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Milchkuh-Initiative hat in den Bergen einen schweren Stand

Im verzweigten Graubünden spielt das Auto eine wichtige Rolle. Trotzdem hat es die Milchkuh-Initiative schwer.
Im verzweigten Graubünden spielt das Auto eine wichtige Rolle. Trotzdem hat es die Milchkuh-Initiative schwer.Bild: KEYSTONE

Warum sich die Bergler gegen die Milchkuh-Initiative wehren

Mit der Milchkuh-Initiative soll mehr Geld in den Strassenbau fliessen. Davon könnten nicht zuletzt die Berggebiete profitieren. Trotzdem gehören Politiker aus diesen Regionen zu den härtesten Gegnern.
02.05.2016, 13:3403.05.2016, 13:50
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Als Nationalrat Philippe Nantermod an der Delegiertenversammlung der FDP Schweiz das Wort ergriff, machte man sich auf eine Ja-Empfehlung zur Milchkuh-Initiative gefasst. Ein Welscher aus dem Wallis müsste der Automobilität gewogen sein, dachte man. Von wegen. Unter dem früheren Verkehrsminister Moritz Leuenberger habe es einen Krieg der Bahn gegen die Strasse gegeben, sagte Nantermod. «Diese Initiative ist ein Krieg der Strasse gegen die Bahn!»

Milchkuh-Initiative
Am 5. Juni wird über fünf Vorlagen abgestimmt. Nur in einem Fall aber findet bislang ein «richtiger» Abstimmungskampf mit Plakaten und Inseraten statt: Bei der Volksinitiative «für eine faire Verkehrsfinanzierung». Den Namen Milchkuh-Initiative akzeptierte die Bundeskanzlei wegen der Verwechslungsgefahr von vierrädrigen mit vierbeinigen Kühen nicht. Im öffentlichen Diskurs hat er sich trotzdem gehalten. Die SVP ist die einzige grössere Partei, die die Initiative befürwortet.

Das vehemente Votum des Unterwallisers sass. Die FDP-Delegierten lehnten die «Milchkuh» überraschend deutlich mit 210 zu 134 Stimmen ab, wohl nicht nur, aber auch wegen Nantermods Kampfansage. Sie könnte teilweise durch Eigennutz bedingt sein. Der 32-Jährige, der zu den Jungtalenten seiner Partei gehört, setzt sich mit grossem Elan für einen Anschluss seiner Wohngemeinde Monthey an das Schnellzugsnetz der SBB ein.

Der Walliser Nationalrat Philippe Nantermod spricht von einem «Krieg der Strasse gegen die Bahn».
Der Walliser Nationalrat Philippe Nantermod spricht von einem «Krieg der Strasse gegen die Bahn».
Bild: KEYSTONE

Aus der Reihe fällt er damit aber nicht. Unter den Gegnern der Initiative findet man überraschend viele politische Vertreter aus Bergkantonen. Diese sind stärker auf Auto und Lastwagen angewiesen als das Mittelland. Eine Initiative, die mehr Geld für den Strassenbau verwenden will, müsste ihnen eigentlich entgegen kommen. Doch im Initiativkomitee findet man keinen einzigen Bundesparlamentarier aus Graubünden oder dem Wallis, dafür mehrere im Nein-Komitee.

«Die Milchkuh war ein gutes Druckmittel, aber sie hat ihre Schuldigkeit getan und kann geschlachtet werden.»
Martin Candinas, Nationalrat (CVP)

Ihnen missfällt die Stossrichtung der Initiative. Sie will sämtliche Erträge aus der Mineralölsteuer auf Treibstoffen für den Strassenverkehr verwenden. Heute fliessen 50 Prozent oder rund 1.5 Milliarden Franken pro Jahr in die Bundeskasse. Dieses Geld würde fehlen und müsste eingespart werden, was auch die Kantone treffen würde, weshalb sie die Initiative geschlossen ablehnen. Besonders gross sind die Bedenken in den Bergregionen. So könnte die Armee dort weniger WKs durchführen, ein wichtiger Wirtschaftsfaktor in diesen strukturschwachen Gebieten.

