Churchill-Insider-Witz abkriegt) macht den Fehler seines Lebens, als er Louis das Geheimnis des Friedhofs hinter dem Tierfriedhof verrät. Wie 1989 wird Hauskatze Church zur ersten Wiedergeburt. Zum Biest. Zum Monster.
Die beiden Regisseure Kevin Kölsch und Dennis Widmyer haben ein paar Änderungen vorgenommen: Victor ist jetzt schwarz und nicht weiss und bleich, statt des kleinen Sohns wird die Tochter als erste geopfert – gross, wie Jeté Laurence ihre Wiedergängerei als besessene Ballerina betreibt. Das Ende ist anders und äusserst konsequent. Trotzdem bleibt der neue «Pet Sematary» hinter der teuflischen Virtuosität des «It»-Remakes zurück – was allerdings auch an der eher simplen literarischen Vorlage liegt.
Stephen King hat dem Thema der Unkontrollierbarkeit von Schmerz und Sehnsucht einen Grossteil seines Schreibens gewidmet. Herzzerreissendes ist dabei entstanden, das Traurigste ist gewiss «Lisey's Story» von 2006, die Geschichte einer Frau, die ihren Mann – einen Horrorschriftsteller – verliert und ihn im Totenreich suchen geht.
Auch hier steht die Verfilmung bevor. Wie auch bei weiteren 35 Stephen-King-Stoffen, die bereits im Tun oder angekündigt sind. Weil die 253 filmischen King-Verwandlungen, die es bis heute gibt, offenbar noch immer die Nachfrage nach dem Meister des Horrors mit dem menschlich sanften Kern nicht befriedigen können.
«Pet Sematary» läuft jetzt im Kino.