«Die Milchkuh war ein gutes Druckmittel, aber sie hat ihre Schuldigkeit getan und kann geschlachtet werden», sagt der Bündner CVP-Nationalrat Martin Candinas. Er vertrat an der Delegiertenversammlung seiner Partei die Nein-Parole, die mit 329:28 mehr als deutlich beschlossen wurde – obwohl der neue CVP-Präsident Gerhard Pfister dem Initiativkomitee angehört. Candinas fürchtet auch Einsparungen beim öffentlichen Verkehr: «Dann leiden die peripheren Regionen zuerst, weil Postauto- und Zugsverbindungen gestrichen werden.»

«Ich weiss nicht, ob der Autofahrer eine Benzinpreiserhöhung befürworten wird.»
Andreas Burgener, Direktor Auto Schweiz

Andreas Burgener, Direktor des Importeurverbandes Auto Schweiz und führender Kopf der Initianten, kann diese Befürchtungen nicht nachvollziehen: «Die angeblichen Sparprogramme sind reine Schutzbehauptungen. Es stimmt auch nicht, dass dem öffentlichen Verkehr Gelder weggenommen werden. Das ist schlicht falsch.» Die Befürchtungen der «Bergler» kontert er mit der Gefahr zunehmender Staus: «Vielleicht kommen dann keine Touristen mehr in die Berge.»

Als Alternative zur «Milchkuh» setzen die Gegner auf den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF). Er dient dazu, das Autobahnnetz fertigzustellen, Engpässe zu beseitigen und Projekte in den Agglomerationen zu verwirklichen. Derzeit befindet sich der NAF in der parlamentarischen Beratung. Der Ständerat hat entschieden, den Anteil der Strasse an der Mineralölsteuer von 50 auf 60 Prozent sowie den Preis an der Zapfsäule um 4 Rappen pro Liter zu erhöhen.

700 Millionen dank NAF

Dadurch sollen 700 Millionen Franken zusätzlich zur Verfügung stehen. Andreas Burgener verschliesst sich dieser Idee nicht. Es brauche den NAF, nur sei er nicht sicher, ob er am Ende durchkommt: «Ich weiss nicht, ob der Autofahrer eine Benzinpreiserhöhung befürworten wird.» Deshalb sei die Initiative notwendig: «Sie liefert ein gutes Fundament.»

Martin Candinas hingegen ist von der NAF-Lösung überzeugt: «Wir haben ihn im Parlament bedeutend autofreundlicher als der Bundesrat ausgestaltet.» Dieser wollte den Benzinpreis sogar um 15 Rappen pro Liter erhöhen. Der Fonds komme auch den Berggebieten zugute, betont Candinas. Graubünden etwa werde mit der Aufnahme der Julierpass-Strecke ins Nationalstrassennetz entlastet. Das frei werdende Geld könne für den Unterhalt der Kantonsstrassen verwendet werden, der im «Land der 150 Täler» besonders aufwändig ist. «Wir haben ein doppelt so grosses Kantonsstrassennetz wie die nächstgrösseren Strassenkantone Bern und Wallis.»

Die Aussichten für die Milchkuh-Initiative sind nicht allzu rosig. Die Umfragen deuten darauf hin, dass sie es schwer haben wird. Andreas Burgener ist dennoch optimistisch, nicht zuletzt aufgrund der Abstimmungserfolge bei der Erhöhung des Vignettenpreises und der zweiten Gotthardröhre. «Die Automobilisten sind unzufrieden», meint der Auto-Schweiz-Direktor.

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15 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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najo
02.05.2016 16:39registriert November 2015
Heute schon sind 72% der Erträge aus der Mineralölsteuer und der Vignette für den Strassenverkehr zweckgebunden und das ist schon zu viel (eine privilegierte Stellung sondergleichen). Würde man alle externen Kosten miteinbeziehen wäre das Autofahren viel teurer. Eine Umsetzung des Verursacherprinzips trifft bei weitem nicht zu und führt zu einer Verschwendung von Ressourcen. Das die Beführworter da noch mit einer fairen Verkehrsfinanzierung werben, ist lächerlich.
Wir täten gut daran, an die eigenen Interessen zu denken und nicht an jene der Autoimporteure, von welchen die Inivtiative stammt.
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Guugi
02.05.2016 15:58registriert Februar 2016
In den Bergregionen sollte man besser mal den ÖV fördern, der ist dort im Vergleich grottig. Den ÖV kann auch jeder nutzen (-18), und ist für weitere Reisen eh beliebter, weil man da nicht erst über oder um Berge umfahren muss wie mit dem Auto.
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